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Text
von RainerMScholz
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"Schmeiß doch 'mal den Koffer 'rüber."
"Mach's doch selber, Ralf."
"Ich hab´ nur Hartschalen, da geht der Griff nicht ab."
"Wirf ihn auf den Asphalt", ruft Roger, "ich fahr mit der Ameise drüber."
"Los."
Roger macht einen Schwenk auf der gelben, einsitzigen Zugmaschine, die aus unerfindlichen Gründen Ameise heißt, und fährt, einen Leerwagen angekoppelt, über den Hartschalenkoffer aus dem Container der Thai-Maschine, doch er schleift ihn bloß ein paar Meter mit. Kein Kratzer ist am Koffer zu sehen.
"Scheiße, es geht nicht."
"Häng den Wagen ab und nimm mehr Anlauf."
"Nein, du musst ihn unter die Förderbänder legen und den Nothalt umgehen."
"Wie soll ich denn den scheiß Nothalt umgehen?"
"Oh Roger."
Er springt von der Ameise, nimmt eine Hebelstange aus dem Fach für die Techniker und fängt an den blauen Koffer zu bearbeiten, dass er Sätze auf dem Fahrweg macht. Die zwei Meter lange Eisenstange schlägt Funken auf dem Beton, wenn er den Koffer verfehlt, doch die solide Plastikummantelung hält. Es riecht jedoch durchdringend nach Eau de Toilette oder Rasierwasser oder einem anderen Duftzeug, ansonsten zeigt das Gehaue keine Wirkung.
"Geh weg, Roger, du Idiot."
Ralf nimmt ihm die Hebelstange weg und hebelt damit fachgerecht den Griff ab, schlägt die Rollen am Kofferboden weg und schmeißt das verstümmelte Ding auf`s Band für die Ausgabe.
"Na also."
"Ja, selber na also, du Klugscheißer."
Die Rollen kullern unter das Förderband zu dem anderen Dreck, den Schleifen, Stricken und sonstigen Kofferarmaturen. Ralf hebt den Griff auf, um ihn zu den anderen im Trophäenschrank zu legen.
Ansgar schlendert heran, die Hände tief in den Hosentaschen verstaut.
"Hey, was macht ihr da? Unten warten die Pagse und ihr macht hier Blödsinn."
"Wir hatten gerade Stau.", und schon knallt Ralf die Klappe des nächsten Gepäckcontainers auf dessen Dach.
Kein Pags, also kein Passagier, würde glauben, was hier geschieht. Jeder denkt doch, gerade sein Gepäck würde mit der allergrößten Sorgfalt behandelt, wenn's geht von den Mitarbeitern auch noch persönlich zum Flugzeug getragen werden. Mit dem sprichwörtlichen Seelenfrieden wäre es vorbei. Der Pags als solcher kann nicht wissen, dass hier alle Zornesadern am Hals haben, und dass die mutwillige Zerstörung gerade der zu behandelten Fracht so eine Art Heimzahlung ist für die Bedingungen, unter denen hier alle gezwungen sind ihr Geld zu verdienen. Für die arrogante Selbstverständlichkeit, mit der jeder Koffer, jeder Sonnenschirm und jedes Fahrrad aufgegeben werden, jede Packung Pampers, jede Strandmatte und die beschissenen kleinen Beauty Cases. Gezwungen zu arbeiten! Natürlich hat man die Wahl. Aber ist nicht ein ungelernter Aushilfsjob so dreckig und unterbezahlt wie der andere? Oder ist es als Putze oder bei McDonald's vielleicht einfacher?
"Schmeiß doch 'mal den Koffer 'rüber."
"Mach's doch selber, Ralf."
"Ich hab´ nur Hartschalen, da geht der Griff nicht ab."
"Wirf ihn auf den Asphalt", ruft Roger, "ich fahr mit der Ameise drüber."
"Los."
Roger macht einen Schwenk auf der gelben, einsitzigen Zugmaschine, die aus unerfindlichen Gründen Ameise heißt, und fährt, einen Leerwagen angekoppelt, über den Hartschalenkoffer aus dem Container der Thai-Maschine, doch er schleift ihn bloß ein paar Meter mit. Kein Kratzer ist am Koffer zu sehen.
"Scheiße, es geht nicht."
"Häng den Wagen ab und nimm mehr Anlauf."
"Nein, du musst ihn unter die Förderbänder legen und den Nothalt umgehen."
"Wie soll ich denn den scheiß Nothalt umgehen?"
"Oh Roger."
Er springt von der Ameise, nimmt eine Hebelstange aus dem Fach für die Techniker und fängt an den blauen Koffer zu bearbeiten, dass er Sätze auf dem Fahrweg macht. Die zwei Meter lange Eisenstange schlägt Funken auf dem Beton, wenn er den Koffer verfehlt, doch die solide Plastikummantelung hält. Es riecht jedoch durchdringend nach Eau de Toilette oder Rasierwasser oder einem anderen Duftzeug, ansonsten zeigt das Gehaue keine Wirkung.
"Geh weg, Roger, du Idiot."
Ralf nimmt ihm die Hebelstange weg und hebelt damit fachgerecht den Griff ab, schlägt die Rollen am Kofferboden weg und schmeißt das verstümmelte Ding auf`s Band für die Ausgabe.
"Na also."
"Ja, selber na also, du Klugscheißer."
Die Rollen kullern unter das Förderband zu dem anderen Dreck, den Schleifen, Stricken und sonstigen Kofferarmaturen. Ralf hebt den Griff auf, um ihn zu den anderen im Trophäenschrank zu legen.
Ansgar schlendert heran, die Hände tief in den Hosentaschen verstaut.
"Hey, was macht ihr da? Unten warten die Pagse und ihr macht hier Blödsinn."
"Wir hatten gerade Stau.", und schon knallt Ralf die Klappe des nächsten Gepäckcontainers auf dessen Dach.
Kein Pags, also kein Passagier, würde glauben, was hier geschieht. Jeder denkt doch, gerade sein Gepäck würde mit der allergrößten Sorgfalt behandelt, wenn's geht von den Mitarbeitern auch noch persönlich zum Flugzeug getragen werden. Mit dem sprichwörtlichen Seelenfrieden wäre es vorbei. Der Pags als solcher kann nicht wissen, dass hier alle Zornesadern am Hals haben, und dass die mutwillige Zerstörung gerade der zu behandelten Fracht so eine Art Heimzahlung ist für die Bedingungen, unter denen hier alle gezwungen sind ihr Geld zu verdienen. Für die arrogante Selbstverständlichkeit, mit der jeder Koffer, jeder Sonnenschirm und jedes Fahrrad aufgegeben werden, jede Packung Pampers, jede Strandmatte und die beschissenen kleinen Beauty Cases. Gezwungen zu arbeiten! Natürlich hat man die Wahl. Aber ist nicht ein ungelernter Aushilfsjob so dreckig und unterbezahlt wie der andere? Oder ist es als Putze oder bei McDonald's vielleicht einfacher?