Integrieren oder abschieben

Essay zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Regina

Der Asylparagraph, der vormals einigen wenigen osteuropäischen Dissidenten zugute kam, die den eisernen Vorhang überwanden, führt sich ad absurdum, wenn alle Welt ihn braucht. Dasselbe gilt für die Aufnahme Geflüchteter. So, wie ein Rettungsschwimmer einen Ertrinkenden an Land ziehen kann, nicht aber Hunderte, kann ein Land nur eine begrenzte Zahl hilfsbedürftiger Menschen aufnehmen.


Die Bundesrepublik beherbergt derzeit etwa 83 Millionen Einwohner. Die Frage ist weniger, wie viele davon Deutsche oder Angehörige anderer Nationen sind, sondern ob das bereits zersiedelte Land noch mehr Bevölkerung, 85 bis 90 Millionen verkraften wird. Schon heute drohen Schulen zu kollabieren, knapper Wohnraum und hohe Energiekosten führen zu prekären Situationen und weitere Mangelerscheinungen könnten sich entwickeln. Zusätzliche Zuwanderung wird keineswegs gebraucht, sondern eine menschengemäße Politik.


In dieser Lage verspricht die AfD alles zu unternehmen, was die soeben vergangene Regierung versäumt hat. Das wäre ein Grund, diese Protestpartei zu wählen, gäbe es da nicht die Sorge, dass sie sich über die Notwendigkeiten hinaus zu einer völkisch-fanatischen Gruppierung entwickeln würde. Die geforderten Massenabschiebungen könnten im schlimmsten Fall einen Bürgerkrieg oder sogar einen Dschihad hinter sich herziehen. Dies zu vermeiden braucht es Weisheit und Diplomatie, nicht Brüskierung.


Die Vorsitzende Alice Weidel würde ihre Partei ja gern als libertär verkaufen, dürfte aber mit diesem Konzept intern in Schwierigkeiten mit Hardlinern geraten. Verbindungen zu außerparlamentarischen extremistischen Tendenzen wie etwa zu dem österreichischen Remigrationstheoretiker Martin Sellner sind ja kaum von der Hand zu weisen.


Ausländerhetze und flächendeckende Diskriminierungen wären unwürdig und nicht nur überflüssig, sondern kontraproduktiv. Migranten leisten einen nicht unerheblichen und notwendigen Beitrag in vielen Bereichen der alternden deutschen Gesellschaft.


Eine strengere Handhabung der Gesetze allerdings erscheint auch dem gemäßigt eingestellten Bürger und selbst bereits ansässigen Migranten notwendig. Schwerverbrecher sollten Aufenthaltsgenehmigung und Schutzstatus verlieren, wer im Sprachkurs durch Abwesenheit glänzt, sollte ihn selber bezahlen, wer religiöse Feiertage braucht, sollte sich dieser in einem Land seines Glaubens erfreuen und Arbeitsaufnahme sollte die Regel, nicht die Ausnahme ausmachen, auch wenn einer in der Herkunftsgesellschaft Zeitluxus zu genießen gewohnt war.


Nachlässigkeit und vor allem ideologische Fehlhaltungen der Regierenden führten zu grotesken Zuständen im Bereich der Migrantenintegration, in einer Art und Weise, die selbst eine türkische Zeitung um 2012 schon schreiben ließ: "In Deutschland werden die Migranten noch einmal heilig gesprochen."

 
Das ist durchaus ein deutsches Problem. Im Bemühen, die eigene faschistische Vergangenheit zu kompensieren, tendiert linksgrüne Politik dazu, im Migranten nichts als den guten, aber benachteiligten und mit Samthandschuhen anzufassenden Armen wahrzunehmen. Mit dieser Haltung konnte in der Tat zunächst der alte deutsche Chauvinismus aus dem Feld geschlagen werden, der noch um 1960 jedem vom Arbeitgeber kasernierten türkischen Arbeiter einen "Kümmeltürken" hinterherwarf.


Dass bei Übertreibung das Pendel einmal wieder ins Gegenteil umschlagen würde, war zwar abzusehen, aber eine unreflektierte Einstellung darf nun nicht wieder beginnen, in jedem Ausländer grundsätzlich den Feind zu visualisieren, was durch eine Begegnung auf Augenhöhe ersetzt werden muss, die Probleme weder unter den Teppich kehrt noch über das nötige Maß hinaus dramatisiert.


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Kommentare zu diesem Text


 franky (20.01.25, 08:36)
Hi liebe Regina
 
Ich bewundere Deine sachliche Schreibweise, das hat alles Hand und Fuß.
 
Grüße von Franky

 Regina meinte dazu am 20.01.25 um 08:42:
Danke, Franky

 Teo (20.01.25, 08:58)
Moin,
ja, mal wieder ein sachlich nüchterner Artikel, der Dinge und Zustände unaufgeregt benennt. Mal schauen, wann unser Pöbel ihn zerpflückt. 
Lieben Gruß 
Teo

 Regina antwortete darauf am 20.01.25 um 09:17:
Danke, Theo. Abwarten und Tee trinken.

 EkkehartMittelberg (20.01.25, 12:16)
Eine Stimme der Vernunft in überhitzter Diskussion.

LG
Ekki

 Augustus (20.01.25, 12:57)
Was selten bis gar nicht diskutiert wird, ist, wie psychisch geschädigt Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Es wird angenommen, jeder ist psychisch unversehrt, bis sie in Deutschland verhaltensauffällig werden. 

