Der Problembär

Tragikomödie zum Thema Bürokratie

von  Triton

Irgendwann jedes Jahr wird in Deutschland das sogenannte Unwort des Jahres gesucht und gekürt. Für mich persönlich ist die Entscheidung bereits längst gefallen, es lautet ganz eindeutig: „Problembär“.
Wem diese geniale Wortschöpfung zu verdanken ist habe ich gar nicht mitbekommen, ob Politiker oder Journalist, ganz egal, es wurde einige Wochen zum geflügelten Wort, das in ganz Deutschland die Medien bestimmte und sogar darüber hinaus.
Doch wer war nun eigentlich das Problem? Wirklich der Bär oder die Menschen, die ihn dazu machten? Der Bär folgte nur seinem Instinkt, der da heißt: Leben wollen. Und der ist in erster Linie für jedes Tier verbunden mit der Suche nach Nahrung. Und das in einer Welt, die vom Menschen geprägt und kontrolliert wird. Unter diesem Gesichtspunkt an sich schon ein schwieriges Unterfangen, das dem Bären so aber nicht bewusst war. Das „Problem“, das er nun damit erzeugte lautet eindeutig, dem Menschen im Weg zu sein, weil die Tiere, die er auf seiner Nahrungssuche getötet hat, irgendwelchen Menschen gehören, sei das nun unmittelbar oder auch nicht, so wie den Menschen ja alles gehört auf dieser Welt oder sie in ihrer Verantwortung glauben. Und darauf hat ein wildes Tier nun mal keinen Anspruch mehr in diesem unserem Lande, in anderen Ländern ist das teilweise doch noch ein wenig anders. Da die Menschen die getöteten, angefressenen Tiere jedoch jedes Mal verräumten, dem Bären praktisch die erlegte Nahrung raubten, musste für das Tier eben neue Nahrung her, was liegt da näher als die Orte, an denen die Jagd so einfach und erfolgreich war?
Die Konsequenz: der Bär ist ein Problem, der Bär muss weg!
Nun kennt man ja die unterschiedliche Mentalität der Menschen. Für alles gibt es Befürworter, Gegner und Gleichgültige. Aber nichts desto trotz sind alle potentielle  Wähler, und nach Möglichkeit muss man versuchen, es so vielen von ihnen einigermaßen Recht zu machen. Also versucht man offiziell zuerst einmal, den Bären zu betäuben und zu fangen. Dass dies bei aller hochentwickelter Technologie und zuletzt unter Aufbietung der angeblich besten Bärenfangprofis aus Finnland nicht gelang, ist verwunderlich, brachte dem Bären aber lediglich weitere Sympathien seitens der Bevölkerung ein, die sich hämisch ins Fäustchen grinste. Das führte aber irgendwann zu der angeblich bedauernswerten Rechtfertigung, den Bären nun zum Abschuss frei zu geben. Und was Wunder, kaum geschehen, es konnten sich noch nicht einmal die Gegner richtig formieren oder andere Vorschläge gemacht werden, schon hatte man ihn gefunden und auch schon erlegt. Seltsamerweise weiß angeblich auch bis jetzt noch niemand so genau, wer den Bären denn nun erlegt hat. Ganz gewiss saßen da schon einige in den Startlöchern, die sich nur zu gern eine solche Trophäe über den Kamin hängen wollten, wenn auch nur symbolisch. Unter hochrangigen Persönlichkeiten gibt es ja nicht wenige Hobbyjäger, aber das bleibt Mutmaßung, ob es jemals heraus kommt fraglich. Jedenfalls war es plötzlich kein Problem mehr ihn zu finden, auch wenn es Tatsache ist, dass man zur Betäubung näher an den Bären heran gemusst hätte, als um ihn zu erlegen. So gesehen wäre es doch sogar ein erhöhter Nervenkitzel gewesen, aber eben kein Abschuss, und der zählt unter Jägern eben mehr.
Zum Glück kam dann ja auch gerade die Fußball WM recht, um die Euphorie der breiten Masse zu nutzen, um von dieser leidigen Geschichte um diesen Problembären abzulenken, und nebenbei noch von manch anderen politischen Entscheidungen, die so gerne in nebulösen Aktionen entschieden werden.
Ganz nebenbei frage ich mich, was nun dieser ganze zweifelhafte Zirkus eigentlich den Steuerzahler gekostet hat. Von 100000 € und sogar mehr ist die Rede. Für dieses Geld hätte man lange Zeit einige Bauern um ihre Schafe abfinden können, ich könnte mir sogar vorstellen, dass viele Menschen zusätzlich gespendet hätten, um den Bären am Leben zu erhalten.
Deutschland hätte nach so langer Zeit endlich wieder einen freilebenden Bären gehabt. Doch zu Gast bei Freunden gilt nicht für Tiere, denn die sogenannten Gäste sollen ja Geld da lassen, welches ein Bär nun einmal nicht hat. Er verursacht Kosten, und da sind wir wieder bei unserem Problem. Dabei hätte man das geschickt gemacht auch wirtschaftlich ausnutzen können, doch zu spät.
Dennoch ist dieses Problem gelöst, und Profit abwerfen wird er nun allemal. Sobald er „erforscht“ und ausgestopft ist, wird man ihn gegen einen Obolus bewundern können, mit einer gewiss einträglich formulierten Geschichte dazu.
Und selbst die fadenscheinige Ausrede, was gewesen wäre, hätte er jemanden angefallen und verletzt oder gar getötet zieht (wenigstens bei mir) nicht. Es ist ein wildes Tier, natürlich, aber auch ein scheues dazu, das sich in erster Linie zurückzieht, wie man bei der Jagd auf ihn erlebt hat und auch von Menschen bestätigt bekam, welche das Glück hatten, ihn lebend zu sehen. In einigen Ländern leben noch Bären, und Meldungen über Angriffe sind äußerst selten, und hier handelte es sich gerade mal um einen einzigen. Wie wird das denn in diesen Ländern gehandhabt oder damit umgegangen? Dort kommen auch noch Wölfe oder je nach Region andere Wildtiere hinzu.
Entschuldigung! Aber täglich sterben Menschen durch Unfälle, Leichtsinn oder menschliche Gewalt. Das alles kann man hinnehmen, aber einen Bären?
Mich würde interessieren, wie viele Menschen jährlich durch solche Tiere verletzt oder getötet werden, und dann oftmals noch durch eigenen Leichtsinn provoziert. Und nun setzen wir einmal in Relation, wie viele wilde Tiere jährlich durch Menschen sterben müssen, aus zusätzlich den zweifelhaftesten Gründen.
Und nun stelle ich eine bewusst provokante Frage: Warum tötet das Tier, und warum der Mensch?
Ach ja, ich vergaß, ein Menschenleben ist ja ungleich wertvoller als das eines um so viel selteneren, fast ausgerotteten Tieres (ist es das wirklich?), also alles wieder nur eine Frage des Profits.


