Hoffnungslos

Kurzgeschichte zum Thema Hoffnung/Hoffnungslosigkeit

von  Rebekka

Die Tür schwang leise auf.
Der Raum war dunkel, nur das Feuer im Kamin glühte noch ein wenig.
Im großen Ohrensessel lag schnarchend eine Gestalt.
Die Frau ging langsam auf sie zu. Als die Gestalt ein leises Schnaufen von sich gab, erstarrte sie.
Langsam hob sie den Arm, bis er gestreckt auf die Gestalt zeigte. Er zitterte nicht.
Sie betrachtete die Gestalt. Ihre Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Ein fast friedliches Bild. Wenn sie es nicht besser wissen würde. Sie wusste, was für ein Monster da saß.
Nun würde es zu Ende sein. Sie würde dem ganzen Elend ein Ende machen.
Plötzlich regte sich die Gestalt. Sie schlug die Augen auf und ihr Blick viel auf die Frau, und auf die Pistole, die auf sie gerichtet war.
Einen Moment lang sah man Erstaunen und vielleicht sogar Anerkennung auf dem Gesicht aufblitzen, doch in sekundenschnelle war dies durch ein emotionsloses Lächeln ersetzt.
„Willkommen“
„Tu nicht so“, die Frau fauchte lautlos, „es ist vorbei“
„Chérie“, die Gestalt lächelte, „du irrst dich, Chérie.“
„Halt den Mund! Hör auf. Du verstehst nicht, oder? Aber das ist egal. Ich habe mich entschieden. Ich lasse mir das nicht mehr gefallen. Ich tu’s!“
Die Frau hatte sich in Rage geredet. Ihre zuvor ruhige Hand zitterte nun. Der Lauf der Pistole bewegte sich auf und ab, richtete sich abwechselnd auf das Gesicht und die Brust der Gestalt im Ohrensessel.
„Chérie“, flüsterte diese nun, „du machst dich unglücklich. Du verstehst nicht.“
Es lag ein leichtes Bedauern in der Stimme, und für einen kurzen Moment hatte die Frau den Eindruck, als sähe sie Mitleid in den Augen aufblitzen.
Doch da hatte sich geirrt. Musste sich geirrt haben. Dieses Wesen war nicht in der Lage Mitleid zu empfinden. Es war grausam. Und es war an der Zeit die Welt von ihm zu erlösen.
Sich selbst von ihm zu erlösen.
Ihre Hand war wieder ruhig.
Die Gestalt saß in dem Ohrensessel und hatte die Augen geschlossen. Sie öffnete sie langsam, sah die Frau an.
„Du weißt nicht, was du tust. Tu’s nicht, chérie.“
Da drückte die Frau ab.
Einmal.
Zweimal.
Zwei Schüsse durchbrachen die Stille.
Zwei Kugeln durchdrangen die Luft.
Sie trafen die Gestalt genau im Herz.
Sie sah das Blut an sich herunter rinnen, hob noch ein letztes Mal den Kopf und sah die Frau an.
„Chérie, du bist ja so ein Dummerchen.“
Und in dem Moment als ihr Kopf zurückfiel fiel auch die Frau auf den Boden.
Und in dem Moment als ihr letzter Atemhauch verflog, verflog auch der der Frau.
Und so starb die Frau, die so töricht war, die Hoffnung umzubringen.


Anmerkung von Rebekka:

Inspieriert wurde ich durch Butterblumes Text "Brief an die Hoffnung (eine Morddrohung?)" siehe:  http://www.keinverlag.de/texte.php?text=158820

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Kommentare zu diesem Text


 Butterblume (13.01.08)
Wow ... gefällt mir richtig gut! Kann ich mir so gut vorstellen ... Vor allem das Ende ... gut gelungen!
Fühle mich geehrt als Inspiration gedient zu haben
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