Du kannst mich nicht hinterher fragen, ob mir das gebumst werden gefällt. Es gibt Leute, Leute, sage ich, die die Empathie nicht gerade erfunden haben. Aber selbst im Angesicht der größten Tragödien kannst du niemanden überzeugen; im Gegenteil, male einen Sündenbock an die Wand, der mit diesen Steinen dann zu Tode geworfen wird. Die Furcht ist ansteckend, die Wut, die Grausamkeit sind infektiös wie Lepra. Wir impfen uns gegenseitig das Fieber, das uns verbrennen wird. Und die Geister der Gewesenen liegen ruhelos unter unseren Betten und stacheln uns eifergelb an.
Sag es nur laut und oft genug, dann wird es schon stimmen. Beim dritten Ruf kommt der Beelzebub wirklich. Wenn ich lange und ausdauernd gegen das gesungen haben werde, was ich hasse, werde ich zu dem, was ich einst verabscheut habe. Der umgekehrte Stiefel läuft nicht so gut, oder an welchem Ort wurde jemals ein Krieg von einem Liebeslied beendet.
Michael! Michael!*
Etwas wohnt in meinem Kopf. Spinnen und Schlangen. Muschis und Schwänze. Kakteenwälder mit zerfetztem Fleisch an den Stacheln. Nasse Missgeburten im roten hautlosen Kleid. Sie wispern von fahler Missgunst und abgründigem Neid.
Wenn mein Vordermann nicht explodiert, ist das der richtige Weg. Der Kampf ist noch lange nicht aus. Und irgendwann gehörst du zu den Feinden, die du jetzt bekriegst.
Eine Erde, auf der wir nicht die Herrscher seien, eine Welt, in der ich dem Tod entgegentreten kann und nicht schmählich erwarten muss, dass er mich von hinten erschleichen mag. Irgendwann.
Eine Welt, in der man endlich wieder aus der Kloschüssel trinken kann ohne Ausschlag zu kriegen.**
*J. L. Curtis, „H20“
** L. Nielsen, „Die nackte Kanone“ (keine Ahnung welcher Teil)
© Rainer M. Scholz