An Hochhausdächern brechen Welten (Oder: Abschiedsbegegnungen).

Skizze zum Thema Bewusstsein

von  ZornDerFinsternis

Leben besteht aus zwei Komponenten. Schmerz und Fehlern. Begeht man diese Scharade von Anbeginn richtig, so umgeht man den Schmerz. Vermeidet Fehler.
Der Sommer dieses Jahr hat wirklich zu wünschen übrig gelassen. Das Wetter ist mir scheissegal. Ich mag den Sommer sowieso nicht.

„Ich liebe dich. Lass uns heiraten und Kinder haben.“

Während sich die Leere hinter meinen Augäpfeln ausgebreitet hat, ist tiefer drinnen etwas zerbrochen. Nicht das Herz. Oder etwa die Seele. Etwas anderes. Vielleicht war es die Zuversicht. Hoffnung.

Einsamkeit.

Es hat sich bestätigt. Angst siegt immer.

Verlierer.

Verlierer zu sein, hatte ich in all den Jahren immer als Strafe betrachtet. Als Bürde. Mich mit Schnitten und blauen Flecken bestraft. Doch je tiefer ich meinem Schmerz ins Innere folge, umso mehr erschließt sich mir der Fehler im Denken. Ja.

„Ich liebe dich. Noch immer.“

Während meine Welt sich selbst zu Grunde gerichtet hat, stehst du dort. Mit diesem Glanz in den Augen. Von welcher Natur – bedeutungslos. So sehr es mich innerlich zerreißt. Die Klinge liegt an ihrem Platz. Jungfräulich. Lediglich verkrustetes Blut wird daran zu finden sein.

Du stehst erhaben über mir. Triumphierend. Vielleicht.

„Weißt du...“

Schmerz ist Einsamkeit.

„... ich krieche durch die Trümmer einer Welt, die uns gehörte und nun verlassen ist.“
Ich halte den Blick nach Innen gekehrt. Auf den Schmerz fokusiert. Schaue genau zu. Wie er wuchert. Langsam alles in mir zerfrisst. Zum ersten Mal in 21 Jahren, fehlt die Überzeugung. Das Hirn spielt nicht mit, der Körper rebelliert. Keine weitklaffenden Schnitte, die sich über meinen Körper erstrecken. Kein Schmerzbekämpfungskommando.

„Irgendwann. Zerfall.“

Es bleibt bedeutungslos, meinen Schmerz in Schnitten sichtbar für die Welt zu hinterlassen. Der Geist des Menschen ist zu egoistisch und zu primitiv um die Bilder richtig zu deuten. Und ja, irgendwann hört es einfach auf. Das Hoffen. Die Träume. Man lebt lediglich.

„Bis man endlich stirbt.“, das waren vor vielen Jahren deine letzten Worte auf einem mickrigen Stück Papier, das einem vom Blut aufgeweicht, in der Hand zerfiel.

In dem Moment, in dem ich in den Trümmern nach mir suche, kommt Dunkelheit auf mich zu. Greift nach mir. Und doch. Daneben.

Wenn ich meine Augen schließe und bete. Nach all den Jahren. Meinst du, wenn ich sage, er soll mich holen. Meinst du er täte es?

Ich brauche keinen Schmerz mehr, um dem inneren Leiden Stand zu halten. Mich zu befreien. Auszuschalten. Zu erniedrigen. Nein. Viel mehr habe ich begriffen, dass es ein größerer Schmerz ist, den Schmerz nicht zu umgehen. Ihn wachsen zu lassen. Zuzusehen, wie er dich nach und nach vereinnahmt.
Wenn sich dein Hals vor lauter Gedanken zuschnürt und du nicht atmen kannst. Alles lebendige in dir verkrampft. Du dich übergibst. Du dir all den Hass, den man dir im Leben auf den Weg gab, vor Augen führst und einfach da sitzt. Ihn auf dich einschlagen lässt. Ein Glas Whisky nimmst, an deiner Zigarette ziehst und in die Leere vor dir blickst. Dich zwingst zu leiden. Dir keinen Ausweg durch Selbstverletzung schaffst. Dann hast du das nächste Level erreicht.

Du bist weder menschlich, noch tot oder lebendig. Du hast aufgegeben. Aufgehört zu versuchen, Frieden zu finden.

Am Abgrund macht man die größten Schritte. Während du, mein altes Ich, in Scherben immer nur die Erlösung durch Schmerzen sahst, so sehe ich – heute- eine regenbogenartige Schönheit an den Splittern meiner Träume.

Leiden.

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