Lonesome Cowboy

Anekdote zum Thema Einsamkeit

von  Bluebird

Es war so eine meiner spontanen Ideen gewesen. Rein in die S-Bahn, mein Fahrrad an einer Türe platziert und los ging`s. Erstaunlich wie viele um zwei Uhr nachts an einem Mittwoch noch unterwegs sind. Und wie laut und fröhlich die Gespräche sind. Ich sage nichts, bin mit mir selber beschäftigt. Was will ich eigentlich in Köln?
    Im Hauptbahnhof angekommen, am Dom vorbei und eine Enttäuschung. Wieso hat der „Mac“ zu? Egal, es geht auch ohne Kaffee. Fahre einfach mal drauf los ... und lande im „Mac“ am Neumarkt ... Becher Kaffee, ein kleiner Snack. Sitze da eine Stunde, beobachte das rege Gehen und Kommen der meist jüngeren „Nachtschwärmer“. Müssen die morgen nicht zur Schule oder Arbeit? Wahrscheinlich aber doch eher Studenten.

Morgens am Rhein erlebe ich den Sonnenaufgang. Es scheint ein schöner Tag zu werden. Laufe um das WDR- Gebäude herum ... Was für eine „Festung“!? und lande schließlich im Frühgottesdienst des  Doms.
    In einem kleinen Winkel haben sich erstaunlich viele Menschen versammelt. Vorne spricht ein junger, vitaler Geistlicher. Kräftige, angenehme Stimme. Erzählt über Bonifatius, den „Missionar der Deutschen“. Ein Märtyrer des Glaubens ... muss ich später mal googeln. Bin im Moment ziemlich müde.
    Auch ein erneuter Kaffee bei „Mac“ hilft nicht weiter. Ich entscheide mich für ein „power-napping“ – im Sitzen - auf den Domtreppen. Dann nach etwa einer halben Stunde fühle ich mich „fit“ für die Rückfahrt. Den Strohhut auf dem Kopf geht es den Rhein entlang.
    Der über die Ufer getretene Rhein, der flüssige Tritt meines Fahrrades, vorbei fliegende Felder und Bäume ... ein Gefühl von Freiheit. Ich halte einige Male, um meine Homepage-Adresse  hier mit bunter Kreide auf den Boden zu schreiben. So viel Zeit muss sein. Wer weiß, wem es nutzen wird.

Ich bremse und blicke mich um. Die junge Frau hat sich tatsächlich auf die Bank gesetzt. Ich überlege, soll ich oder nicht? „Ach, was soll`s“. Ich wende das Rad und fahre zu ihr hin. „Hallo“, sage ich, „ ich will nicht groß stören.“ Sie schaut mich erstaunt an. Ich reiche ihr meinen Flyer. Schenke ihr ein nettes Lächeln: „Für Sie und ihre Freunde. Eine wahre Geschichte. Sehr spannend“. Sie nimmt – vielleicht aus Überraschung- das rote Blatt entgegen.
  Sekunden später bin ich wieder unterwegs, blicke nach hundert Metern noch einmal über die Schulter. Sie liest tatsächlich im Flyer ... ich reite auf meinem „Pony“ den Rhein entlang ... a lonesome Cowboy!

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (07.07.13)
Ordentlich erzählt, aber vieles ist einfach inhaltlich nicht zu verstehen.

 Dieter Wal meinte dazu am 15.02.14:
Was konkret verstehst du inhaltlich nicht?

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 15.02.14:
Nun ja, z.B. alle Motive des Protagonisten...
Eine Art verwirrter Spontanchrist und Gelegenheitswerber? Die "Anekdote" hat kein Zentrum. Übrigens dennoch leidlich gerne gelesen, es muss ja nicht alles perfekt sein. Ich bin bei kV schon zufrieden, wenn's nicht schnell mit dem Handy hingerotzt ist...

 Bluebird schrieb daraufhin am 15.02.14:
"Perfektionismus" ist nun wirklich nicht meine Ding Aber die konstatierte "Belanglosigkeit" des Textes kann ich nicht bestätigen. Sie existiert nur scheinbar, bei rein oberflächlicher Betrachtung ...

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 15.02.14:
Hmm. Habe ich einen ähnlichen Text aus dieser Reihe "belanglos" genannt? Vielleicht etwas zu stark, aber ich stehe dazu, wenn die Reilgion die Handlung bestimmt...

 Bluebird ergänzte dazu am 15.02.14:
Nein "belanglos" stammt nicht aus deiner Feder. Ich habe deine Aussage so interpretiert. - Was dein Kommentar bezüglich" Religion (besser Glaube) und Handlung" angeht, so urteilt man natürlich in der Regel aufgrund eigener Überzeugungen.
Das Hauptthema des Textes ist aber nicht der Glaube (obwohl auch) sondern Einsamkeit
(Antwort korrigiert am 15.02.2014)

 Dieter Wal meinte dazu am 15.02.14:
"Eine Art verwirrter Spontanchrist und Gelegenheitswerber? Die "Anekdote" hat kein Zentrum."

