Ich bin wie wir sind. Und letztlich bleiben auch nur wir zwei.
Wenn du alles verloren hast, was zu verlieren ist, wenn du nur noch dich selbst verlieren kannst, was bleibt dir zu tun?
Nein – sich selbst fallen lassen ist dann der falsche Weg. Womöglich bleibt einem nur eins: beginnen sich selbst zu lieben. Die wenn-Fragen werden zu viele, ihre Antworten zu unberechenbar. Wenn die großen Worte bedeutungslos werden. Wenn man erkennt, dass sie nur ein menschliches Konstrukt sind. Ohne Substanz. Ohne Sinn. Ohne Wahrheit. So vielen Worten wird eine so hohe Bedeutung zugemessen. Freundschaft. Liebe. Vertrauen. Hoffnung. Sinn. Wahrheit. Sie bilden ein Gewirr heftender, rankender, widerlicher Illusionen, zusammenwachsend zu dem sozialen Gebilde, welches die Menschheit aufrecht halten soll. Das Miteinander möglich macht. Uns Moral lehrt und auch Verständnis. Ebenfalls Konstrukte im menschlichen Dschungel, in dem letztlich das Individuum doch nur ein aufpolierter Orang Utan ist, der mehr zu sein glaubt, als er tatsächlich ist.
Die Menschen, denen du etwas bedeutest und die dir letztlich etwas bedeuten, lassen sich nicht einmal an einer Hand abzählen. Aber das ist nur eine Vermutung. Vielleicht gibt es die Hand nicht einmal. Aber wenn sich mit jedem Tag die Enttäuschungen häufen, was wirst du am Ende tun – bevor du unter ihnen begraben liegst und du auf ein Leben hinab blickst, in dem du Menschen nur noch hassen kannst?
Mein Bio-Lehrer sagte mir einst: der Mensch ist ein biosoziales Wesen. Schon die Evolution hat für uns vorbestimmt, dass wir uns mit unser Art umgeben müssen. Mit ihr interagieren, weil wir es brauchen wie den Sauerstoff in unserem Blut. Es gab in der Geschichte genug abartige Experimente mit Kleinkindern welche bewiesen haben, dass der Mensch ohne soziale Interaktion nicht lebensfähig ist. Nun – zumindest in dem Alter, in dem er auch rein physisch noch auf andere Menschen angewiesen ist, auf Eltern zum Beispiel.
Die negativ behafteten Wortkonstrukte des menschlichen Zusammenlebens sind offenbar eindeutiger. Hass, so heißt es, ist ein starkes Gefühl und selten lügt man, wenn man sagt „ich hasse“. Ebenso schnell kann man sich und anderen auch eingestehen, dass man nicht mehr hasst. Die Liebe hingegen ist ein viel heimtückischeres Wort als der Hass und eine ungleich brutalere Waffe ist sie ebenso.
Wenn eine Person nicht vertrauenswürdig ist, so ist es einfach, seine eigenen Handlungen auf sie einzustellen. Du musst damit rechnen, dass sie dich belügt, betrügt oder ausnutzt. In Acht nehmen muss man sich vor den Menschen, denen man vertraut. Denn du weißt nie, wann sie dich belügen, betrügen oder ausnutzen. Und wenn du es dann merkst – nun, dann wären wir wieder bei den Enttäuschungen, die sich zu einem zu großen Berg türmen, einem Monstrum, welches dich unter sich begraben will.
Vielleicht sollte man sich nur noch mit Leuten umgeben, die man eigentlich gar nicht wirklich kennt. Die gröbste Enttäuschung, auf die man bei ihnen treffen kann, sind falsche Schuhe oder ein mieser Musikgeschmack. Außerdem kann es dir egal sein, wenn sie dich kacke finden.
Aber das menschliche Gehirn ist zu Erstaunlichem fähig. Es allein trägt die Verantwortung über die Persönlichkeit eines Menschen. Er erschafft das Leben, welches sich in der atmenden, fleischigen Hülle durch die Welt bewegt. Und es ist im Stande mehr als nur ein Leben zu erschaffen. Warum nur eine Person pro Körper erwecken? Warum Synapsen so funktionieren, wie sie es tun, weiß ich nicht. Auch das Ergebnis lässt sich selten beeinflussen. Aber wenn du irgendwann so weit bist, dass du nur noch an dich selbst glauben kannst, dann wird es Zeit, dein zweites Selbst anzuerkennen.
Ein großartiger Autor schrieb einmal „Seele ist nicht so mein Wort.“
Ich kann nicht etwas sein, was ich nicht bin.