After glow

Text

von  Isensee

Die Nacht bricht herein wie ein Schrei.

Wir rasen durch die Stadt, Lichter ziehen an uns vorbei, als wären sie Geister, die uns nachjagen. Die anderen lachen, sie sind berauscht von der Vorfreude, während ich mich in meinem Sitz verkrieche.

Der Gedanke an den Rave, der gleich vor uns liegt, wird von einer anderen, drückenden Idee überschattet – einem Aufeinandertreffen mit dem, was ich hinter mir gelassen habe. Es fühlt sich an, als ob die Dämonen der letzten Monate in den Schatten der Straßen lauern, bereit, mir einen weiteren Streich zu spielen.


„Bist du da, oder bist du weg?“ fragt einer meiner Freunde, als er mich anblickt. Ich nicke und versuche, mein Lächeln authentisch wirken zu lassen. Mein Verstand driftet zwischen dem Bedürfnis nach Freiheit und der Angst vor dem, was nach der Feier kommt. Ich bin kein Unbekannter in dieser Welt; die Clubs, die Musik, die Menschen – sie sind für mich nichts Neues. Aber heute ist anders.


Wir steuern auf die schimmernde Silhouette des Clubs zu, dessen Lichter wie ein Magnet wirken. Doch in mir brodelt etwas. Erinnerungen an Thessa und ihre unvergessliche Nacht brechen aus meinem Gedächtnis hervor, Erinnerungen, die ich vergraben wollte. Ich kann nicht helfen, aber mich zu fragen, ob ich der Einzige bin, der sich in diesem Meer aus Freuden verloren fühlt.

Der Gedanke an die letzten Monate, an das Aufeinandertreffen mit der Realität, die ich unter den Teppich gekehrt habe, nagt an mir. Die Verzweiflung, die mich verfolgt, ist wie ein schleichender Schatten, der mir die Freude raubt. War die Party damals ein Höhepunkt oder einfach der Anfang vom Ende? Ich versuche, den Kopf abzuschütteln, mich auf das Jetzt zu konzentrieren, während das Auto zum Stehen kommt.

Die Türen öffnen sich, und der Bass der Musik schlägt wie ein Herzschlag gegen meinen Brustkorb. Ich stehe auf der Schwelle zu einer Welt voller Möglichkeiten, doch die Frage bleibt: Kann ich den Aufstieg genießen.


Es beginnt mit einem leisen Knistern, als ob der Himmel selbst für einen Moment den Atem anhält. Die Stadt breitet sich unter uns aus wie ein riesiger Tanzboden, nur darauf wartend, dass wir ihn erobern. Thessa strahlt inmitten der Dunkelheit, ein Fixpunkt unter Stroboskopen und zerbrechendem Glas. Wir stehen auf Dächern, stoßen Flaschen an und lachen so laut, dass die Echos sich wie Wellen über die Stadt legen. Um uns Gesichter – einige vertraut, andere fremd – vereint im Wunsch, jede Sekunde auszukosten, als wäre sie der letzte Atemzug.

Jeder Song ist ein neuer Impuls, ein Strom, der uns alle auf seltsame Weise verbindet, als ob wir für einen Moment denselben Herzschlag teilen. Die Lichter verschwimmen, die Farben flackern; wir tanzen, schreien, lassen uns fallen. Jemand ruft: „Das wird legendär!“ und für einen Augenblick glauben wir alle daran, dass hier etwas Größeres passiert. Dass wir für eine Nacht die Stadt hinter uns lassen und Teil von etwas Besonderem werden.

Dann werden Wunderkerzen gezündet, und der Dachgarten leuchtet wie ein zerplatzter Stern. Die Menschen lachen, umarmen sich, alle eint das Gefühl von Unzerstörbarkeit, als sei die Welt für diese Nacht nur für uns gemacht. Dies ist mehr als eine Party; es ist eine Rebellion gegen den Alltag, ein ekstatischer Akt des Lebens. In mir macht sich ein Grinsen breit, das sagt, dass ich diesen Moment nie vergessen werde – dass keiner von uns jemals wieder der Gleiche sein wird.


Ich stehe vor diesem Zigarettenautomaten in einer Wildnis aus Beton und Unkraut, ein seltsames Biotop am Rand der Stadt. Die Lichter der Skyline schimmern kalt durch die Blätter, als wollten sie mir sagen, dass sie mir nichts schulden.

Die Taste klemmt. Es fühlt sich passend an, als wäre die Maschine einfach nur ein Spiegel meiner Erwartungen. Ich denke an Thessa und ihre legendäre Party, die fast die halbe Stadt lahmgelegt hat. Ein ganzer Ort, der sich auf eine Vision eingelassen hat, die am Ende in sich selbst zusammengefallen ist.

Vielleicht bin ich heute hier, weil ich genauso gescheitert bin. Ein Projekt von absurdem Optimismus, das den Alltag besser machen soll. Ein „Erlebnis“, das nirgendwo hinführt. Dabei ist es alles so banal: Die Bierflaschen, die unter meinen Füßen knacken, der vertraute Geruch von Zigarettenrauch, der im Dunkeln hängen bleibt.

Eine SMS blinkt auf. Irgendjemand schreibt von einem „krassen Abend“, einem „unvergesslichen Erlebnis“. Diese Worte bedeuten nichts mehr. Sie sind wie das Licht in den Bäumen – da, aber ohne Wärme. Vielleicht ist das okay. Vielleicht bin ich okay damit, dass nichts davon noch irgendwie Bedeutung hat.




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