Jetzt bist du weg

Erzählung zum Thema Liebe, lieben

von  Seelensprache

Du hast entschieden, bist dabei geblieben, nicht weggelaufen, sondern auf etwas zu. Nun fürchtest du dich ein wenig. Denkst in richtig oder falsch, in "blöde Idee", in "oh gott" und vielleicht doch lieber nicht. Du zuckst etwas unbeholfen mit deinen Schultern. Weißt wohl selbst nicht so recht. Du solltest dich freuen, freu dich, tu's, mach gefälligst. Es wird schon alles gut und irgendwo weißt du das.
Ich weiß nicht, was ich schreiben soll, damit du dich mal fallen lässt. Vertraue doch. Verschließ dich nicht. Entspann dich. Einatmen, Ausatmen. Alles so nehmen wie es ist. Einfach geschehen lassen. Einatmen, ausatmen, warten und dann wieder einatmen. Mit dem Zwerchfell, nicht in die Brust, nicht kurzatmig.
Ich denke ein paar Monate zurück. Ich weiß noch, als ich dich kennenlernte. Da war ich aufgeregt. Da hat mir das Herz bis zum Hals geschlagen. Da hab ich dich manchmal angeschaut, als hätte ich dich auf idiotische Weise nicht verstanden, wenn du in dicker Jacke und mit bunter Mütze vor meiner Tür standst und etwas erzählt hast. Doch du und ich, wir wollte nicht, es sollte wohl nicht sein, da war noch etwas aus einer Vergangenheit, etwas, das man eben nicht so einfach mal beiseite legt.
Es war manchmal mühsam und unnötig, unverstanden und merkwürdig, so dass man sich entschuldigen wollte und noch nicht einmal genau sagen konnte, wofür eigentlich. Es ist anstrengend darüber nachzudenken, ob man nicht mal den nächsten Schritt ergreifen sollte, da war doch wer, den man küssen wollte. Es ist anstrengend Angst zu haben, sich zu fragen, ob man etwas wagen soll, sich für jemand zu interessieren und zugleich zu ignorieren. Es ist anstrengend sich unverletzbar zu machen, die ganze Zeit zu wachen, auf der Hut zu sein, so zu tun als ob, als ob, als ob, als ob man sonst nicht schon genug Probleme hätte.
Ich frage: "Was willst du?" und du sagst "Was willst du denn von mir? Lass mich in Ruhe!".
Wer bist du? Ja, wer denn eigentlich? Ich kann's bis heute nicht so wirklich sagen, denn selbst, wenn wir einander in den Armen lagen, da warn wir noch so fern. Wir hams uns nicht gerade leicht gemacht. Bis heute nicht. Wer bist du und wer bin ich? Weißt du's, weiß ichs? Morgen bist du weg, nicht mehr hier, nicht mehr einfach mal kurz anrufen, mal kurz an eine Tür klopfen und "Germanys next Topmodel" schauen. Nicht mehr genug Zeit um einander zu vertrauen, das Gute zu sehen und zu verstehen, öfter sorgenfrei zu lachen und Quatsch zu machen. Ich mag dich, hab dich irgendwie gern. Ich bin traurig, dass du gehst und diese Spur dann irgendwann verweht, aber ich weiß, dass etwas bleibt, das ich halten möchte, dass ich etwas lernen konnte, von dir und über mich. Vertrau in dich, trau dir etwas zu. Nur Mut. Auf, auf, da geht's lang. Lass dich auf etwas ein. Ach ja, vergiss nicht, gerade stehen, Brust raus und heb die Füße beim Gehen.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (23.05.13)
Ich! Ich! Ich! Furchtbar!!!

 Medeamaterial meinte dazu am 07.06.13:
Überhaupt nicht furchtbar, sondern ein Moment - eben aus der Ich-Perspektive. Alles andere wäre abgeklärt und abgehoben. Das hier ist ehrlich.
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