An(ge)dacht
Anspruch und Zuspruch für die Woche
Eine archivierte Kolumne von SimpleSteffi
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Sommerpredigten #1
Steffi macht Urlaub und hat sich einfach mal ein wenig im Netz umgeschaut, was denn andere, Ordinierte oder Laien zu einer Losung oder einem Lehrtext der Woche zu sagen haben. Es gibt viele spannende Predigten und Andachten zu entdecken; die zum Donnerstags-Lehrtext stammt von Prof. Dr. Jürgen Ziemer aus Leipzig. Die vollständige Predigt ist nachzulesen unter: Göttinger Predigten
Jesus sprach: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. (Markus 2,27) [/i]
"Du sollst den Feiertag heiligen!"
So haben wir es gelernt. So steht es in den Zehn Geboten. Ein Tag in der Woche sei besonders, frei von Arbeit und Geschäften des Alltags. Ein Tag sei euch heilig - sei es der Sabbat bei den Juden, sei es der Freitag bei den Muslimen, sei es der Sonntag bei uns Christen.
Der Sonntag - Gott gewährt uns Menschen eine Zeit der Gnade und der Freiheit. Das gilt es immer wieder neu zu entdecken. "Was ist so herrlich an diesem Tag? Was ist so kostbar, dass es das Herz ergreift" fragt der jüdische Denker Abraham Heschel im Blick auf den Sabbat. Und bildprächtig antwortet er: "Der Grund ist, dass der siebente Tag eine Goldgrube ist, wo man das kostbare Metall des Geistes finden kann, wo man den Palast in der Zeit baut", worin der Mensch "bei Gott zu Hause ist." Der Feiertag, sei es der Sonntag, sei es der Sabbat - Grundstein für einen "Palast in der Zeit"! Das Bild spricht für sich. Deshalb wird in der jüdischen Tradition der Sabbat so hoch gehalten, ja für das wichtigste Zeichen des Bundes Gottes mit Israel geachtet: weil wir an diesem Tag Gott nah sein können, ja sogar zu Teilhabern seiner Schöpfung werden: " Am siebenten Tag ruhte Gott von allen seinen Werken", heißt es in der Schöpfungserzählung. Wie ER, so wir. Darum: "Du sollst den Feiertag heiligen."
Und darin liegt sein Segen für uns, dass wir durch den Feiertag Distanz gewinnen zum Alltag der Woche, der uns sechs lange Tage mit Beschlag belegt. Der Feiertag ist um des Menschen willen gemacht. Es lohnt diese "kostbarste Geschenk aus Gottes Schatzhaus" (Heschel) immer neu zu entdecken, anzunehmen und kräftig zu gebrauchen.
Gewiß, in unserer Gesellschaft nehmen immer weniger Menschen den religiösen Sinn des Sonntags wahr. Und ich verstehe schon, dass manche in der Gemeinde enttäuscht darüber sind, weil so wenige diesen "Palast in der Zeit" für sich bauen und betreten möchten, um darin für einen Moment "bei Gott zu Hause zu sein". Aber es ist weder sinnvoll noch nützlich "pharisäerhaft" zu reagieren und mit gekränkter Mine, die Menschen draußen darüber zu belehren, wofür der Sonntag denn "eigentlich" da ist und wie sie ihn "eigentlich" zu begehen hätten.
Der Sonntag ist Angebot Gottes für die Menschen, Angebot der Freiheit - ohne Bedingungen, auch ohne beiliegende Gebrauchsanweisung. Gott gibt umsonst, denn er ist uns freundlich.
Lassen wir also den Jüngern ihren fröhlichen Streifzug durch die Felder, lassen wir den jungen Leuten die Freude am langen Sonntagsschlaf, lassen wir auch den vielgeschmähten Autofreaks ihren Spaß an der gründlichen Fahrzeugpflege am Sonntagmorgen. Wenn sie doch nur die Gelegenheit ergreifen, die Chance des Tages zu nutzen, Pause zu machen, den Lauf der Dinge zu unterbrechen. Hüten wir uns davor, sie dauernd verbessern zu wollen. Vielleicht spüren sie irgendwann selber, dass sogar noch mehr drin ist an diesem Tage.
"Du sollst den Feiertag heiligen".
Der "Palast in der Zeit" ist für jeden geöffnet. Und wir, als die Glieder der Gemeinde Jesu, des "Herrn über den Sabbat", sollten die Türen weit offen halten, Sonntag für Sonntag - damit Menschen eintreten können, um mit uns den "kostbaren Schatz" zu ergreifen und für einen Moment "bei Gott zu Hause zu sein."
Amen
(Prof. Dr. Jürgen Ziemer)
Euch allen eine gesegnete Woche! [/i]