deine Worte haben mich noch immer nicht erreicht - wohl weil sie ihren Weg auf das Papier noch nicht gefunden haben. Ich wasche mir gerade ein paar Kubikzentimeter Erde von den Fingern - wundere Dich also bitte nicht über die dunklen Fingerspuren am Rande.
Dieser Brief trägt Trauer. Einmal mehr nicht weil Du in der Ferne weilst und schweigst. Einmal mehr nicht wegen der schlaflosen Stunden zwischen drei und fünf, in denen ich dem Morgen zuschaue wie er sich selbst gebirt. Einmal mehr erzähle ich Dir einen Blick aus fremden Augen.
Augen, die die Welt gesehen haben, ungezählte Leben lang - und eins mehr. Einmal mehr erzähle ich Dir von dem Blick, der nun gebrochen ist, den Augen, die hinter dem Horizont lächeln.
Ich sammle Wollknäule zusammen und schaue den Feldmäusen an der Terrassentür beim Teetrinken zu. Ich lausche der Stille.
Es gibt nichts mehr zu sagen wenn das Schweigen einbricht, wenn der Atem erlischt, wenn man plötzlich den Herzschlag unter den Händen vermissen muss.
Es ist ein bischen wie Sterben, jeder Abschied, nur schlimmer, es ist wie Steine in einen See werfen, die keine Kreise werfen. Es ist ungewollte Reglosigkeit im Herzen, weil es stillsteht.
Es bleibt keine Sinn im Weinen, während die Sterne aus dem Himmel fallen.
Es bleibt ein Stein auf einem Grab, einem unbenannten.
Es bleiben keine Fragen, nur Spuren von warmer lebendiger Erde an meinen Händen.
Wie ich mich nicht reinwaschen kann von meiner Sehnsucht nach Deiner Umarmung in diesem Moment, wäscht auch die Erinnerung sich nicht hinfort.
Ich entzünde ein Feuer und verbrenne alte Photos, atme den Rauch wie einen lange vermissten Geruch und lege die Liebe ab, rechts neben meiner Lunge.
So schütze ich Dein Herz vor dem Schmerz, während Du die Welt erforscht.
Anbei der Kompass deines Großvaters, er lag unter der alten Kommode im Flur. Möge er Dich in ein anderes Leben führen.
Vielleicht ein neuntes.
Ich verbleibe betroffen
Die Deine
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Kommentare zu diesem Text
ungesagt (34)
(04.06.08)
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