Just a girl

Erzählung zum Thema Vergangenheit und Zukunft

von  Seelensprache

Dunkle Wolken versperren den Blick auf einen gedachten Sonnenuntergang. Es regnet. Schwere Tropfen klopfen auf das Verdeck eines fabrikfrisch duftenden Automobils. In Sicht, ein paar hundert Meter voraus, warnen blinkende Lichter vor einem Stau. Ein entnervtes Stöhnen entströmt einem Mund, der nach einer Mischung aus Tabak und Minze riecht. Nervös kramen ein paar Finger in der braunen Tasche auf dem Beifahrersitz. Mühelos finden sie die angebrochene Packung Parisien. Sekunden später qualmt Rauch aus Mundwinkeln, die jmd. verfluchen möchten. Langsam rollen Räder einen letzten Rest bis dicht an das Hinterlicht des Vorderwagens. Eine Coke Zero klappert ein letztes Mal, dann hält es. Kurz darauf verstummt das Klacken des Warnblinkers. Auf der Rückbank zeugen dicke Taschen mit wichtigen Symbolen und großen Namen von einem guten Geschmack. Doch sie sind schon fast vergessen, nur noch eine kleine, süße Erinnerung an ein wenig Zeitvertreib. "I'm just a girl" - no doubt! Auf dem hellen Display eines gut gepflegten i-Phones bleiben wichtige Dinge zu erledigen. Zalando und Amazon, dazwischen das sonore Brummen einer Whatsapp-Nachricht und im gleichen Ton, ein paar e-Mails, ein paar News, ein Klick hierhin und dorthin, alles ist verbunden, vernetzt und klickibunt. "Stehe im Stau - hate it!", die Welt ist informiert. Dazu noch ein grimmiges Bild, vielleicht von einem Gesicht, das bitterböse, so mit einem "fuck you"-Ausdruck, aus einem Rückspiel schaut oder lieber doch eins, mit stechend scharfem Fokus auf dem ausgestreckten Mittelfinger einer Hand und im Hintergrund dann, verschwommen, die Rücklichter eines gewöhnlichen Staus. Alles steht - nichts geht. Nervös trommeln Hände auf ein Lenkrad, das bewegt werden möchte. Zwischen der zweiten und dritten Zigarette, wird eine Strähne aus dem Gesicht gepustet. Ein i-Phone brummt, wie ein kleines Baby, das Aufmerksamkeit braucht. In den nervösen Blicken eines angespannten Körpers liegt ein Hoffen, ein "Beschäftige mich", ein "Tu-Doch-Was". Es ist wie dies Blumenspiel. Dieses "Er liebt mich, er liebt mich nicht, er liebt mich, er liebt mich nicht". Hier ist es: "Ich bin wichtig. Ich bins nicht. Ich bin wichtig. Ich bins nicht." In nervösen Blicken, die wachsam umherwandern, liegt dies: "Lass mich nicht allein, lass mich nicht allein mit mir." Wenn es stimmt, dass aus Vergangenheit Gegenwart gerinnt, dann ist die Blüte eines "lass mich nicht allein mit mir" entsprungen aus dem Samen eines "Mama, Papa, bleibt bei mir". Eilig wischt ein Scheibenwischer jenen Gedanken aus schnellen Blicken, die sich einem bunten Display versprochen haben. Und aus Boxen, die eine gute Musik spielen, dringen die Worte "I'm just a girl". Doch in dem Atemdunst eines Seitenfensters steht: "The average gives the world its substance, the exceptional its value". Vielleicht doch eher "NOT just a girl". Vielleicht doch eher besonders, außergewöhnlich, bedeutend sein. Sie will etwas und sie will etwas nicht. Und sie weiß, der Wille machts und das macht ihr nichts. Und zwischen der vierten und fünften Zigarette und einem Schluck aus der Coke-Zero-Plastikflasche, bleiben ihre Blicke hängen an diesem Körper, der nicht gerecht, nicht angemessen, nicht nachvollziehbar ist. Dieser ungehörte, weil unerhörte Zeuge eines "Friss oder stirb", eines "Wenn sonst nichts bleibt, ich bleib für dich, beleibe dich". Doch ein Wille machts, sie will. Tausend Schritte, lauf, lauf, lauf - tausend Tritte, schnauf, schnauf, schnauf. Jojo und Ja ja. Doch wo ein Wille ist, denn ein Wille macht. Und während nervöse Finger hektisch Dinge berühren, verstellen und verdrehen, bleiben an den Rändern eines Rückspiegels ein paar zögerliche Blicke hängen, als ob sie nicht entfliehen könnten. "Berühr mich nicht, rühre nicht, spüre nicht". Der Blick zurück verzückt nicht unbedingt. Du bist so vieles - Frau - hast so viel erlebt, gereist, geliebt, vom Schönen und dem Hässlichen geprägt. Du bist so vieles, Frau, ein bisschen Dortmund, Frankreich, Konstanz, Schweiz. Du bist so vieles Frau, ein bisschen Tod, ein bisschen Leid. Du bist so vieles, Frau, Kind eins, Kind zwei.   
Nach einer Weile plötzlich lösen sich die roten Lichter auf der nassen Straße und verblassen. Weitermachen, vorwärtsgehen, Zukunft sehen. Etwas wollen, wollen und machen, machen. Ein Schlüssel wird gedreht, ein Motor startet, ein Gang ist eingelegt. Da ist eine Zukunft in einem Vorne, da ist ein hübsches Bild. Denn sie weiß, wenn Vergangenheit in Gegenwart reicht, muss die Zukunft etwas starkes Wollen - "You only live once".

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Kommentare zu diesem Text


 princess (29.03.13)
Angelesen. Und weggeklickt, weil dieser unförmigeTextblock mich abturnte. Aber auch nicht so recht losließ, denn ich kam noch mal zurück. Ich mag dieses Assoziative. Die Bilder, die es entstehen lässt. Da entdecke ich der einen Stelle Vertrautes, an der anderern gucke ich neugierig auf Fremdes. Das gefällt mir. Der dicke Textblock gefällt mir nicht. Immer noch nicht.

Liebe Grüße, princess

P.S. hektisch, spüre, vorwärtsgehen

 Seelensprache meinte dazu am 29.03.13:
Liebe Princess, ich freue mich, dass du dich nicht von der unförmigen Textgestaltung hast abschrecken lassen (irgendwie finde ich keine sinnvollen Absätze) und dass du meinem assoziativen Schreibstil etwas abgewinnen konntest! Danke für deinen Kommentar!
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