In der Alltagsbäckerei

Alltagsgedicht

von  Redux

Da stehen wir morgens
in der Bäckerei
und es umweht uns
der Dampf frischer Brötchen
um 6 Uhr17.

Da stehen wir
fürchterlich berechenbar
und ungewaschen.

Frau M.
aus der Bahnhofstraße 7
mit ihrer
ledernen Solariumhaut,
eine spindeldürre
Ansammlung von verbrauchtem Mensch
um 6 uhr 20.

Martin S.
ohne Bartstoppeln,
aber in einer Rasierwasserwolke.
Sein Rasen ist,
aktuell um 6 Uhr 22
nicht um einen Zentimeter zu hoch.
Wenn er poppt
denke ich
wird er Zeitpunkt
und Länge des Akts
genau berechnet haben.

Wir sind durchschaubar
und berechenbar
und wir stehen morgens
wie frisch getauft
vor einem gasbetriebenen
Backofen der Marke Pfleiderer.

Und, ja, natürlich,
ist es für uns alle
nicht mehr 6 Uhr und.

Wir leiden
im Dunst frischer Semmeln
weil wir selber gefressen werden
vom schweinelangen Tag
der uns zu dem macht
was wir sind.

Durchschaubar,
unschuldige kleine Menschen,
als wären wir noch Kinder
mit Sand in den Schuhen
und dem Glauben
an den Mann im Mond.

 



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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (20.07.24, 11:36)
Solange uns der Dampf frischer Brötchen umweht, gibt es Schlimmeres.
LG
Ekki

 AchterZwerg (20.07.24, 12:38)
Lieber Herr Bert,
ich hatte zeitlebens eher mit den Unberechenbaren Probleme. Jetzt, komplett eingehesst, sage ich mir:


 diestelzie (22.07.24, 19:23)
Wir sind durchschaubar, wir sind berechenbar und wir brauchen genau das für unser Sicherheitsgefühl. Auch frische Brötchen geben Sicherheit. 

Liebe Grüße 
Kerstin ☀️
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