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Erzählung

von  minze

An seiner Seite hat das Laufen einen anderen Rhythmus, weniger bin ich mir genüge, mehr will ich vorauslaufen. Meist läuft er hinter mir. Ich kann mir nicht sicher sein, ob er mir nach läuft, weil er mich nicht überfordern will, weil ich ihn leite oder weil er meinen Rhythmus gut findet, weil er ihn das richtige Mittel findet. Wahrscheinlich ist es alles das. Wichtiger für mich ist der Effekt, den es auf mich hat. Ich bin aufgezogen auf einen Rhythmus, der zwischen Abfedern und Stampfen ist; kein plumpes, schweres Stampfen, ein arbeitendes Abfedern und Treten der Erde, wenn wir laufen, das immer Weiter. Wir sprechen auch manchmal, als Ansatz, etwas anzureißen, aber eigentlich geht es mehr um den gemeinsamen Rhythmus, das glaube ich, eigentlich hören die Gespräche doch nach einem Drittel der Strecke auf. Er kommentiert, manchmal auch mit einem Lachen oder Stöhnen dann, wie wir weitergehen, welche Leute uns entgegen kommen, die Hunde, ich die Hundescheiße. Ich habe sie in der Nase, manchmal auch das Meer, aber immer diese muffige Scheiße in den feuchten Büschen, durch alle Windungen. Dann wieder die Weite, die Sicht auf die Buchten. Bei einer Runde sagt er, dass ich langsamer werde, in der Tendenz, wenn wir an anderen vorbei kommen und er eher schneller, ich nehme das nicht wahr, aber vielleicht stimmt seine Variante der Wirklichkeit. Und ich merke, dass er die anderen ausweichen lassen würde, aber ich mit den Fußgängern einen Kompromiss suche, noch abwäge, ob sie oder ich zur Seite gehen.


Gleichzeitig spricht er sie alle an, ich vermeide ein angestrengtes Bonjour. Wenn er sie angesprochen hat, sage ich kurz später – merci! Ich sagte ihm und Anni, dass ich keine Ansprüche habe, dass ich nichts verfolge, keine Leistung will, wenn ich laufe. Das war so. Ich habe Gedanken verfolgt, laufen lassen, mir zugesprochen, in verschiedenen Varianten, bis ich es passend fand. Jetzt pump ich den Boden in mich. Es ist wieder, wie's auch vor den Kindern war, wie es immer mit ihm war, dass ich zulasse nur Pumpen und Fokus durch die Mitte zu sein. Dass ich's mir zutraue, sich die ungelösten Fälle unbewusst auspumpen.


Es ist verstohlen, versteckt, ich merke es aber; es stellt ihn zufrieden, dass ich stumm und fester werde, bei jedem Lauf. Etwas daran ist geil zwischen uns, auch das wortlose Auseinandergehen, jeder in seine Dusche, vorher noch was trinken, dass er weiß, dass es mich jetzt angefixt hat.



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Kommentare zu diesem Text


 Mondscheinsonate (06.09.24, 18:52)
Etwas daran ist geil zwischen uns, auch das wortlose Auseinandergehen, jeder in seine Dusche, vorher noch was trinken, dass er weiß, dass es mich jetzt angefixt hat.
Phantastisch, minze!

 minze meinte dazu am 06.09.24 um 21:32:
danke!
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