Aus und vorbei

Erzählung zum Thema Frauen/ Männer

von  Seelensprache

Es ist dunkel. Ich trete aus einem hell erleuchteten Flur in eine kaffeeschwarze Nacht. Es duftet. Zwischen einem großen Gatter weht dein blondes Haar. Ich bin nervös, zittere. Du schaust davon, irgendwo vorbei an Fensterreihen, die ein wenig Licht hinausstoßen. Ich habe dir etwas zu sagen. Wir gehen nebeneinander her, so als wäre nichts besonderes daran, eben einfach so, so als ginge man zum Bus oder Zigaretten holen. Wir haben uns ein paar Tage - es schien mir eine Ewigkeit - nicht gesehen.
Ich habe von diesem Anderen, diesem Arschloch, diesem Abschaum erfahren. So nennt man doch diejenigen, die einem zuvorkommen, die den Mut haben, die einfach machen. Ich weiß nicht, ob du weißt, dass ich weiß, doch irgendwie wissen wir es doch. Dafür waren die Tage zu sonderbar und wir haben nicht nachgefragt. Es war ok einander zu ignorieren, es war ok nichts zu sagen, nicht nachzufragen. Wir hatten Angst vor einer Antwort, die uns irgendwie vielleicht nicht gefallen könnte, die etwas verändern, etwas wegnehmen würde. Wir mochten doch das, was wir aneinander hatten.
Und dann, als wir dort entlang gehen, und aus einem Lichtkegel in den nächsten treten, als uns die Nacht so beiläufig verschluckt, da sage ich dir etwas. "Ich, ich bin verliebt in dich". Es ist raus, es ist nicht schön, es fühlt sich nicht gut, aber irgendwie richtig an.
Ich erinnere mich an unsere Nähe, diese Nähte, die uns zusammenbanden, in schönen Abendstunden. Wir hätten etwas Hübsches werden können. Doch du hast uns zerschnitten, Stück um Stück auseinandergerissen und nun wärmst du dich an einem andren Arm, an einer andren Brust, verstrickst dich in andre Angelegenheiten und lässt mich liegen, wie einen alten Lappen. Du schaust auf den Boden und da liegen sie, die Fetzen eines sich alles-offen-haltens.
Und dann stehe ich gerade, aufrecht. Es ist etwas, das von Innen kommt, das einem sagt, dass man etwas wert ist. Ich denke nicht mehr in einem Hätte-Wäre-Wenn. Ich denke "Nicht mit mir" und ich denke "Es ist ok". Wir hatten uns nichts
versprochen, es war alles offen, du hast entschieden und ich verblieb. Ich leide nicht, verkleide nichts, spiele nichts vor. Es gibt einen Grund dafür, warum es Menschen aus einer gemeinsamen Vergangenheit nicht auch in eine gemeinsame Zukunft schaffen und ich akzeptiere es.
Ich küsse dich auf deine Stirn und ich sage "Danke". Du hast mir viel gegeben, viel gezeigt von deinem, diesem anderen Leben. Und da weinst du und ich weiß nicht recht, du weinst und es scheint mir echt. Wir halten einander in den
Armen und als ich gehen will, da lässt du nicht. Und ich spüre dies; lass mich nicht allein, will noch bei dir sein. Vielleicht doch, und da ist wieder, einen Moment lang, dies hätte, wäre, wenn. Dann gehst du und schaust nicht zurück. Es ist entschieden. Es ist aus, es ist nicht schön, es fühlt sich nicht gut, aber irgendwie richtig an.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (24.04.13)
Man kann das Richtige tun und trotzdem 'daneben' landen. Und das muss sich dann nicht gut anfühlen - auch eine Ewigkeit lang.

 Seelensprache meinte dazu am 24.04.13:
Ja, ich finde, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden unglaublich schwierig. Letztlich eine Frage der eigenen Werte oder, wie in diesem Fall, die Wertung eines Gefühls, das, im Sinne einer Erleichterung oder Spannungsreduktion besser ist, als im Zustand der Ungewissheit. Danke für deinen Kommentar!

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 24.04.13:
Ja, dass nennt man dann nicht umsonst 'Grauzone', denn oft hinterlässt es eben genau das Gefühl.

 Dieter_Rotmund (01.03.20)
Fängt, auch handwerklich gesehen, gut an, dann wird es aber etwa ab der Mitte zum Pubertätskitsch, da verabschiedet sich quasi die Realität, bzw. könnte der Text nur noch zur Satire werden.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram