Manager und Projekte

Satire zum Thema Arbeit und Beruf

von  tueichler

Eine Firma startet ein IT Projekt. Dazu kauft sie zunächst, was durchaus sinnvoll ist, eine Beratungsfirma ein, die eine Bedarfs- und Marktanalyse macht. Natürlich kennt keine Beratungsfirma wirklich den Markt, denn der IT Markt ist unendlich groß und sehr granular.

Also kauft diese Firma wiederum eine Analyse von einem Wirtschaftsinstitut ein. Selbiges hat zwar von IT noch weniger Ahnung, sitzt aber mit den PR Managern der Lieferantenfirmen zusammen und berät deren Marktstellung. Selbstredend, dass auch die PR Manager den IT Markt ebenso wenig verstehen, wie die Analysten des Wirtschaftsinstituts.

Nach einiger Zeit und einigem Geld, welches auf welch wundersame Weise wie auch immer ausgegeben wurde, erscheint bei dem bekannten Wirtschaftsinstitut die angeforderte Analyse. Besser gesagt, ein Diagramm. In diesem steht dann der (von der Beratungsfirma immer bevorzugte!) Lieferant ganz oben rechts mit einem dicken Punkt.

Was bedeutet 'ganz oben rechts'. Also die Dimension des Diagramms, die nach oben zeigt, symbolisiert die Marktdurchdringung des Lieferanten (wie viele Kunden er sein eigen nennt). Die Dimension nach rechts zeigt die Qualität des Lieferanten (wobei niemand eine Ahnung hat, woher das Wirtschaftinstitut diese Information nimmt, hat es doch nur betriebswirtschaftliche Zahlen zur Analyse vorliegen). Endlich zeigt die Dicke des Punktes, wie zuverlässig der Lieferant ist (obwohl ja das Wirtschaftsinstitut selbst nicht einmal das Geschäftsfeld des Lieferanten kennt!).

Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Tätigkeit der Beratungsfirma beim Kunden. Es werden Ausschreibungen gemacht - der bevorzugte Lieferant gewinnt, da alle Kriterien von der Beratungsfirma zufällig so gesetzt werden, dass die Konkurrenz leider durchfällt.

Irgendwann kommt dann der Lieferant ins Spiel, der natürlich überfordert ist, weil die Beratungsfirma am Abschluss mehr interessiert ist, als an der Beurteilung des Lieferanten. Die verantwortlichen Manager haben zu diesem Zeitpunkt für Beratung und Analyse des Wirtschaftsinstituts schon mehrere einhundert tausend Euro ausgegeben und können nicht mehr anders, als mit dem Lieferanten einen Piloten laufen zu lassen, der natürlich gelingt. Übrigens gelingt die Pilotinstallation nur, weil jenseits der Beratungsfirma auf Anweisung einige Mitarbeiter alle Fehlfunktionen der Software des Lieferanten nachgebildet und in den Piloten einfließen lassen haben.

Da der Pilot nun aber erfolgreich gelaufen ist, wird das Produkt gekauft. Die Manager hoffen inständig, dass alles gut gehen möge - der Lieferant ebenso. Nach einigen Monaten droht das Projekt völlig zu scheitern. Nun sind aber nicht mehr nur einige Manager betroffen, sondern auch ganze Geschäftsfelder, für die das Projekt einmal gedacht war.

Also ist der nun folgende Schritt gleichsam vorgezeichnet. Alle Fehler werden zunächst dem Lieferanten untergeschoben, der aber damit nicht umgehen kann, weil er das Problem nicht versteht. Mittlerweile sind mehrere Millionen ausgegeben worden.
Um sich zu rechtfertigen greifen nun die Manager zum bewährten Mittel, die Schuld den Mitarbeitern zuzuschieben. Der Misserfolg liegt ab jetzt im mangelnden Kommunikationsvermögen der Mitarbeiter. Ungeachtet bleibt aber die Tatsache, dass schon dutzende Eskalationen, Meetings, Telefonkonferenzen und Präsentationen abgehalten wurden, die auf das Dilemma hingewiesen haben. Kurz - das Problem ist nicht zu lösen.

Einen Ausweg gibt es aber. Solange nur ausreichend neue Ideen bereit stehen, muss man sich der alten Probleme vordergründig nicht annehmen. Also werden gleich noch weitere Geschäftsfelder in das Projekt einbezogen. Wohlgemerkt, es sind mittlerweile 3 Jahre vergangen, mehrere Millionen Euro ausgegeben und auf absehbare Zeit wird das Projekt auch nicht laufen.

Der Begriff 'absehbare Zeit' bekommt nun eine neue Bedeutung. Was für den Mitarbeiter nicht absehbar ist, ist es für die meisten der beteiligten Manager jedoch schon. Der CIO und die darunter liegende Ebene haben die Firma bereits verlassen. Die verbleibenden Abteilungsleiter und Gruppenleiter werden in spätestens 18 Monaten im Vorruhestand sein. Ob das Projekt jemals beendet wird, hängt davon ab, ob einer der nachfolgenden Manager Mannes genug ist zuzugeben, dass die Führungsebenen vor ihm Schliff gebacken haben und aus Gutgläubigkeit, Angst, Egoismus, Ignoranz, fachlicher Inkompetenz oder Scham Millionen versenkt haben.

Für solche Situationen gibt es ein schönes Bild.

Zwei Managern wird durch einen Bekannten vermeintlich günstig eine voll ausgestattete Luxuslimousine angeboten. Die beiden setzen sofort sich in die bequemen Nappa Ledersitze im Fonds. Auf dem Fahrersitz sitzt der Lieferant, hat das Fenster unten, den Ellenbogen draußen und eine Hand am Lenkrad.

Schaut man sich das Auto genauer an, stellt man fest, dass statt des 400 PS 8-Zylinder nur eine Papp-Attrappe unter der Motorhaube steckt. Ebenfalls fehlen die Räder und das Fahrzeug steht auf Ziegelsteinen im Hof der Firma. Der Lieferant wackelt hin und wieder am Lenkrad und macht unaufhörlich Geräusche wie 'brummm, brumbrumbrumbrummmmm, uiiiiiii, brrrruuuuuhhhhhmbrumbrumbrummm, usw.).

Zu guter letzt sagt der eine Manager zum anderen, 'Du, wollen wir nicht doch vielleicht noch so eine arme Sau von Anhalter mitnehmen?' Beide schließen danach die Augen, lehnen sich gemütlich zurück und wartet darauf, in wenigen Stunden endlich anzukommen und ein für alle Mal auszusteigen.

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