Ich werde sie Heuchler und Verlorene schimpfen mich zu ihnen legen und die Decke des Schmerzes über uns zuziehen.

Experimenteller Text zum Thema Schmerz

von  Seelensprache

Ich denke oft darüber nach, wie es wohl wäre, den Menschen direkt ins Gesicht zu sagen, dass sie mich mal sonstwo können. Ich würde gerne aus der Wohnung gehen und jemandem sagen, dass er ein Arschloch ist. Dem nächsten würde ich gerne ins Gesicht spucken und einem anderen das Gesicht in Stücke reißen. Ich würde den Hässlichen sagen, dass sie hässlich sind. Ich würde jedes Detail ihrer Hässlichkeit finden und es ihnen ins Gesicht schreien, solange bis ihre Augen gefüllt sind mit weinerlichem Hass, der die ganze Welt ertränkt. Ich würde gerne alten Menschen den Gehwagen klauen und sie vor große Lastwagen schuppsen. Ich möchte lachen, wenn ich sie verunsichert und weinerlich und blutig an den Kühlhauben kleben sehe, wie Figuren, die ein Bonzenmädchen auf das verdreckte Aluminiumgehäuse gemalt hat. Ich möchte an Schaufensterscheiben und in Warenregale pissen, solange bis reißende Flüsse aus ihrer drögen Sinnlosigkeiten entspringen, grauverschmierte Häfen daran bauen und zuschauen wie brotlose Fischer öliges Elend fischen.
Ich möchte mit meinem Arm duch die Regalstraßen der Fabriken ziehen und Inhalte wie Zigarettenstummel auf dem Boden ausdrücken und aschfarbne Kunst zurücklassen.
Ich möchte an grünen Ampeln auf stehende Autos springen und wie auf einem Trampolin auf ihnen hüpfen, mit einem Grinsen, das sich über die gesamte Stadt von Laterne zu Laterne hangelt, bis der Hagel sie wie blecherne Coladosen in den Aspahlt gestampft hat. Ich werde große Smilies an die Scheibe malen, an der sich ihr Hass in das Glas gebrannt hat und ich werde singen im immergleichen Takt der Scheibenwischer und wie Indianer um ein Lagerfeuer tanzen.
Ich möchte Bücher in Brand stecken und mit ihnen Sehnsüchte, die sich darin verbergen und ich werde den Qualm wie verschütteten Amarula durch Stromhalme in meine Nasenlöcher ziehen und ihr Wissen wird ewig sein in mir und durch mich.
Ich werde Steine gegen Neonröhren werfen und ihre Farbe trinken. Aus ihren Splittern werde ich neue Welten bauen und mit ihren scharfen Kanten das Blut aus der Vergangenheit saugen bis ein letzter Atemzug verblasst. Ich werde ein Bad darin nehmen und mich zerstören und lachen und das Blut zwischen meinen Zähnen auf die alten Gerippe spucken, die schon lange tot waren und doch noch zucken, als wüssten sie es noch nicht.
Ich werde sie Heuchler und Verlorene schimpfen mich zu ihnen legen und die Decke des Schmerzes über uns zuziehen.

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PerpetuumMobile (22)
(27.10.08)
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