Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Man muss sich nicht dafür schämen, einen "Tatort" gesehen zu haben
von Dieter_Rotmund
Man muss sich nicht dafür schämen, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen den neusten "Tatort" gesehen zu haben. In letzter Zeit begegnet einem bei diesem Thema ein bestimmter Menschenschlag mit einer Überheblichkeit, die unangebracht ist. Da sind zu einem, die sich rühmen "überhaupt keinen Fernseher" zu haben, als wäre das eine hohe Auszeichnung. Was soll sie bedeuten? Dass sie den ganzen Abend nur Prousts Suche nach der verlorenen Zeit lesen? Dass ich nicht lache.
Das sind zu anderen die "Lügenpresse"-Schreier und da ARD per se Lügenpresse ist, sind die ARD-Tatorte in Sippenhaft genommen und ebenfalls ganz übles Verblendungswerkzeug des Staates. Diese Querdenker-Proleten wissen ja offenbar nicht mal eine Nachrichtenmeldung von einem Kommentar zu unterscheiden, sodass die ARD nun ihre Kommentare "Meinungen" nennen muss. Es ist erbärmlich.
Zurück zum Thema: Ja, ich habe den neusten Tatort am vergangenen Sonntag gesehen. Es war insofern sehr unterhaltsam, da die Aussenszenen zu 90% in dem Stadtteil einer badischen Metropole gedreht wurden, in dem ich wohne, aber dieser Krimi im hinterschwäbischen Ostfildern spielen sollte. Nun ist das ja nichts ungewöhnliches, etwa die Hälfte der Hafenszenen aus dem Tatort Ludwigshafen/Mannheim sind nicht in Ludwigshafen/Mannheim entstanden. Aber lustig war es dann doch. Gestern bin ich die vermeintliche ostfiildernde Straße entlang gefahren, habe auf Häuser gezeigt und habe meiner Begleitung gesagt, wo die Leiche gewohnt hat und und wo sie vergraben wurde. Der Fernsehfilm war im Übrigen weniger ein Krimi als eine humoreske Milieustudie. Die Leiche war die meiste Zeit falsch identifziert und die Kommissare ermittelten in die falsche Richtung. Die treibende Kraft der Geschichte war ein typische moderne Hausgemeinschaft aus Helikoptereltern, Esoterik-Freaks, Gendergutmenschen, SUV-Fahrern und verkrachten ITlern. Sie hielten in der grenzenlosen Selbstüberschätzung ihrer Person die Kommissare auf Trab, die nur mühsam ihre übliche Agenda abarbeiten konnten. Es war herrlich. Und ich schäme mich nicht, diesen Tatort gesehen zu haben. Niemals. Des hät's ja noch nie gegäbe, da könnt' ja jeda komme, des hemma noch nie so gemacht. Äbe!
17.01.2021: Tatort: Das ist unser Haus, Regie Dietrich Brüggemann.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
(21.01.21)
Aber war es je irgendwem peinlich, zuzugeben, dass man Tatort schaut?
Weimar und Münster sind die beiden albernsten Tatorte, finde ich. Ich schaue sie trotzdem, aber Fan bin ich von Batic/Leitmayer (München).
Wenn ich hier herum erzähle, dass ich Tatort gucke, gucken mich alle doof an. Die kennen hier nur Derek (und sind großer Fan).
Der vermutlich berühmteste aller "Tatorte", "Reifezeugnis" von Wolfgang Petersen, ist tatsächlich in Eutin gedreht worden, wo er auch spielen soll, aber nicht ganz ortsgetreu. D.h. man bog scheinbar nur um eine Ecke und befand sich in einem ganz anderen Teil von Eutin.
Empfehlenswert ist auch der allererste Tatort "Taxi nach Leipzig", der überraschend unkonventionell ist.
(24.01.21)