In einer fremden Stadt

Erzählung zum Thema Kunst/ Künstler/ Kitsch

von  obar75

Hallo, ich bin Piet und mein Hobby ist das Sprühen von Graffitis an Hauswände. Letztens ist mir da eine witzige Begebenheit passiert.
Alles fing damit an, als ich aufgrund eines Kurzurlaub bei meinem Cousin Mike in einer anderen Stadt war. Mike selber hat mit Graffiti und Hiphop nicht viel am Hut, er selber hört lieber Hardcore und ist politisch aktiv.
Ich wollte aber die Gelegenheit nutzen und mich in dieser Stadt verewigen. So fuhr ich mit dem Bus durch die Stadt und suchte geeignete Stellen. Ich entdeckte in einem Arbeiterviertel, eine Hauswand, die mir geeignet erschien. Diese Hauswand gehörte zu einem Mehrfamilienhaus und es waren schon ein paar Signaturen von verschiedenen Sprayern drauf. Nachdem ich wusste, wo ich sprühen wollte, ging ich in einen nahe liegenden Baumarkt und klaute mir dort ein paar Sprühdosen. Den Style für den Schriftzug, den ich nachts machen wollte, hatte ich schon einige hunderte Mal gemacht. Er war mir schon in Fleisch und Blut übergegangen.
Da nun alle Vorbereitungen abgeschlossen waren, ging ich zurück zu der Wohnung von meinem Cousin und verbrachte dort den Rest des Tages. So gegen 23.45 Uhr verließ ich die Wohnung meines Cousins und nahm den letzten Bus, um in das Arbeiterviertel zu fahren. An der vorletzten Bushaltstelle stieg ich aus und ging den letzten Rest des Weges zu Fuß. Zu meinem Erstaunen, war immer noch viel auf der Straße los, obwohl es  schon nach Mitternacht und mitten in der Woche war. Kurz bevor ich an der besagten Stelle war, machte ich noch eine  kurze Zigarettenpause, um noch ein bisschen Zeit zu gewinnen.
Als ich dann endlich an der besagten Hauswand war, fing ich umgehend an meine Buchstaben vorzuziehen. Gerade hatte ich meinen ersten Buchstaben fertig vorgezogen, da hörte ich plötzlich eine leise Stimme. Ich drehte mich um und sehe einige jüngere Männer in meinem Alter mit Rucksäcken. Einer von ihnen sagt: „Krass, noch einer wie wir!“ und erzählt, das sie auf dieser Wand einen riesigen chromfarbenen Schriftzug für ihre Crew malen wollten. Nach einer kurzen Diskussion, kommen wir auf die Idee, dass wir alle zusammen viel schneller und größer malen könnten. Also fingen wir an und zogen die Buchstaben vor und füllten das Bild mit den chromfarbenen Sprühdosen aus. Nach etwa 5 Minuten stand ein riesiges „Get Da Power“ auf der Wand, in den Ausmaßen von 2,50 mal 10 Meter.
Als wir fertig waren, entfernten wir uns rasch vom Tatort und gingen noch in eine Kneipe, um unsere Zusammenarbeit zu besiegeln. Bevor ich dann nach hause lief, tauschten wir noch unsere Telefonnummern aus.
Am nächsten Morgen fuhr ich an der Stelle vorbei und machte noch ein paar Fotos von dem Bild, von einer angemessenen Entfernung aus. Sich bloß nicht zu auffällig verhalten, ging mir die ganze Zeit durch den Kopf. So wurde ich ein Mitglied der berüchtigten Sprühercrew „Get Da Power“, die dafür berühmt ist, riesige Schriftzüge für ihre Crew zu machen.

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Kommentare zu diesem Text

DarkLord (32)
(23.02.05)
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 obar75 meinte dazu am 23.02.05:
Lieber DarkLord,
erst mal danke, das du mir den Fehler aufgezeigt hast, dieser Fehler, ist mir leider beim Schreiben gar nicht aufgefallen und in letzter Zeit komme ich leider erst spät nachts zum Schreiben, so das ich gelegentlich Fehler schlicht übersehe. Um auf deine Fragen zurück zukommen, die Namen der Personen und Crews sind ausgedacht, aber die Handlung und die Begebenheiten sind alle wahrer Natur. In der Graffiti-Szene gibt es solche Anekdoten zuhauf und ich selber kenne genug Aktivisten, die in dieser Szene beheimatet sind. Es ist ja, auch nicht schlimm, das du mit Graffiti nicht soviel anfangen kannst. Nicht jeder hat den gleichen persönlichen Hintergrund und kann mit jedem Thema was anfangen. Es liegt in der Natur der Sache, das wir alle verschieden sind. Aber ich hoffe doch, das ich andere Themen aufgreife, die dir liegen und würde mich freuen, wenn du mich (wenn dann meine Kurzgeschichten dort online sind) auf www.kurzweiliges.de besuchen bzw. lesen würdest.
Liebe grüße
Obar75
s.strehle (28) antwortete darauf am 23.02.05:
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 obar75 schrieb daraufhin am 23.02.05:
Hallo lieber Samuel,
Die ursprüngliche Idee dieser Geschichte war es, das der Protagonist vor einer Strassengang flüchten muß, weil er in ihrem „Bario“ gesprüht hat. Aber ich wollte nicht schon wieder die gesamte Graffiti-Szene als brutal und gewalttätig darstellen, deswegen habe ich die Geschichte wie folgt umgebaut. Aber wenn du mal die Geschichte „Reise mit tödlicher Folge“ oder „Die Gartenlaube an der Bahnlinie“ liest, wirst du feststellen, das ich versucht habe die Graffiti-Szene möglichst authentisch wieder zu geben. Das diese Szene leider mehr als nötig auf Streß und solche Sachen aus ist, das ist mir hinlänglich bekannt, weil ich selber seit über 12 Jahren in der Hiphop-Szene tätig bin und genug Sprayer persönlich kennengelernt habe. Als Beispiel könnte ich den Langen von Too Strong anführen, den sie letztes war aufgrund von angeblichen „Cross out“-Aktionen mit einem Messer niedergestochen haben.
Obar75
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