Er wollte, dass Pachelbel zu unserer Hochzeit gespielt wurde. Ich hatte gelächelt und genickt und seine Eltern hatten zufrieden ausgesehen.
Adrian hatte mir den schönsten Antrag gemacht, mit einer Tonne Rosen und mindestens genauso vielen Kerzen, mit herzerweichendem Blick und treuster Stimme.
Als er so vor mir gekniet hatte, wie ein Prinz und mir fast flehend diesen sündhaft teuren Ring unter die Nase gehalten hatte, war es wohl mehr Reflex durch Vereinbarung gewesen, als der tatsächliche Wille, zu bejahen.
Es hatte ja schon so lange festgestanden, Adrian und ich. Zusammen seit Jahren, selten gestritten, stets versöhnt. Als ob ein Schachspieler seinen Gegner Schach-Matt setzt. Aufgrund des letzten Zuges des Spielpartners.
Oder des letzten Fehlers.
Eine logische Folge auf dessen Taten, ein vorprogrammierter Verlauf.
Es ist doch alles so einfach gewesen.
Nur für Wochen später hatten sie den Termin für unsere Hochzeit angesetzt und alles ging so schnell.
Das Kleid war sofort gefunden, ausgesucht von Sam, der mir in dieser Zeit und schon Jahre davor immer zur Seite gestanden hatte. Der, auf den ich immer zählen konnte und sogar jetzt, als der Moment gekommen war, der Punkt dieser allzu bedrängenden Absolution, war er da, um mich zum Altar zu führen.
„Ich kann nicht“, hatte ich gesagt und mich in seinen teuren Anzug gekrallt und Sam hatte meine Hand sanft gelöst, sie festgehalten und leise gelächelt.
„Keine Angst. Du weißt, ich bin immer bei dir. Komm… Sie alle zählen auf dich.“
Er hatte gezwinkert, so wie früher immer und in meinem Kopf waren Bilder aus staubigen Kindheitserinnerungen aus den Tiefen meines Kopfes emporgestiegen.
Er hatte mir seinen Arm angeboten, so selbstverständlich und zuversichtlich und ich…
Ich hatte mich eingehakt und war ihm gefolgt.
Es hätte in Ordnung sein können, so irgendwie, hätte ich nicht nachgedacht. Meinen Kopf mit all den hübschen Bilderrahmen und Schwarz-weiß-Schüssen lahmgelegt. Vielleicht wäre es dann gegangen.
Wir waren am Altar angekommen und mit einem letzten ermutigenden Blick hatte er sich meinem Arm entzogen.
„Warte!“, hatte ich rufen wollen.“
„Warte, wo willst du hin?“
Doch meine Worte waren auf halber Strecke erstorben.
Achja.
Ich hatte mich wieder Adrian zugedreht, so erwartungsvoll und vorfreudig hatte er ausgesehen. Eine solche Euphorie hatte ich selten erlebt.
Nie werde ich das Funkeln vergessen, als ich „Ja… Ich will“ sagte und niemals werde ich Sams Schlucken vergessen, als mich diese drei Worte zu etwas völlig Fremden machten.
Als ich bemerkt hatte, dass ich nichtmehr sein Mädchen war.
Als Adrian sein „Ja, ich will“ herauslächelte, war ich in Tränen ausgebrochen. In bitteren Fluten gebettet wäre ich fast zusammengesackt, und während die Konturen verschwammen, hatte ich trotzdem Sams besorgten Blick gesehen, der sich in meinen gebohrt hatte und wie er einen Schritt nach vorne geschnellt war, um mich so aufzufangen, wie ich es jederzeit wieder von ihm hätte erwarten können.
Doch dann war er erstarrt, hatte diesen Schritt wieder zurückgetan, als er merkte, dass Adrian mich schon im Arm gehalten hatte.
Und nun sitzen wir hier, seine Eltern uns gegenüber und wie er lächelt. Das Fotoalbum liegt auf seinem Schoß und er gießt mir noch etwas von dem Champagner ein. Er prickelt im Glas vor sich hin.
„Sie war so gerührt, sie hat geweint.“, schließt er glücklich seinen Bericht.
Und ich?
Ich schweige, lächle mein Lächeln, das ich schon so oft geübt habe und lasse ihm seine Lüge.
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Kommentare zu diesem Text
Struckii (18)
(09.11.10)
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Nemoria (19) meinte dazu am 10.11.10:
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