(Nicht nur) Kreuz-und-quer-Stadtansichten

Beschreibung zum Thema Stadt

von  Fuchsiberlin

In der Stadt existiert das Leben dank der Bewegung.
Selbst im Winter erreichen Blütenträume im Aufatmen ihr Ziel.

Rauschsüchtig durchkämmen manche die Strassen. Entweder fängt einer einen Sonnenstrahl vor der Ampel, oder fällt auf Gauklertricks herein.

In der City tänzelt auf einem Seil ein lächelnder Clown, von Hochhaus zu Hochhaus, ohne Netz, dafür mit einem Gebet im Arm. Die Menge unter ihm bangt und kickt mit dem Risiko.

Auf den Schienen der U-Bahn zeigt ein Entfesselungsmagier seine Kunst, Ketten verlieren ihre Angst.

Am Rand der Strasse tanzt ein Ballletstar mit einem Löwen einen Tango,
der Übermut hat Appetit, und das Raubtier wartet hungrig auf den idealen Biss.

Eine Frau namens Botoxdotta wirft sich in kosmetisch designte Schale, und stolziert ins Leben der Masken. Ihr Freund bleibt zu Haus, und schaut sich die Wiederholung einer „Tatort“-Folge aus den Achtzigern an. Dabei mag er lieber Action-Filme, doch das Muskelpumpwerk macht gerade Urlaub.

Eine Rabenmutter flüchtet flügellos zum DJ "Weinbrand", der Vater betritt einen Maskenball am Rand der Stadt als Vampir. Das Kind schreit im Bett, das Laken ist nass, wo bleibt die TV-Nanny?

Am Abend gewinnt die Farbe blau an Bedeutung, in vielen Bars tobt das Bier, und der Wodka beseitigt den Horizont.

Ein 4-jähriges Wunderkind fragt nach einer Torte, die Retorte schweigt, und die Eltern versuchen ihren Sprößling zu Höchstleistungen beim Backe-Backe-Kuchen-Event zu bringen. Das Jugendamt lächelt.

Der sogenannte Mann im Mond bastelt Papierflieger, und hofft auf lebbensmüde Passagiere.

Am Flussufer geankert, hängt der Kapitän des Schiffs „Große Liebe“ Trauerflor an die Segel, die Crew schaut ins Nichts und bewegt sich langsam zum Festland.

An einer Anlegestelle im Süden der Stadt warten die Touristen auf ihr Pauschal,
der Preis ist höher als erwartet. Das drohende Ertrinken im Geldbeuel wartet auf Rettung.

Im Abwasserkanal sucht jemand die Freiheit seines Gewissens und findet nur die
unerwünschte Realität.

Ein Gottesgläubiger hängt sich in der Kirche auf, und jenseits vom toten Seil halten manch päpstliche Gedanken den Lauf der Zeit auf.

Donald Duck raucht eine Zigarette, und wartet auf die Fee in seiner Bank, während er an eine Pistole denkt.

In der Arche Noah versteckt sich ein blinder Passagier, fremde Stimmen besingen den Untergang.

Das Leben stürmt und tötet, und das Tanzen entwickelt eine ureigene Dynamik,
während Graf Vampir nach dem Lebenssaft von Miss Hoffnung giert.

Das Gewand der letzten Miss Konsuma wird auf Ebay vertickt, während Herkules auf der geldwerten Bühne seine Kräfte mit Goldbarren misst.

Die Liebe sucht die Wahrheit in der Lüge, und in der Oase des Verzeihens blüht
auf den Tasten eines Klaviers eine Melodie.

Bewegender Stillstand oder Stille in der Bewegung.


Anmerkung von Fuchsiberlin:

Dies sind nicht nur Stadtansichten...

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Kommentare zu diesem Text

KoKa (43)
(07.12.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin meinte dazu am 08.12.11:
Hey John,

ich weiß, dass ich manchmal ausufernde Texte schreibe, doch in diesem Fall halte ich es für berechtigt, um möglichst viele Facetten eines (Stadt-)Lebens wiederzugeben.

GlG
Jörg

 Songline (07.12.11)
Das ist ein Text wie das Channel-Hoppen während der Fernseh-Werbepause: Man sieht unzählige Bilder, steigt aber in keine Szene ein.
Weniger wäre hier mehr. Was mir gefallen hat ist dies: "Die Liebe sucht die Wahrheit in der Lüge."

 Fuchsiberlin antwortete darauf am 08.12.11:
Hey Songline,

siehe meine Antwort an John.

GlG
Jörg
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