Das Lila Manila - Ein Bilderbuch ohne Bilder

Kurzgeschichte zum Thema Familie

von  Mutter

Es gab einmal ein Mädchen, das hieß Lila. So wie die Farbe Lila.
Aber die meisten Menschen nannten die kleine Lila immer nur ‚Lila Manila’. Wenn Lila wissen wollte, wieso sie Lila Manila genannt wurde, zuckten alle immer nur mit den Schultern.
Keiner wusste die Antwort.

Aber so leicht gab Lila Manila nicht auf. Sie fragte jeden, den sie kannte: die Geschwister, die Eltern, die Großeltern, Onkel und Tanten, Neffen und Kusinen und den Großonkel, ja sogar den Postboten. Aber keiner wusste die Antwort.

Also fragte Lila noch mehr Menschen: Die Freunde der Geschwister, die Freunde der Eltern und der Großeltern, die der Onkels und Tanten, die Freunde der Neffen und Kusinen und den Freund vom Großonkel. Sogar den Freund vom Postboten, den alten Karl, fragte sie.
Aber keiner wusste die Antwort.

Es war nicht so, dass Lila Manila ihren Namen nicht mochte – den hatte sie schon sehr gern, und sie fand, er hatte einen netten Klang. Sie hätte nur gern gewusst, was er bedeutet, oder wo er herkam. Es ist nämlich gut, sich mit dem eigenen Namen auszukennen!
Aber keiner wusste die Antwort auf ihre Frage.

Also beschloss Lila, noch mehr Menschen zu fragen. Menschen, die sie noch nicht kannte, und die vor allem sie noch nicht kannten. Vielleicht wusste einer von ihnen die Antwort.

So fragte sie einen Gewürzhändler nach ihrem Namen – denn Gewürzhändler handeln mit Waren aus aller Herren Länder, und sie kennen sich gut aus in der Welt.
„Weißt Du, wieso ich Lila Manila genannt werde? Oder vielleicht, was ein Manila ist?“
Der  Gewürzhändler überlegte einen langen Augenblick und schüttelte dann bedauernd den Kopf.
„Nein, dass weiß ich leider nicht, und einen Manila kenne ich auch nicht. Aber ich mache Dir einen Vorschlag. Ich kann Dich ‚Lilla Vanilla’ nennen, und dann kann ich Dir erklären, wo der Name herkommt.“
Jetzt überlegte Lila Manila einen langen Augenblick, und schüttelte dann den Kopf. Lila Manila gefiel ihr doch besser als Lilla Vanilla, und immerhin war es ihr eigener Name.
Sie sagte: „Na gut, dann muss ich wohl woanders suchen gehen.“
Lila Manila verabschiedete sich vom Gewürzhändler und machte sich wieder auf den Weg.

Wenig später traf sie einen Arzt, und sie beschloß, den ebenfalls nach ihrem Namen zu fragen. Ärzte musste lange studieren für ihren Beruf, und viele Dinge lernen, die anderen Menschen unwichtig erschienen. Vielleicht hatte dieser Arzt in seinem Büchern gelernt, warum die kleine Lila den Namen Lila Manila trug.

„Weißt Du, wieso ich Lila Manila genannt werde? Oder vielleicht, was ein Manila ist?“
Der  Arzt überlegte einen langen Augenblick und schüttelte dann bedauernd den Kopf.
„Nein, dass weiß ich leider nicht, und einen Manila kenne ich auch nicht. Aber ich mache Dir einen Vorschlag. Ich kann Dich ‚Lina Angina’ nennen, und dann kann ich Dir erklären, wo der Name herkommt.“
Jetzt überlegte Lila Manila einen langen Augenblick, und schüttelte dann den Kopf. Lila Manila gefiel ihr doch besser als Lina Angina, und immerhin war es ihr eigener Name.
Sie sagte: „Na gut, dann muss ich wohl woanders suchen gehen.“
Lila Manila verabschiedete sich vom Arzt und machte sich wieder auf den Weg.

Kurze Zeit später traf sie auf einen Landstreicher. Im Allgemeinen sind Landstreicher keine besonders gebildeten Menschen, aber sie kommen viel herum in der Welt und kennen sich gut in ihr aus, weil sie dauernd in ihr leben. Also beschloss Lila Manila, ihn nach ihrem Namen zu fragen.

„Weißt Du, wieso ich Lila Manila genannt werde? Oder vielleicht, was ein Manila ist?“
Der  Landstreicher überlegte einen langen Augenblick und schüttelte dann bedauernd den Kopf.
„Nein, dass weiß ich leider nicht, und einen Manila kenne ich auch nicht. Aber ich mache Dir einen Vorschlag. Ich kann Dich ‚Lila Tequila’ nennen, und dann kann ich Dir erklären, wo der Name herkommt.“
Jetzt überlegte Lila Manila einen langen Augenblick, und schüttelte dann den Kopf. Lila Tequila gefiel ihr doch besser als Lilla Vanilla oder Lina Angina, und immerhin war der erste Teil ihr eigener Name, aber am Besten gefiel ihr immer noch Lila Manila.
Sie sagte: „Na gut, dann muss ich wohl woanders suchen gehen.“
Lila Manila verabschiedete sich vom Landstreicher und machte sich wieder auf den Weg.

