Ooch dit is Berlin, oder: Der Blick eines Berliners auf seine Stadt

Bild zum Thema Stadt

von  Fuchsiberlin

Die Stimmen der waschechten Berliner, Zugezogenen und Touristen erzählen Geschichten über eine Stadt der Extreme.

In der Unterführung zur U-Bahn spielt ein sehr talentierter Musiker auf seinem Keyboard, während ein paar Meter weiter der Geruch von Bratnudeln manch einen einfängt. Andere dagegen hetzen gen Bahnsteig, dabei  kommt doch alle drei Minuten ein Zug an.

Vor dem türkischen Restaurant sitzen zig Nationen gemeinsam an einem Tisch, und philosophieren auch über diese Stadt, die zur ihrer zweiten Heimat wurde.

Im Laden des türkischen Zeitungshändlers lachen Deutsche mit türkischstämmigen Mitbürgern, während in der S-Bahn am Rand der Stadt ein ausländischer Mitbürger Gewalt von Neonazis erleiden muss.

Respekt und Toleranz auf der einen, und Liebe und Hass auf der anderen Seite treffen mitten in dieser Stadt aufeinander.

Berlin, ein Ort ohne Meer, und doch stranden viele am vermeintlichen Rand der Gesellschaft. Z.B. mitten in der City West. Jungen verkaufen sich am Bahnhof Zoo, der Drogenstrich in der Kurfürstenstraße, einige Busstationen vom KaDeWe entfernt, frisst die Verzweiflung und noch vieles mehr. Fern der City, im Görlitzer Park verticken zig Dealer ihr Kokain.

Die Polizei erscheint machtlos, während Sozialarbeiter um das Leben der Gestrandeten kämpfen. Und all die tausenden von Obdachlosen, über die Stadt verteilt, deren Hoffnung schon längst auf dem Asphalt platt getreten wurde.

Am Brandenburger Tor siehst du keinen Müll, in einigen Stadtteilen fernab von den Touristenwegen, leben Menschen im Dreck der Vorurteile, welche sich zu schnell verbreiten. Armut, soziale Brennpunkte, und Menschen im Anders-als-anders-Wirken.

Träume zwängen sich durch Häuserburgen in einen der beiden großen Stadtwälder. Sie will einen Job, er eine Frau, und ein anderer sammelt das Geld von den Betrogenen ein. Im Grunewald findet keine Holzauktion, sondern ein Pflanzen von Wunschträumen statt.

An den vielen Seen und in den vielen Parks Berlins kann ein jeder den Pausenmodus aktivieren, wenigstens für Momente.

Homosexuelle feiern alljährlich friedlich mit hundert tausenden von Heteros den CSD, dennoch erleben sie in der bundesdeutschen Hauptstadt der Schwulen und Lesben eine tagtäglich vorurteilsbehaftete Ablehnung, Homophobie und auch Gewalt.

Unter den Linden und auf dem Kurfürstendamm schlägt keiner Alarm, die Eitelkeit schminkt sich stolz mit glänzenden Allüren, und die bettelnde Armut wird mit der Wahl der 110 vertrieben.

Viele Häuserfassaden in dieser Stadt jammern, so wie manch einer der Bewohner dahinter, still. Die Neonreklame an der Bar „Zum letzten Hirten“ bedeutet das Ende der Visionen. Am schiefen Mast der Gaslaterne klammert sich die Illusion fest.

Pilger kennt diese Stadt nicht, obwohl das Christliche an manchen Plätzen fehlt. Erlöst wird kaum einer, von einem Mord liest du am nächsten Tag in der Zeitung.

In den vielen Gullys ertrinkt manches letzte Wort. Tief genug, um es nie zu hören.

Der Unfaire und der Gerechte sitzen sich vis a vis in einem der vielen Straßencafés gegenüber. Der Bösartige läuft am Friedlichen vorbei. Der Täter begegnet seinem Opfer. Von außen betrachtet erscheint alles harmonisch, doch dann hörst du die Sirenen der Polizei und Feuerwehr aufheulen.

Schon und hässlich, laut und leise, arm und reich, hart und weich, liebevoll und brutal..., diese Stadt trennt noch viel mehr voneinander. Extreme spalten diese Stadt.

Der Regierende Bürgermeister findet diese Stadt arm aber sexy.

Menschen dieser Stadt verdanke ich mein Seelenleben, aber auch meine vielen Narben.

Ich liebe meine Geburts- und Heimatstadt, dennoch kennt meine Liebe Grenzen.

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Kommentare zu diesem Text


 Jorge (13.08.13)
Als Berliner blicke ich natürlich auch gerne auf diese Stadt.
Im Text haben sich einige Flüchtigkeitsfehler eingenistet.
Bei einer schnellen E-Mail würde ich nicht meckern - hier aber ja.*ggg*
Davon abgesehen spürt man als Leser den Puls der Stadt und das Engagement des Schreibers.
LG Jorge

 Fuchsiberlin meinte dazu am 13.08.13:
Hallio Jorge,

ah, dann kannst Du vieles sehr gut verstehen und nachempfinden.

