Feechen, Teil III

Erzählung

von  tastifix

Daheim

Aufgeregt, aber gar nicht mehr schüchtern, um ehrlich zu sein, eigentlich schon recht kess, trippelte ich in diese mir total fremde Welt, die von nun an mein Revier wäre. Es roch so ganz anders als in meiner Babywelt bei unserer Ziehmama. 
Mein Näschen zitterte aufgeregt hin und her. So viele anregende Gerüche!

Zuerst wischte ich ´mal in den kleinen Abstellraum direkt hinter der Eingangstüre. Auf mehreren Regalen standen da ganz viele dieser komischen Dinger, die Zweibeiner immer draußen an ihren Füßen trugen. Doch bestimmt nur, damit so winzige Hundebabys wie ich unterwegs auf ihren Spaziergängen etwas zum Spielen und Reinbeißen hatten.

Leider entpuppten sich dann unsere menschlichen Vorgesetzten als ausgesprochene Spaßverderber. Ob die einfach zu dumm waren, die Spielregeln zu verstehen? Na ja, ich könnte ja versuchen, meinem neuen Frauchen und ihrem Rudel das Ganze in ganz einfachem „Wau-wuff“ nochmals zu erklären. Vielleicht kapierten sie es ja dann...?
Länger als zwei Minuten vermochten mich diese Überpfoten, die  Menschen übrigens „Schuhe“ nannten, nicht zu faszinieren. Die standen zu hoch. Zu blöd, da kam ich nicht dran.

So, die Vordiele hatte ich kontrolliert und nichts Besonderes gefunden. Weder zum Spielen noch zum Anknabbern. Die Glastür, die den kleinen Vorraum von der großen Diele trennte, stand halb offen, so dass ich Winzling mich da ohne große Mühe durch schlängeln konnte. Perplex blieb ich wie angewurzelt stehen: Das war ja zum Schwänzchenabwedeln!

Vor mir standen doch tatsächlich zwei Hunde und starrten mich ebenso verblüfft an wie ich sie. Die gehörten doch garantiert hierher. Juhuuh, dann hätte ich ja sogar vierbeinige Spielkameraden. Beide waren größer und bestimmt auch älter als ich. Der eine sogar viel größer, sah aus wie ein richtiger Teddybär. Er hatte sanfte, dunkelbraune Augen und ein schickes hellbraunes Wuschelfell. Sein kleinerer Kamerad dagegen guckte recht lümmelig-keck in die Gegend. Dunkelbraune Augen und ein gleich dunkles elegantes Fellkleid. Beide gefielen mir auf Anhieb und ich ihnen wohl auch.

Nach einer ausgiebigen Schnupperpasskontrolle begrüßten sie mich nämlich ausgesprochen freundlich.
„Wer seid denn ihr?“, war meine doch etwas verlegene Frage an sie.
Wie sich dann herausstellte, hieß der ältere Hundejunge „Mato“ und war schon ein ganzes Jahr alt. Sein kleinerer Freund wurde „Quinny“ gerufen und zählte immerhin auch schon acht Monate. Da wäre ich also das Nesthäkchcn in meinem neuen Rudel.
„Nicht schlecht!“, dachte ich mir, „Nesthäkchen werden immer fein verwöhnt!“
Ein nicht ganz unwichtiger Gedanke schoss mir durch den Kopf:
„Ob wir drei uns wohl gut vertragen werden?“
Eigentlich war ich mir nach diesem Empfang da ziemlich sicher. Na ja, das hatte noch etwas Zeit.

Jetzt hieß es für mich, erst einmal das ganze Haus gründlichst zu untersuchen, damit ich mich auch möglichst schnell zurechtfände. Ich fing da an, wo ich im Moment war, im Erdgeschoss. Neugierig düste ich ins sehr geräumige Wohnzimmer, an das sich über Eck ein Esszimmer anschloss. Danach trappste ich in die große Küche, in der ebenfalls eine Essecke stand. Mit einer für mich vielleicht bald ´mal ach so praktischen Eckbank. Wieso?

Tja, ich war doch ein so verfressenes Etwas und wenn ich ein ganz klein bisschen größer wäre, würde sich doch unter Umständen die Kraxelei da hinauf bestimmt lohnen. Denn von dort oben aus anschließend den Tisch leer zu fegen, wäre ein Kinderspiel. Aber noch war das Zukunftsmusik. Mit frechen Streichen wartete ich besser, bis die Menschen mich so richtig doll lieb gewonnen hatten. Also hortete ich solcherlei Ideen in meinem phantastischen Hundebabygedächtnis für spätere Zeiten.

Doch ich merkte mir schon ´mal genau, wo der Herd, der Abfalleimer und der Kühlschrank zu finden waren. Mein Frauchen ahnte ja noch nicht, welch ein Fresssäckchen sie sich mit mir ins Haus geholt hatte.
„Na ja, das mache ich ihr binnen der nächsten Tage unmissverständlich klar. Die wird sich noch wundern!“

Das Elternschlafzimmer durfte ich leider nicht unter die Lupe nehmen.  Die Tür blieb zu. Ich fand noch ein Badezimmer und ein kleines Gäste-WC.  Das Bad gefiel mir gut. Fix lugte ich durch den Türspalt, ob da auch eine Dusche vorhanden wäre. Ach, am liebsten hätte ich mich dann direkt ins nasse Vergnügen gestürzt. Doch auch das war verboten.
„Darf man hier als Hund überhaupt irgendetwas!?“, knatschte ich leise vor mich hin.
Meine Hoffnung darauf(!) schwand mehr und mehr dahin.