Anmerkung von Triton:

Genre und Thema habe ich bewußt sarkastisch gewählt.

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Kommentare zu diesem Text

enomis (45)
(15.07.06)
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 Triton meinte dazu am 18.07.06:
Es bleibt dabei, letzten Endes wird alles an der Wirtschaftlichkeit gemessen, wenn dabei Spaß und Begeisterung entstehen ist es ein schöner Nebeneffekt.
Wenn wir Bären sehen wollen, dann Im Zoo oder im Ausland, wer es sich leisten kann. Ansonsten bleiben uns die Teddybären.
Danke und GLG, Triton

 DariusTech (15.07.06)
Ein Witz daran ist auch noch, Bärenmarke sah es als Werbegag und wollte alle durch den Bären getöteten Tiere ersetzen. Ich meine zumindest Bärenmarke... so am Rande. Über die polnische Grenze kommen die ersten Wolfsrudel, und werden gleich abgeschossen, nicht von Bauern, wo ich es noch irgendwie nachvollziehen könnte, einen Stall für seine Tiere können sie sich sicherlich in diesen Zeiten nicht mehr leisten... Nein, von Jägern, weil, wenn wir wieder eine Raubtierpopulation hätten, reguliert sich der Tierbestand von allein, und die Jäger werden um ihren "SPASS" gebracht. Schlägt doch irgendwie ins gleiche (Jagd-)horn, oder??? Ich war in Österreich als sie Bruno erwischt haben, und hab das nicht so genau mitbekommen... Unsere Hühner hatten damals im Sauerland einen gemauerten Stalll, da hätten zehn Brunos drumherum schleichen können... Also wenn ich wüsste, dass da ein Bär oder Wolf in der Nähe rumläuft, würde ich meine Schafe auch nicht nachts alleine auf der Weide lassen. Aber ich bin ja auch kein Schafwirt... Was soll ich dazu sonst noch sagen? "Problembär" ist jedenfalls ein guter Vorschlag als Unwort.
lg Darius

 Triton antwortete darauf am 18.07.06:
Gibt noch mehr Beispiele: Hier in Bayern schießt man Kormorane ab, weil sie von den Anglern als Konkurrenz gesehen werden. Frösche müssen aus Teichen verschwinden, weil es als Ruhestörung gesehen wird, etc. etc. etc. ...
Dem Mensch gehört alles. Sein Wohlbefinden über allem anderen, auch über der Natur. Die Natur war aber zuerst da !! (Und sie hat uns hervorgebracht, wenn das mal kein Fehler war).
LG, Triton
(Antwort korrigiert am 18.07.2006)

 DariusTech schrieb daraufhin am 19.07.06:
Och, die paar Millionen Jahre... werd mal nicht kleinlich....

(für den Leser der es nicht schnallt: SARKASMUS)

 Oggy (15.11.18)
"Problembär" habe ich noch aus einer Stoiber-Rede in Erinnerung.
Auf Wikipedia kann man dann erfahren, daß in dieser Rede weiterhin zwischen "Normalbären" und "Schadbären" unterschieden wurde.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Problembär

LG,
Oggy
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