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Schlachtfest

Gedanke zum Thema Schein und Sein

von  Soshura

Es war einmal ein Bauer, der hatte drei Schweine, ein Rotes, ein Grünes und ein Schwarzes. Die Drei waren unzertrennlich und wenn ein Wanderer an ihrem Stall vorüberging, so war es immer eine Augenweide, wie sie friedlich ihre Schnauzen in den Futtertrog vergruben. Eines Tages beschloss der Bauer, eines der Schweine für seine Geburtstagsfeier zu schlachten.

Als er mit dem gewetzten Messer in den Stall trat, erhob das rote Schwein sein Stimme: "Bauer, schlachte nicht mich. Ich bin ein Waisenkind und habe nie im Leben die mütterliche Fürsorge erhalten, wie meine anderen beiden Mitbewohner." Mit großem Erstaunen vernahm der Bauer die Worte, erschien es ihm doch unheimlich, dass Schweine außer Grunzen und Fressen auch sprechen könnten. Doch nicht genug, nun sprach auch das schwarze Schwein deutlich vernehmbar: "Bauer schlachte mich nicht. Zeitlebens hatte ich Pech und war immer das Schwarze unter uns drei Schweinen. Die anderen sind mit Farben gesegnet. Hebe mich lieber für deine Trauerfeier auf."

Der Bauer drehte sich zum schwarzen Schwein um und betrachtete es ungläubig. Noch immer konnte er nicht glauben, was seine Ohren ihm vermittelten. Während das rote Schwein schwerfällig hinter den Bauern trottete, sprach plötzlich auch das grüne Schwein: "Bauer, schau mich an! Könntest du wirklich mich, der ich das natürlichste unter deinen Schweinen bin guten Gewissens schlachten? Was würden wohl deine Gäste sagen, wenn ich innerlich genauso gallegrün aussehe, wie außen?"

Noch während der Bauer über die Worte grübelte, biss ihn das rote Schwein in die rechte Wade. Der Bauer schrie und wankte. Da kam das schwarze Schwein auf ihn zugerannt und stieß ihn wuchtig in den Trog hinein. Bevor sich die Augen des Bauern für immer schliessen sollten, sah er noch die triefende Zunge des grünen Schweins, wie es sich lustvoll mit seiner gefrässigen Schnauze über ihn beugte.

Am nächsten Morgen ging wiederum ein Wanderer am Stall vorüber und lächelte, als er sah, wie drei Schweine friedlich schmatzend Ihre Schnauzen im Futtertrog vergruben. Ein Rotes, ein Grünes und ein Schwarzes.

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Kommentare zu diesem Text


 Lala (04.05.10)
Hallo Soshura,

für politische Farblehrenübersetzungen ist es mir zu wenig bunt und daher bin ich froh, dass ich nur abgepackte Wurst mit Bärchenfresse esse. Da bin ich ganz Schwein und schmatze wie die Schweine oder lächele wie der Wandersmann. Kurzum: nicht böse genug, nicht pointiert genug um mich an diesem Trog sättigen zu konnen.

Grunz oder Grüß Gott

Lala
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