Gavage

Sonett zum Thema Andere Kulturen

von  Irma

Kein frohes Gackern mehr, denn Fettmilch von Kamelen
wird literweise eingeflößt, die Prozedur
selbst nachts noch wiederholt. Wer weint, den wird man quälen
mit Zehenpressen mehr zu essen. Die Tortur

verspricht viel Ansehen, um Mädchen zu vermählen.
Statt Schlankheitswahn herrscht hier im Land die Mastenkur!
Wo Dehnungsstreifen (Tebtah) kostbare Juwelen
sind, reißt das Nudelholz die stolze Schenkelspur.

In müde Münder stopft man ungerührt Couscous
bis zum Erbrechen: „Kinder, schluckt! Was rein muss, muss
hinein. Ein Bräutigam erwartet euch zum Lohn.

Dann übergebt ihr selbst die Töchter euren Müttern,
die ihren Willen brechen, um sie fett zu füttern.“
Leblouh - es bricht sich schwer mit dieser Tradition.

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Kommentare zu diesem Text


 Lluviagata (12.11.13)
Liebe Irma,
dein Sonett steckt voller Rätsel. Und ohne erst einmal zu googlen glaube ich zu wissen, dass es um andere Schönheitsideale geht als die, die den Frauen im Abendland im Kopfe herum spuken; unserem Land, in dem Essstörungen zu den bekanntesten und häufigsten Erkrankungen junger Mädchen gehören.

Als allererstes kamen mir Stopfgänse in den Sinn, dann jene afrikanischen Mädchen, deren Hälse durch immer mehr Ringe unnatürlich in die Länge gezogen werden und die brechen würden, löste man sie plötzlich; Geishas, deren Füße man künstlich klein hielt (hält?) und daaaann erst Tine Wittler in Mauretanien.

[verspricht viel Ansehen, um Mädchen zu vermählen.]
Vielleicht ist es ja ein Stilmittel, das du verwendest, aber metrisch würde vielleicht Ruhm besser passen.

Ein tolles Sonett, liebe Irma, das eine grausame Geschichte erzählt.

Liebe Grüße
Llu ♥
(Kommentar korrigiert am 12.11.2013)

 Irma meinte dazu am 18.11.13:
In dem Sonett steckt ordentlich viel drin, Llu, das stimmt. Aber auch Rätsel?

Du hast Recht, es geht mir um die veschiedenen Schönheitsideale. Mastenkur statt Fastenkur. Besonders grausam finde ich, dass das kleinen Kindern angetan wird, die sich nicht wehren können. Die Essstörungen der Mädchen hierzulande sind mit Sicherheit auch durch unsere Gesellschaft hervorgerufen, aber in Mauretanien haben die Kinder überhaupt keine Wahl, sie werden regelrecht gefoltert. Selbst Erbrochenes muss oftmals wieder getrunken werden.

"Ruhm" passt in meinen Augen aus zweierlei Gründen nicht so gut. Zum einen ginge damit die sechste fette Hebung verloren und zum anderen geht es tatsächlich um das "Ansehen" im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Man sieht den Mädchen an ihrer Körperfülle an, dass die Väter viel in sie 'investiert' haben, was der Familie (in einem Land, wo viel Mangel herrscht) wiederum viel Ansehen verschafft.

Ich danke dir herzlich für deinen gehaltvollen Kommentar, Llu. LG Irma

 AZU20 (12.11.13)
Wo findet das denn statt? Ist ja schlimmer als Mac....! LG

 Irma antwortete darauf am 12.11.13:
Llu hat es ja bereits verraten, Armin. Diese Art der  Zwangsfütterung, die oftmals schon bei den vier- bis fünfjährigen Mädchen begonnen wird, ist noch immer Brauch in den ländlicheren Gebieten Mauretaniens. LG und Dank, Irma
(Antwort korrigiert am 12.11.2013)
LottaManguetti (59)
(12.11.13)
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 Irma schrieb daraufhin am 18.11.13:
Ja, liebe Lotta. Und das schlimme ist, dass die Frauen da noch mitmachen. Die Großmütter und Mütter tun ihren (Enkel-)Kindern die Grausamkeiten an, die sie selbst als Kind durchmachen mussten. Da werden sogar Foltermethoden (Finger- und Zehenpressen) eingesetzt, um die wehrlosen Kinder zum Essen zu zwingen.

Die Mädchen sollen keinen Mangel leiden, abgesehen vom Bewegungsmangel (damit ja kein Fett abgebaut wird). Und Wohlstand ist wohl, wenn eine Frau so fett ist, dass sie kaum mehr stehen kann. Viele Frauen leiden unter Herzverfettung und anderen körperlichen Beschwerden, manche sterben sogar daran. Und wer sich die teure Mästerei nicht leisten kann, greift heutzutage auf billige fettmachende Pillen zurück. Der Schwarzmarkt dafür boomt. Im ersten Moment wirkt das vielelicht weniger grausam, aber es ist mindestens genauso gesundheitsschädlich.

Deine These mit der Angst vor der starken Frau hat was. Kräftig gebaut soll sie sein, aber bloß nicht kraftvoll. Ganz lieben Gruß und Dank, Irma
P. Rofan (44)
(13.11.13)
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 Irma äußerte darauf am 18.11.13:
Jawoll. Schön fett und ordentlich in die Breite gegangen, Aron. Gefällt sicherlich nicht jedermann. Aber wie man sieht, sind die Geschmäcker durchaus verschieden. LG Irma

 Jorge (19.11.13)
Unglaublich schaurig solche Rituale.
Aber alles, was in der Welt geschieht, kann man nicht mit Maßstäben einer dort fremden Kultur messen.
Manchmal scheint mir Toleranz nötig, wo man Aufschreien möchte.
LG Jorge

 Irma ergänzte dazu am 20.11.13:
Ich weiß nicht. Dort, wo es um wehrlose Kinder geht, kann ich keine Toleranz aufbringen. Aber herzlichen Dank für Kommi und Sternchen. LG Irma
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