Abfahrt

Alltagsgedicht zum Thema Ruhe/ ruhelos

von  Erebus

Schritte kerben in die Stille Takte.
Kleine Gruppen stehen stumm herum.
Gänge, kachelkalt mit Flecken, nackte
Kotze in den Ecken und Gesumm.

Stahlbeton vibriert vernarbt an Decken.
Worte über Treppen, unverständlich
weht ein Rauschen, Rauschen von den Strecken.
Leere Kästen, Gesten, Mienen. Endlich

Stopp: mit kleinen kurzen müden Schüben.
Zischen. Blicke tasten sich nach vorne,
Stufen klappern. Rufen hüben-drüben
drängeln, setzen, Ruhe. Und verlorne

Takte klackern in Gesprächefetzen.
Schaukeln wie Gepäck in Netzen, spinnen,
aus dem Fenster sinnen, nicht mehr hetzen.
Augen schließen, atmen, neu beginnen.

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Kommentare zu diesem Text


 Isaban (21.02.08)
Für mich das stimmige Bild eines U-Bahnhofs, einer Heimfahrt nach einem stressigen Arbeitstag, vielleicht sogar an einem Freitag, nach einer anstrengenden Woche - am Ende der Moment, an dem man die Arbeitswelt, die Anspannung und den Druck, die sie bedeutet, abstreift und in das andere Leben, das Privatleben schlüpft, sich innerlich auf den besten Teil des Tages oder der Woche vorbereitet. Die Stimmung ist gut eingefangen.

Es lässt sich an manchen Stellen schwierig lesen, nicht weil die Metrik nicht stimmen würde, sondern weil man den Sinn zu sehr fischen muss. Trifft vielleicht auch nur für mich zu. Nur um Beispiele zu nennen: "mit Flecken", "nackte Kotze".

An manchen Stellen hätte ich mir die Interpunktion anders gewünscht. Beispiel:

Stahlbeton vibriert vernarbt an Decken,
Worte über Treppen, unverständlich
weht ein Rauschen. Rauschen von den Strecken,
Leere Kästen, Gesten, Mienen.


Aber auch das ist wohl Ansichts- und Interpretationssache.

Es gefällt mir, dein Gedicht, auch in seiner Kantigkeit und auch mit dem Hinterfragen müssen, das im Prinzip als Bild für die Versuche des LI stehen könnte, sich zu konzentrieren, aus dieser müden Routine, aus dem Automatiklauf zu reißen.

Liebe Grüße,
Sabine

 Erebus meinte dazu am 22.02.08:
Liebe Sabine,

ja, Sinn-Fischen, dass wünschte ich mir hier nicht, aber wie halte ich den Leser davon ab?
Ich hoffe durch die Entfernung des Kommas vor "mit Flecken" habe ich das gerettet.
Das andere: "nackte" -Zeilenumbruch- "Kotze" soll hinter einander stehen, auch wenn es eine zusammenhängende Formulierung ist.
Es ging mir um die zwei Lidschlag-kurzen Eindrücke eines Vorbeieilenden. Nackt wegen der gekachelten kalten Atmosphäre, das andere, weil es eben auf diesen nackten Kacheln klebt. Ich möchte diese Stelle "nackte Kotze", die nur ein Bild, nicht aber einen Sinn ergeben sollen, eigentlich gar nicht ändern.
Lese/Sprechtempo sind nach meiner Vorstellung ein Stakkato wie das Rattern der Schwellen, unterbrochen vom - Rauschen, Rauschen.
Erst im letzten Vers kehrt Ruhe ein. Deshalb das abgehackte Nebeneinander der Bilder. Und dazu passen diese einfach zu gut - denn den Reim möchte ich ja auch berücksichtigen. Ich weiß das ist mutwillig und bringt Abzugspunkte, auch dass es dem Leser den Text erschwert sehe ich. Ich muss noch drüber nachdenken.

Wegen der Zeichensetzung: da habe ich gründlich erwogen, ob ich sie in Strophe 2 nach Deinen Vorschlägen anpassen soll. Letztlich komme ich aber zu dem Ergebnis, dass sie so, wie sie sind, meiner Intention am besten entspricht. Insbesondere der "Rauschen, Rauschen" - Übergang, der das Vorbeirauschen von Waggons spiegeln soll, würde durch den Punkt verlieren - meine ich.

Ich danke Dir ganz herzlich!
Lieber Gruß
Uli
(Antwort korrigiert am 22.02.2008)
E.ll (23)
(22.02.08)
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 Erebus antwortete darauf am 23.02.08:
Hallo E.II
... das freut mich!
LG
Uli
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