Dann begegnete ihr ein Erdkundelehrer, und obwohl sie keine große Hoffnung mehr hatte, dass noch jemand die Antwort auf ihre Frage wusste, beschloss sie, auch ihn nach ihrem Namen zu fragen.
Ein letztes Mal, dann würde sie nach Hause gehen und die Suche aufgeben.

„Weißt Du vielleicht, wieso ich Lila Manila genannt werde? Oder vielleicht, was ein Manila ist?“
Der Erdkundelehrer sah sie einen langen Augenblick über den Rand seiner viel zu kleinen Brille an und schien zu überlegen. Dann verzog sich sein Gesicht zu einem Lächeln und er sagte: „Ja, ich kann Dir wohl sagen, was ein Manila ist.“

Mit leuchtenden Augen und ganz gespannt sah Lila Manila zu, wie der Erdkundelehrer einen langen Stab ergriff und auf eine alte vergilbte Karte hinter sich an der Wand zeigte.
„Siehst Du hier, dass sind die Philippinen, eine Land ganz weit weg. Und die Hauptstadt der Philippinen, das ist Manila. Die Menschen dort sehen ganz anders aus als wir.“

Lila war inzwischen an einen Spiegel getreten und schaute aufmerksam hinein. Sie betrachtete ihr Gesicht und knetete forschend darin herum.
‚Sehe ich aus wie ein Philippinese? Heiße ich deswegen Lila Manila?“
Der Erdkundelehrer lachte und schüttelte dann den Kopf.
„Nein, das kann ich mir kaum vorstellen. Siehst Du das hier?“
Wieder zeigte er auf die Karte, und diesmal konnte Lila erkennen, dass eine große Menge an kleinen Klecksen, die wohl Inseln darstellen sollten, alle in der Farbe Lila eingefärbt waren. Überhaupt war die ganze Karte recht bunt, aber die Phillipinen waren eben – lila!

Die kleine Lila betrachtete die Karte forschend. „Das heißt wohl, dass auch Manila, die Hauptstadt, ganz lila ist, richtig?“
Diesmal nickte der Erdkundelehrer.
„Und weil Manila lila ist – deswegen ist auch Lila Manila!“ stellte die kleine Lila dann befriedigt fest. Dass musste die Antwort sein.

Lila war froh, dass sie nicht Lilla Vanilla, Lina Angina oder Lila Tequila heißen musste, sondern weiterhin Lila Manila sein durfte, und außerdem konnte sie allen Geschwistern, Eltern und Großeltern, den Onkels und Tanten, den Neffen und Kusinen und auch dem Großonkel erzählen, warum sie Lila Manila hieß. Und all deren Freunden konnte sie das ebenfalls erzählen, falls sie fragten.
Und dem Postboten, dem würde sie es als Erstes erzählen.
Lila war sehr zufrieden mit sich und der Welt. Es ist nämlich gut, sich mit dem eigenen Namen auszukennen!


Anmerkung von Mutter:

Das hier ist ein Bilderbuch, dass ich für meine kleinste Tochter Lila geschrieben habe - nur leider kann ich überhaupt nicht zeichnen/malen. Deswegen also ein Bilderbuch ohne Bilder ... Ich träume davon, irgendwann jemanden zu finden, der zeichnen/malen kann, und dann wird aus dem Bilderbuch ohne Bilder vielleicht ein Bilderbuch MIT Bildern. Bis dahin müssen ihr die Worte reichen. ;)

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Kommentare zu diesem Text

steinkreistänzerin (46)
(20.11.08)
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 Mutter meinte dazu am 20.11.08:
Danke und ja - das wäre schön ... :)
LudwigJanssen (54)
(20.11.08)
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 Mutter antwortete darauf am 20.11.08:
Nach Schweden? Schöne Idee - vielleicht gibt's einen dritten Teil (der zweite ist reserviert für Vokulila ... :D).

Zur Diskrepanz zwischen Bildern und Text - entstanden ist sie natürlich auch durch klare Bilder im Kopf, die wären schon schön, und würden den Text auch noch mal entlasten ...

Gruß, M.
Mischu (32) schrieb daraufhin am 22.11.08:
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LudwigJanssen (54) äußerte darauf am 23.11.08:
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 Mutter ergänzte dazu am 23.11.08:
*beiderfrageauchganzinteressiertguck* :)
MatthiasS (48)
(24.11.08)
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 Mutter meinte dazu am 24.11.08:
Das freut mich, vielen Dank ... :)

 mondenkind (26.11.08)
eine schoene kindergeschichte. :) sehr liebevoll erzaehlt. die bilder bracuht es gar nicht. die entstehen von allein beim lesen. :)

 Mutter meinte dazu am 26.11.08:
Pssst, sag' das bloß nicht der Mischu ... ;)

Vielen Dank Dir.
Steinwolke (65) meinte dazu am 08.12.08:
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 Mutter meinte dazu am 08.12.08:
Ach die Gretel Trompetel - ja, ich erinnere mich ... :)

Danke schön.
Frank_Taylor (34) meinte dazu am 08.04.09:
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 Mutter meinte dazu am 08.04.09:
Fein, danke schön ... :)
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