Shakespeare fährt los

Text

von  Saudade

Shakespeare zog sich aus, so wie Mrs.Shelley ihm geheißen hatte, stellte sich nackt vor den Spiegel und begann sich überall am Körper zu zwicken, einmal zu fest, da quietschte er fast ein lautes "Aua!". Nein, er träumte nicht, es war wahr. Er rief aus: "Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage!"¹, entschied sich für das Sein und stieg in die Duschkabine. Mrs. Shelley hatte ihn gut instruiert und er brauchte länger als eine halbe Stunde, da das herabbrausende Wasser ihn faszinierte, die wohlduftenden Essenzen und die scharfe Zahnpaste, die er dreimal wieder ausspuckte, bevor er sich damit endgültig anfreunden konnte. Danach ging er ins Schlafzimmer und zog den Anzug an, der über der Lehne lag. Irgendwie fühlte er sich doch kurz wohl, obwohl seine Haare noch naß waren, das Wort Föhn wurde noch nicht erklärt, aber das war nebensächlich. 

Was sagte diese Frau? In einer Stunde? Da läutete das Festnetz, er hob den Hörer ab, hielt ihn weit weg vom Ohr.

"Mr.Shakespeare?"

Er brüllte aus einer kleinen Distanz in den Hörer: "Ja?"

"Hier spricht die Rezeption. Kommen Sie bitte in die Lobby, Ihr Wagen wartet bereits." 

Shakespeare wusste weder was eine Lobby war, noch, wie er dort hinkommen sollte, schon gar nicht, was ein Wagen war. "Ein jedes Ding muss Zeit zum Reifen haben." ²- Er würde schon bald wissen, was ihm hier so spiele. So verließ er die Suite, nicht ohne Bauchweh und irrte durch den Flur. Da kam eine Dame aus dem Zimmer, nickte ihm wohlwollend zu, er zurück, folgte ihr mit Abstand und stieg mit ihr etwas tollpatschig, ungläubig und ängstlich in den Aufzug ein. In der Lobby stand nun Shakespeare und wartete, beobachte fasziniert das Kommen und Gehen, da trat ein Mann auf ihn zu: "Mr. Shakespeare?" Er nickte. "Ich bin Jack, Ihr Fahrer. Kommen Sie, die Limosine wartet bereits auf Sie."

Draußen öffnete ihm der Fahrer die Beifahrertür zum Bentley. Bevor Shakespeare verwirrt einstieg, murmelte er: "Ein Pferd! Ein Pferd! Ein Königreich für ein Pferd!"³

Als der Bentley mit ihm durch London rollte, sah Shakespeare nur zum Fenster hinaus. Er konnte nicht glauben, was er alles sah. 

Er sagte zum Fahrer: "Was für eine Kutsche ohne Pferde! Ein bequemes Gefährt!"

Der Fahrer drehte sich nicht um, sagte: "Allerdings, eine geile Kutsche." 

Das verstand Shakespeare.


Demnächst: Shakespeare wird bei Walrus-Books bereits sehnsüchtig erwartet. Danach geht es nach Stratford-on-Avon zurück. 



Anmerkung von Saudade:

¹Hamlet
²Aphorismen Shakespeare
³ Richard III.

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