Kurz vor Karneval wurden Eddi und Klaus-Erich wieder aus dem Gefängnis entlassen, genau zur richtigen Zeit. Endlich konnten sie mal wieder die fünfte Jahreszeit genießen, wie es sich für Rheinländer gehörte.
Obwohl beide schon über 30 waren, hatten sie noch immer ein Faible für Spielzeugrevolver, die auch jetzt zur Karnevalszeit wieder in nahezu jedem Kaufhaus verkauft wurden.
In ihrer Kindheit freuten sie sich jedes Jahr auf Karneval, wenn die Waffen wieder zum Einsatz kamen und sie damit in der Gegend herum knallen konnten. Das war immer das Beste an Karneval.
„Wollen wir uns eine holen?“ fragte Eddi, als sie im Kaufhaus vor einem Ständer mit Spielzeugpistolen standen.
„Ja, den hier nehm´ ich mit“, meinte Klaus-Erich und nahm einen silbernen Revolver. „So einen hatte ich früher auch. Kostet nur sieben Euro.“
„Ich nehm´ diese hier mit“, zeigte Eddi auf eine schwarze Pistole.
„Die sieht ja richtig echt aus“, fand Klaus-Erich. „Ich glaub, so eine nehm´ ich auch noch mit.
Gesagt, getan. Zehn Minuten später verließen beide mit ihren neuen Pistolen das Kaufhaus. Damit es auch richtig Spaß machte, hatten sie natürlich auch die passende „Munition“ dafür gekauft.
„Wollen wir die Leute etwas erschrecken?“, fragte Eddi.
„Du meinst, so zu tun, als wollen wir das Kaufhaus überfallen?“, fragte Klaus-Erich.
„Nee, dann kommen wir ja nachher wieder ins Gefängnis. Wir tun einfach so, als würden wir uns streiten und dann gegenseitig umbringen.“
„Au ja, das klingt gut.“
„Wir tun erst so, als würden wir uns kloppen. Dann rennst du weg von mir, ich drohe dir und hole meine Pistole raus. Dann holst du deine raus und wir tun so, als wenn wir uns beide gegenseitig abknallen.“
„Jau, das machen wir.“
Einige Sekunden darauf gingen beide aufeinander los. Beide täuschten geschickt Schläge und Tritte vor, so dass es für die Passanten, die diese „Auseinandersetzung“ mit bekamen, sehr echt aussah. Einige blieben einige Meter entfernt stehen und sahen zu. Schließlich verpasste Klaus-Erich Eddi einen gespielten heftigen Tritt und rannte wie ein Wahnsinniger davon. Eddi reagierte entsprechend und taumelte zurück. Dann rannte er hinter Klaus-Erich her.
„BLEIB STEHEN!“, rief er und holte seine Pistole heraus. Einige Menschen schrieen vor Schreck auf.
„DU BIST TOT, DU ARSCHLOCH! ICH MACH DICH ALLE!“ Er druckte ab. Laut knallte es. Kein Mensch kam auf die Idee, dass es sich um keine echte Pistole handelte. Ein lautes Gekreische war unter den Passanten zu hören, darunter auch Babygeschreie. Eine Frau fiel vor Schreck um und wurde ohnmächtig. Andere ergriffen aus Panik die Flucht, um nicht von einer Kugel getroffen zu werden.
Klaus-Erich stieß einen Schrei aus und ließ sich gegen eine Mauer fallen, als wäre er tatsächlich von einer Kugel getroffen worden. Mit schmerz-verzerrtem Gesicht, holte er seine Pistole hervor, womit er auf den näher kommenden Eddi zielte und drückte ab.
„Das ist für dich, du Hurensohn“, sprach er mit angestrengter Stimme. Wieder ertönte ein Knall. Eddi zuckte zusammen, ließ seine Pistole fallen und presste seine Hände auf seine Brust, während er langsam in die Knie ging.
„WAFFE FALLEN LASSEN“, ertönte plötzlich eine Stimme. Zwei Polizisten zielten auf Klaus-Erich, der noch immer seine Pistole in der Hand hielt. Und es waren wieder die Polizisten, die sie bei ihrem Einbruch in der Eisdiele erwischt hatten und auch bei ihrer Aktion in der Pizzeria vor Ort gewesen waren. Vor Schreck ließ er sie fallen.
Eddi stand auf. „Das war ein Scherz“, rief er. „Das sind Spielzeugpistolen.“
„Ja“, ergänzte Klaus-Erich. „Es ist doch gar nichts passiert. Hier sehen Sie, keine Wunde.“
„Und hier, ich habe auch nichts“, deutete Eddi ebenfalls auf seine Brust.
„Ach, Sie sind es wieder“, sprach einer der Polizisten. „Wir haben Sie erst gar nicht erkannt. Aber es ist doch echt erstaunlich. Überall, wo es Ärger gibt, geraten wir an Sie beide.“
„Tja, was haben wir denn diesmal gegen Sie in der Hand?“, schaltete der andere Polizist sich ein. „Störung des öffentlichen Friedens, Vortäuschen einer Straftat, Körperverletzung, wenn jemand durch den Schreck körperlichen Schaden genommen hat… Und da Sie ja vorbestraft sind, wissen Sie ja, was auf Sie zukommt…“