Interessante Beobachtung, Hannes bzw. Dieter. Dargestellt wird ein Protagonist, der als Außenseiter der "Gesellschaft" erscheint. In Semikola, weil der Begriff Außenseiter wenig Sinn ergibt, da es keine Insider und Outsider gibt, sämtliche Lebensformen gehören zur Gesellschaft. Auf jeden Fall lässt er sich sichtlich treiben, gibt Impulsen nach, hört vielleicht auf innere Stimmen, misst Zufällen Bedeutung bei, meint Gott erkannt zu haben, betätigt sich christlich-religiös, erzählt als Christ, hat sich eine zwischen nahezu allen konfessionellen Stühlen stehende christliche Existenz aufgebaut. Und lebt sie.

Mir erscheint das Geschilderte bunt, nicht strukturiert, wie erlebt nacherzählt, aber anschaulich und ansprechend.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 15.02.14:
Ich habe jahrelang in de sog. "Domstadt" gelebt und ich kann im Handeln und Denken des Protagonisten kein Außenseitertum erkennen, Köln ist voll solcher "Spinner", ums mal salopp und gerade heraus zu formulieren. Die Grenzen zwischen "drinnen" und "draußen" sind dort in der Tat schon lange aufgehoben, nicht unbedingt zum Vorteil der Gesellschaft.
Zurück zur eigentlichen Textkritik: Die Religiosität ist leider oft ein Geschichtentod, ein Spannungsbogenabreisser und oft von bleierner Unterhaltsamkeit. Finde ich. (Den Begriff "Glaube" möchte ich nicht verwenden, ist mir zu tendenziös und im Grunde unsachlich).

 Dieter Wal meinte dazu am 15.02.14:
Ich fühle mich in Berlin z. B. gerade wohl, weil es mir die die Hauptstadt aller Spinner und Bekloppten vorkommt. Echter Unterhaltungswert, dort Augen und Ohren offenzuhalten. Finde z. B. Dostojewskij spannend, weil er darin Religiöse und Areligiöse beschreibt. Die Erzählung oben hat autobiografischen Charakter. Warum sollte sie nicht? Ich kann ihr etwas abgewinnen. Du offenbar weniger. Was solls. "Normale Menschen" sind häufig in vieler Hinsicht genormt. Daher für mich uninteressant. Mit "religiösen Spinnern" kann ich mehr anfangen, wenn sie, wie unser Protagonist, auch Denker sind.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 15.02.14:
Die Erniedrigten und Beleidigten

 Dieter Wal meinte dazu am 16.02.14:
Dass Menschen für gewisse Reifungsprozesse Phasen durchleiden, halte ich für eine Binsenweisheit. Du nicht? Wie oberflächlich sind Menschen, die nie Niederlagen verkraften mussten, keine Grenzen kennenlernten?

 Bluebird meinte dazu am 16.02.14:
Die "Richtigen" und die "Spinner" im gesellschaftlichen "Schmelztiegel" gefallen Dir also nicht, "Dieter Rotmund". Nun ja, man kann sich das halt nicht immer so aussuchen. Ein echter "Römer" des dritten und vierten Jahrhunderts hatte es auch nicht einfach bei all der zu beobachtenden "Barberei".-
Gesellschaften kommen und gehen, alte "Verblendungszusammenhänge" (Marcuse) der sogenannten gesellschaftlich "Richtigen" vergehen, neue "Verblendungszusammenhänge" entstehen. Mein Rat an Dich: "Die eigene Verblendung als Möglichkeitt miteinkalkulieren!"
(Antwort korrigiert am 16.02.2014)
(Antwort korrigiert am 16.02.2014)

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 16.02.14:
Ja, da habt ihr vermutlich recht. Die Spinner wären allerdings besser zu tolerieren, wenn sie nicht ständig davon getrieben würden, ihr Spinnertum in der Öffentlichkeit und damit in dem Raum auszuüben, der uns allen gehört. Hier und da ein Barbar - okay. Aber Köln ist reines Dauer-Barbarentum. Dass sich dort die Erde auftat und mit einem Schlag Kunst und Kultur verschlang, war für mich keine Überraschung...

 Dieter Wal meinte dazu am 16.02.14:
"Dass sich dort die Erde auftat und mit einem Schlag Kunst und Kultur verschlang, war für mich keine Überraschung..." A new prophet is born. Welcome! Wann tat sie das?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 16.02.14:
Ach komm! Nicht nur, dass der Ort in Bluebirds Text vorkommt, der Schlund war auch wochenlang in Presse, Funk und Fernsehen!!!

 Bluebird meinte dazu am 16.02.14:
Gemeint ist das das Kölner Stadtarchiv  hier

 Dieter Wal meinte dazu am 17.02.14:
Manchmal liest sich Hannes/Dieter wie ein mittelalterlicher Kardinal. Köln, der Sündenpfuhl, der vom Erdboden verschluckt wird, weil Köln zu viele Spinner beherbergt, das hat was.

 Dieter Wal (15.02.14)
Der Cowboy wirkt glücklich. Schön. :)
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