Heute, nach fast viereinhalb Jahrzehnten, würde ich es leichtsinnig nennen, an einem Nachmittag im texanischen El Paso einfach in den Bus zu steigen und zu einer Stippvisite auf die andere Seite des Rio Grande nach Mexiko zu starten.
Unsere mehrwöchige USA-Reise hatten wir bis dahin ohne größere Probleme gemeistert. Nun also auf dem Weg von Kalifornien nach New Orleans ein eintägiger Zwischenstopp in El Paso – mit dem Gedanken, auch mal kurz nach Mexiko hineinzuschauen, denn dies sollte problemlos möglich sein, wie wir gelesen hatten.
Der Bus nach Ciudad Juárez war am frühen Nachmittag fast ausschließlich mit müden Latinos besetzt, die nach der Arbeit in El Paso auf die mexikanische Seite zurückkehrten. Es gab keine Grenzkontrolle, und wir bummelten unbehelligt durch die quirligen Straßen der Stadt, die Tasche immer eng am Körper. Wir hatten nur das Nötigste dabei, kaufen wollten wir nichts. Am allerwenigsten Drogen.
Es war heiß und laut. Nach zwei bis drei Stunden hatten wir erst einmal genügend Eindrücke gewonnen und machten uns auf den Weg zurück zum Busbahnhof. Dort dann die große Überraschung: Wir wurden von amerikanischen Grenzbeamten aufgehalten und ausgefragt, die Pässe und Taschen sorgfältig kontrolliert. Es folgte eine quälend lange Diskussion, während der ich den Beamten klarmachte, dass wir deutsche Touristen auf USA-Rundreise seien, die nur mal einen Blick über die Grenze werfen wollten.
Mein Begleiter und ich müssen wohl insgesamt harmlos genug ausgesehen haben, und wie Drogendealer wirkten wir ganz sicher auch nicht. Die Beamten taten ihre Pflicht und ließen uns dann gehen. Sie hatten uns allerdings einen gehörigen Schrecken eingejagt.
Auf der Rückfahrt warfen wir noch einmal einen enttäuschten Blick in den fast völlig ausgetrockneten Grenzfluss. Den Rio Grande hatten wir uns etwas anders vorgestellt.