Weimar Weimar Weimar

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von  Isensee

Weimar war nie der Ort, an dem ich ankam, um zu bleiben. Die Stadt starrte mich an, als hätte sie mich nicht eingeladen. Ich kannte die Touristenrouten, das Goethehaus, die dünnen, flimmernden Erinnerungen, die überall auf den Straßen hingen – doch nichts davon interessierte mich wirklich. Was mich an diesem Ort zermürbte, war nicht seine Geschichte, sondern die Tatsache, dass sie sich überall wiederholte, wie ein unaufhörlicher Schrei, der kein Ende fand.

Ich erinnerte mich an die Worte eines Freundes, der mir einmal sagte: „Weimar ist ein Museum, das sich selbst immer wieder neu erfindet, als ob es den Schmerz der Vergangenheit in jedem Pflasterstein verbergen wollte.“ Aber in den Straßen, zwischen den Cafés und Statuen, sah ich keinen Schmerz. Nur die Erschöpfung, das sich selbst wiederholende, das nie verarbeitete.

Der Südafrikaner, der mir einmal von seiner Reise erzählt hatte, war ein Symbol für diese Ermüdung. Er stand vor mir, halb lachend, halb melancholisch, als wolle er die Last seiner Herkunft in die Luft werfen. Ich erinnerte mich an seine Worte, als er von seiner Heimat sprach: „Du musst verstehen, wir sind alle Gefangene der Geschichte. Und trotzdem laufen wir weiter, als ob wir uns befreien könnten.“ Ich nickte, weil ich wusste, was er meinte, doch in mir regte sich keine Antwort. In mir war nur die Stille, die mit jedem Schritt lauter wurde.


Buchenwald – ein Ort, den jeder als „Denkmal“ kennt, doch für mich war es eher ein Mahnmal für das Versagen der Erinnerung. Die Zeit dort schien wie ein trauriger Witz: Wo waren all die, die wirklich verstanden haben? Die Toten? Die Trauer? Sie waren verpackt, eingeordnet und vergessen, während Touristen sich mit verschmierten Gesichtern fotografierten, als ob sie etwas tiefgründiges erlebten.

Mein Bruder hatte mir immer wieder versucht, die Bedeutung der Geschichte nahe zu bringen, aber ich konnte nie den Punkt erreichen, an dem es mir gelang, mit ihm über das „Warum“ zu sprechen, ohne dass wir uns beide an den Kanten der Bedeutung verletzten. Unsere Gespräche endeten oft in einem zornigen Schweigen, das uns beide lähmte. Ich fragte mich: Was wollte ich eigentlich in dieser Stadt? Was wollte ich von mir selbst? In Weimar war ich immer ein Fremder, ein Tourist in meiner eigenen Lebensgeschichte.


Es gab Momente, in denen ich die Weite der Stadt wie einen Spiegel fühlte – aber nicht den Spiegel, den ich gesucht hatte. Es war mehr die Reflexion einer leeren Hülle. Ich versuchte, mich selbst darin zu sehen, aber die Umrisse verflossen immer wieder. Die Straßen, die durch diese Stadt führten, hatten keine Richtung, keine klare Linie, und ebenso fühlte sich mein Leben an. Wo war der Punkt, an dem sich alles zusammenfügte? Wann würde ich den Moment spüren, in dem ich ankommen konnte, um fortzugehen? Doch es gab keinen klaren Moment, nur die ständige Frage, warum alles weiterhin ein Schweigen war.

Vielleicht war es nicht Weimar, vielleicht war es ich.



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