Oh weh, ich vergaß mit meinem Rechtschreibprogramm den Text zu überprüfen. Dies tat ich gerade, und sah die Flüchtigkeitsfehler, die ich mittlerweile korrigierte. Zu recht hast Du da gemeckert*gg*.

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
(Antwort korrigiert am 13.08.2013)

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 13.08.13:
Es fehlen auch ein paar Kommata...

Gerne gelesen, nur dass Berlin das Massengrab vieler Träume und Wünsche ist, ist zwar sicher richtig, aber einmal gesagt reicht!

Ich weiss, dass Absätze machen im Moment sehr "in" ist, aber nach jedem Satz??? Das ist m.E. "too much".

 Fuchsiberlin schrieb daraufhin am 13.08.13:
Hallio Dieter,

bezüglich der Kommata werde ich mir den Text in einem ruhigen Moment anschauen, obwohl ich zugeben muß, dass diese Form der Zeichensetzung nicht zu meinen Stärken gehört.

Bezüglich Deines Einwands, dass ein einmaliges Ausdrücken, dass Berlin ein Massengrab...ist, ausreichend sei, da bin ich anderer Meinung als Du. Ich vertrete die Ansicht, dass spezifisch nicht nur einmal oder in einem Punkt auf Mißstände hingewiesen werden sollte.

Betreffs der Absätze: Ich versuchte diese so zu setzen, dass jeder dieser einen Abschnitt für sich bildet, der auch als Kurztext für sich alleine stehen könnte. Vielleicht gelang mir dies nicht.

Oder es war einfach zu viel des Guten...

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
Pocahontas (54)
(13.08.13)
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 Fuchsiberlin äußerte darauf am 13.08.13:
Liebe Sigrun,

un es esxistieren noch viel mehr Gegensätze in dieser Stadt, doch dies hätte textlich den Rahmen geprengt. Es gibt zum Glück in dieser Stadt ein Miteinander, ein Den-anderen-helfen-und-tolerieren-respektieren-akzeptieren-so-wie-dieser-ist. Da zählt der Mensch!

Leider liegt das Grausame, Traurige, Schmerzvolle nicht weit vom Schönen, Liebevollen und Freudigen entfernt.

Ja, ich lernte diese Stadt von allen Seiten kennen, und verlor Menschen, lernte andere liebevolle kennen, und erlebte auch die grausame Schattenseite...

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
chichi† (80)
(13.08.13)
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 Fuchsiberlin ergänzte dazu am 14.08.13:
Ich danke Dir, Gerda, denn dies war auch mein Ansinnen. Ich danke Dir.

Liebe Grüsse
Jörg
(Antwort korrigiert am 14.08.2013)
Luciernaga (54)
(13.08.13)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 14.08.13:
Ja, liebe Lucie, diese Stadt hat viele Seiten...

Narben in der Seele lassen einen Menschen reifen und sich weiter entwickeln, formen mehr als nur den Charakter...

Ich weeß nicht, vielleicht kennt jede Liebe ihre Grenzen. Das kann sein.

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
Steyk (61)
(13.08.13)
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chichi† (80) meinte dazu am 13.08.13:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Fuchsiberlin meinte dazu am 14.08.13:
Hallio Stefan,

oja, es hätte den Text gesprengt, wenn ich alle Gesichter dieser Stadt hätte versucht aufzuzeigen...Ja, dies geht jedem Berliner so, das denke ich auch, es ist so eine Art Hassliebe...

Das finde ich toll, dass Du den Umzug in einen anderen Ort nich eine Sekunde bereutest. Dann war die Entscheidung mehr als richtig.

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg

 SapphoSonne (13.08.13)
Ich habe damals ein Jahr gebraucht, um mich in Berlin einzuleben, da mir die Stadt unglaublich aggressiv, roh und laut erschien ... vor 10 Jahren bin ich aus ihr fortgezogen und vermisse sie immer noch. Ich kann das alles, was du geschrieben hast gut nachvollziehen, denn ich habe vieles davon selbst erlebt. Berlin - die Stadt der Gegensätze. Sehr lebendig.
LG Sappho

 Fuchsiberlin meinte dazu am 14.08.13:
Hallio Sappho,

ja diese Stadt erscheint einem nicht so,wie Du es anfangs beschreibst, sie ist es auch teilweise. Aber wie gesagt: Berlin hat auch sehr viele schöne Seiten, zum Glück.

Ich danke Dir.

Liebe Grüsse
Jörg

 TassoTuwas (13.08.13)
Eine Stadt am Tropf, das schmerzt.
LG TT

 Fuchsiberlin meinte dazu am 14.08.13:
Ja...., dies tut sie...

Ich danke Dir.

Liebe Grüsse
Jörg
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