Wenn ich an unsere kurze gemeinsame Zeit von damals denke, fällt mir häufig zuerst das Klavier ein: Ein altes Klavier mit zwei Kerzenhaltern, das du von einer Tante geerbt hattest. Es passte gut in deine nur spärlich möblierte Wohnung, und es waren vor allem die Kerzenhalter, die mich sofort faszinierten, weil sie dem alten Klavier etwas ungewöhnlich Antikes gaben und ich bis dahin niemanden kannte, der ein derart außergewöhnliches Möbelstück besaß.
Natürlich wollte ich beim ersten Betreten deiner Wohnung sofort wissen, ob du selbst spielen könntest. Selbstverständlich konntest du, auch wenn du dich eine Weile ziertest. Doch dann, am nächsten Samstagabend, den ich bei dir verbrachte, an dem du für mich kochtest, auch das konntest du, spieltest du für mich ein paar Stückchen. Ich weiß nicht mehr, welche Stücke es waren und ob die Qualität deines Spiels besonders gut war, aber ich weiß sicher, dass die Kerzen brannten und ich mit einem Glas Rotwein völlig ergriffen, von wohliger Wärme erfüllt, daneben saß.
Später, nach einigen wenigen Wiederholungen eines solchen Abends, hast du mir zum Geburtstag sogar eine Torte gebacken. Aber das war mehr zum Trost, denn unsere Klavierabende neigten sich da schon dem Ende zu. Die Kerzen waren erloschen.