Die Therapeutenbuden sind übervölkert, ausgelastet, Patientenstau, deutsche Personen haben diverse psychische Probleme, der Druck der Wirtschaft erhöht diesen; und dazu gezählt werden nicht mal psychisch belastete Flüchtlinge, die nicht mal von solchen Angeboten wissen. 

Sprachkurse sind notwendig, aber ein Teil der Personen, die daran teilnehmen waren in ihren Heimatländern Ziegenhirte oder Melonenträger…, die keine schule je besucht haben. Wieder andere sind psychisch belastet und tragen schlimme Erfahrungen mit sich, die einen Kontrast zum friedlichen Leben in Deutschland darstellen. 

Welche Vorschläge hast Du hier?

 Klemm schrieb daraufhin am 20.01.25 um 13:00:
Guter Beitrag Augustus, ich empfehle hierzu das Gespräch mit der Traumaexpertin Maggie Schauer bei Sternstunde Philiosophie.


 Regina äußerte darauf am 20.01.25 um 13:51:
Nach 20 Jahren als Lehrkraft für Deutsch als Zweitsprache hätte ich durchaus Änderungsvorschläge. Für die von dir angesprochenen Primäranalphabeten ist das bundeseinheitliche Programm (ich bin seit 3 Jahren raus wegen Rente) vollkommen sinnlos, weil es mit der Einführung des Alphabets beginnt, gelehrt in einer fremden Sprache, deren Lautstand manche Teilnehmer nicht einmal gehörmäßig erfassen. Das dockt im Gehirn nirgends an und der Lehrer hat wenig Möglichkeit, die Progression zu verlangsamen. Schon nach 14 Tagen kapieren sie nichts mehr, müssen aber dann auf Geheiß des Ministeriums, des Bundesamts oder des Trägers aus finanziellen Gründen mitgeschleppt werden. Die Ausbeute von sagen wir 40 gesprochenen Wörtern steht nicht im Verhältnis zum Aufwand und zu den Kosten. Wir haben Leute erlebt, die nach 2000 Unterrichtseinheiten ihren Namen nicht schreiben konnten. 
Für die anderen funktioniert das System, wenn der Kandidat a) die Bildungsvoraussetzung von min. 8 Schuljahren mitbringt, regelmäßig, in der Regel täglich im Kurs erscheint und am Nachmittag sich mit Hausaufgaben beschäftigt, das Gelehrte aufarbeitet und sich außerdem Kommunikationssituationen selbständig sucht, geht auch mit einer Fernsehserie. 
Warum tun viele das nicht?
a) Sie müssen sich um Kinder kümmern und dadurch entstehen Fehlzeiten.
b) sie sind oder fühlen sich krank. Genannt werden da u.a. Allergien oder hoher Blutdruck, wo kein Arzt krank schreibt.
c) Sie arbeiten neben dem Sprachkurs, ob angemeldet oder nicht, ist nicht meine Zuständigkeit
d) schlussendlich gibt es ein paar Leute, die gerne abends Party feiern und dann morgens nicht aus dem Bett kommen. 
(in der Häufigkeit sortiert von a bis d, nicht repräsentative Statistik nur meiner Schüler).
Das kalibrierte System mit Lehrbüchern, Methodik, Lehrerschulungen und Prüfungen wurde ursprünglich für die EU konzipiert, nicht für die anderen. Unsere besten Lerner waren in der Mehrheit aus der ehemaligen Sowjetunion.

Aus dem orientalischen Raum gibt es aber auch Menschen, die Schule für nicht erwachsenengerecht oder unmännlich halten. Auch die deutsche Pünktlichkeit ist nicht jedermanns Sache.

Die meisten meiner Teilnehmer hielt ich für so weit belastbar, dass Schulung durchgeführt werden konnte. Psychische Defizite kann und darf ich aber auch gar nicht diagnostizieren. Deswegen lehne ich mich da nicht weit aus dem Fenster. Es kann aber auch sein, dass mir solche Schüler nicht zugeteilt wurden.
Insgesamt würde ich, was das Sprachenlernen anbetrifft, empfehlen: Weniger wäre mehr. Also, wenigstens eine Teilzeitarbeit und dann weniger Wochenstunden und langsameres Vorgehen.

Antwort geändert am 20.01.2025 um 14:02 Uhr

 Regina ergänzte dazu am 20.01.25 um 13:55:
Inzwischen gibt es allerdings ein paar Neuerungen, die mir nicht bekannt sind, z.B. online-Kurse und Wochenendkurse mit evtl. mehr Wahlmöglichkeiten. Das neueste Klientel kommt aus der Ukraine, kenne ich auch nicht.

 AndreasGüntherThieme meinte dazu am 20.01.25 um 15:39:
Die von dir beschriebenen Menschen sind definitiv nicht als Fachkräfte gekommen, sondern wurden der Flüchtlingsindustrie zugeführt.

Diese will selbstverständlich immer mehr "Fachkräfte" und interessiert sich nicht für Deutschland.

Aber der Wind dreht sich: Abschied von der Klimaagenda und den neuen Fachkräften.

KI braucht stabile Energie, die "neuen Fachkräfte" können nicht zur Entwicklung beitragen, kosten aber Ressourcen. 

Wer auch immer die nächsten Bundeskanzler sind, sie werden sich anpassen (müssen).

 AndreasGüntherThieme (20.01.25, 15:29)
Vielleicht kann Thilo Sarrazins Buch 

"Deutschland schafft sich ab – Die Bilanz nach 15 Jahren"

Argumente zum Verständnis der Situation liefern.
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