Die nächste Etage war die Jugendetage. Da hinzukommen, erwies sich als relativ gefährlich, jedenfalls für einen solchen Winzling wie mich. Sehnsüchtig in die oberen Gefilde guckend, stand ich ziemlich ratlos vor der offenen Holztreppe, fiepte um Hilfe bittend mein neues Frauchen an. Sie verstand mich sofort, streichelte mich und half mir dann, Stufe für Stufe zu bezwingen. Es war gar nicht so einfach, mit vier so kurzen Beinchen und einem wohl gerundeten Babybauch da unbeschadet hoch zu klettern.

Stolz langte ich oben an, verschnaufte kurz und dann ging`s los ins Abenteuer. Was erwartete mich alles? Gespannt wie ein Flitzebogen düste ich durch die drei Kinderzimmer. Schon beim ersten Rundblick entschied ich, die müsste ich mir in den nächsten Tagen ´mal sehr viel gründlicher vornehmen. Dann trippelte ich auf vorsichtigen Pfötchen in Frauchens großzügig bemessenes Zimmer, das gleichzeitig auch Schlafraum für uns Vierbeiner war. Es roch ein wenig nach Wald, denn Frauchen liebte anscheinend Holzmöbel. Genau wie ich. Sie und ich würden gut zueinander passen, stand für mich fest.

Ich erschnüffelte noch ein Bad, ein zweites winziges Gäste-WC und einen kleinen Abstellraum, in dem ich eine Tüte mit Hundefutter entdeckte. Auch dies speicherte ich eiligst in meinem Gedächtnis.

In der oberen Diele stand in der einen Ecke vor Frauchens Zimmer eine schmale Couch.
„Auf der könnte ich ja meinen Mittagsschlaf halten!“ , überlegte ich. Die Jugendetage war damit auch erkundet.

Die Hopserei treppab erforderte doch einigen Mut. Meine Beinchen zitterten und mir schwindelte, sah ich nach unten.
„Ans Treppenlaufen gewöhnst du dich bestimmt fix, Feechen!“, tröstete Frauchen.
Und richtig, auf der  zweiten Treppenhälfte klappte es viel besser, beinahe schon ohne Hilfe.

Mir entfuhr ein erleichtertes „Wau!“ Endlich wieder auf sicherem Boden ohne Gucklöcher. „Keller“ war eigentlich etwas mordsmäßig Interessantes! Himmel, war das aufregend! Zuerst besichtigte ich Papas großes Arbeitszimmer mit so einem komischen alten Kasten an der einen Wand. Der machte manchmal so komische Töne, weshalb ich noch zögernd neugierig näher schlich. Gefährlich hörte sich das wahrlich nicht an. Im Gegenteil. es klang sogar richtig fröhlich. Mein Misstrauen verflog und ich bot dem alten Kasten, einem Klavier, wie ich später erfuhr, seiner Freundlichkeit wegen meine Freundschaft an. Ein helles „Ping!“ war die Antwort.

Auch die Waschküche eroberte mein kleines Hundeherz im Sturm.  Da flogen massenhaft Läppchen aller Größen herum. Ob sie die netterweise für mich zum Spielen da hingelegt hatten?? Der Vorratskeller enttäuschte mich, weil ich selbst mit meinen ja fein scharfen Babyzähnen die Büchsen und Gläser auf den Regalen nicht aufknacken konnte. Und die grünen sowie auch die durchsichtigen Flaschen in den Kästen durften mir wirklich gestohlen bleiben. Welcher Hund trinkt schon gerne Sprudel?

Dann war da noch so ein winziger Raum. Doch der war zu. Keine Ahnung, was da drin war.

Ich spurtete bereits schon wieder in Richtung der Treppe, da stutzte ich plötzlich, bremste ab wie ein Albatros bei seiner Landung. Das waren große Vögel, die beim Aufsetzen auf den Boden fast jedes Mal regelrecht hinknallten, hatte ich per Zufall aus einem Menschengespräch aufgeschnappt. Doch dafür war ich ja geschickt, hatte ja auch vier Beinchen, auf denen ich natürlich viel eher das Gleichgewicht halten konnte als jenes Federvieh auf seinen nur zwei Stelzen.

Also, ich hätte doch tatsächlich fast eine Tür übersehen. Wie konnte ich nur? Frohlockend stellte ich fest, dass die nur angelehnt war, ich mich da prima durchquetschen konnte. Und staunte dann Bauklötze: Ein Raum so groß wie das Wohnzimmer und höchst interessant. Rechts hinter der Tür stand ein kleiner Computertisch. An den Wänden ringsum Regale mit massenhaft Raschelzeug. „Bücher“, wie die Menschen das nannten. Auf der rechten Seite stand eine große Tischtennisplatte („Bällchenspiel!“, ging mir sofort durch den Kopf) und an der Wand dahinter ein Klettergerüst. Doch am allerbesten gefielen mir kleinem Hundekind dann die vier alten Matratzen, die da verstreut auf dem Boden lagen. Auf denen könnte ich herum hopsen wie auf einem Trampolin. Klasse!

Mit dem Ergebnis meines Erschnüffelrundganges eigentlich mehr als zufrieden, spazierte ich durch die Küche bis zur Balkontür und spähte nach draußen. Ich hatte spitz gekriegt, dass auch noch ein schöner Garten zum Grundstück gehörte.
„In dem kann man bestimmt gut toben. Ja, ich habe schon den richtigen Riecher gehabt, als ich mir dieses Frauchen ausgeguckt habe!“, bestätigte ich mir, streckte selbstbewusst mein schwarz glänzendes Näschen hoch in die Luft und war ganz stolz auf mich.

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