Höflichkeit des Verdorbenen

Aphorismus zum Thema Moral

von  LotharAtzert

1. Wer Höflichkeit betont, gehörte früher zum Gesinde der Herrschaften.



3. Im Hofbräuhaus sinkt die Höflichkeit der Schaumkrone mit jedem getrunkenen Schluck tiefer nach dem Boden des Maßkrugs.

4. Formale Höflichkeit zieht, als Kompensation, Moralisten an, wie Licht die Motten. Der Volksmund weiß dagegen: "Höflichkeit ist eine Zier; doch weiter kommt man ohne ihr!"

5. Heute heben sich Adel und Gesinde weitgehend auf - im gemeinsamen Begriff vom Gesindel.

6. Das Wahre währt! Nur aus Höflichkeitsgründen hängt der Empfindsame manchmal  Wortgirlanden um seine Schultern. Und gräbt Urbilder aus auf dem Friedhof der Geflechte.

7. Das Wahre ist nicht relativ - das Relative ist nicht wahr - doch dafür stets um den guten Ton bemüht! Wächst aber das Böse, wächst auch das Gute mit.

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Kommentare zu diesem Text

Nimbus (38)
(22.07.14)
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 LotharAtzert meinte dazu am 22.07.14:
Ich hab's extra nummeriert, da hättest Du sagen können, mit was Du konform gehst, Heike. So muß ich raten.
Höflichkeit ist für immer mit dem Küstllichen eines Hofstaates verknüpft - wohingegen Aufrichtigkeit ganz was anderes ist, (zugegebenermaßen ein wenig männlich- wegen des Phallischen;-) - sie ist etwas natürliches und erst wo sie fehlt, wird man kompensierenderweise höflich.

Die "Lüge der eigenen Stimme" ist schön gesagt, passend zum "guten" Ton.
Danke, Gruß
Lothar
Ps. Mir gefällt Nr. 2 am besten ...
Nimbus (38) antwortete darauf am 22.07.14:
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BabetteDalüge (67)
(22.07.14)
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 LotharAtzert schrieb daraufhin am 22.07.14:
Die natürliche Höflichkeit - da nehm ich das Wort von Heike auf - ist "Aufrichtigkeit", eine Grundhaltung, ja.
Die Absicht eines Höflings mag edel sein, doch, wie jede Absicht, täuscht Gekünsteltes über den Mangel an Aufrichtigkeit hinweg.
Punkt 6 und 7 - ja, da trennt sich das Wahre vom Richtigen ...
Danke dir, Gruß
Lothar
BabetteDalüge (67) äußerte darauf am 23.07.14:
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BabetteDalüge (67) ergänzte dazu am 23.07.14:
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 LotharAtzert meinte dazu am 23.07.14:
Der gute Ton - der schlechte Ruf - doppelt genäht hält besser.
Graeculus (69)
(22.07.14)
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 LotharAtzert meinte dazu am 22.07.14:
Meinst Du das Igelgleichnis - oder waren's Stachelschweine - jedenfalls kenne ich es und hab sogar einen Thread darüber hier stehen, hab allerdings den eigenen Titel vergessen ... ist lange her ...
Höflichkeit hat immer mit Anpassung und Anpassung mit Vernunft zu tun. Ich passe mich da und da an, um zu überleben.
Aber als Denker ... darf man sich nicht verstellen, wenn man wahrhaftig oder aufrichtig sein will. Punkt!
(Schopenhauer war auch ein Fisch, fällt mir da ein)
Graeculus (69) meinte dazu am 22.07.14:
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 LotharAtzert meinte dazu am 22.07.14:
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Jaj, nix für ungut - "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" - ich begnüg' mich da eher mit Muttis Silberbesteck;-)
B-Site (30)
(22.07.14)
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 LotharAtzert meinte dazu am 22.07.14:
Danke für diesen Kommentar. Beim Apho fällt halt vieles unter den Tisch, seiner Kürze wegen.
Ich dachte dabei an Höflichkeit zwecks Ablenkung, damit ich heimlich und ungestört auf dem Friedhof der Geflechte (Funktionales Hin und her und hin und her und ...) die Ur-Bilder ausgraben kann.
Du hast recht - es ist ein wenig unglücklich ausgedrückt.
Verzeih mir, my dear
B-Site (30) meinte dazu am 22.07.14:
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Violetta (40)
(22.07.14)
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 LotharAtzert meinte dazu am 23.07.14:
Hallo Violetta,
die Nummer 2 - ich wollte einfach mal sehen, ob jemand das Fehlen bemerkt und siehe da - die Violetta ist's!
Und hier kommt es:

"2. Ich machte ihr den Hof; am Ende war sie nur enttäuscht, daß es kein Hauptbahnhof wurde und verschwand mit dem ICE."
Naja ...
Gruß
Lothar
Violetta (40) meinte dazu am 23.07.14:
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 LotharAtzert meinte dazu am 24.07.14:
Mir fiel gerade der "Hofknicks" ein - die äußere Ehrbezeugung vor gekrönten Häuptern.
Bei der echten Ehrbezeugung leuchten dagegen die Augen ... in diesem Sinne ...

 Ganna (25.07.14)
...hier muss ich etwas widersprechen, das Wahre, das uns möglich ist zu erkennen, wird immer relativ sein, da wir mit unserem linear ausgerichteten Verstand nur sehr begrenzt erfassen, was wahr ist...also nur eine relative Wahrheit erkennen können...

...das Relative ist relativ wahr und muss daher nicht in jedem Fall als Lüge bezeichnet werden...

...Höflichkeit an sich sehe ich durchaus als nützliche Eigenschaft im Umgang miteinander, wie soll ich mich einem Menschen nähern, wenn nicht höflich und in dem ich meinen Respekt ihm gegenüber ausdrücke?
...wird Höflichkeit benutzt, um meine wahren Gedanken zu verdecken, kann auch dies manchmal nötig sein, um mich zu schützen vor jemanden, der mir Schaden zufügen kann...

LG Ganna

 LotharAtzert meinte dazu am 25.07.14:
Liebe Ganna,
ich freue mich immer, wenn mir widersprochen wird, denn erst der Widerspruch (Antithese) führt nach Sokrates zur Synthese.
Daß ich anstelle der Höflichkeit die Aufrichtigkeit setze, steht weiter oben schon - weil der Begriff Höflichkeit immer mit dem dekadenten Gestelze bei Hof verbunden bleibt, während Aufrichtigkeit (-das Aufrichten der Anlage zur Gestalt) heute fast nur noch bei Tieren vorkommt.

Nur das Wahre ist wahr! Daß wir es vollumfänglich nicht erkennen, das verhindert der Wissenschaftsglaube, der, und zwar meist höflich, alles relativiert! - In dem Punkt laß ich nicht mit mir reden!
Liebe Grüße
Lothar

 Ganna meinte dazu am 28.07.14:
...da haben wirs, ich habe meine Wahrheit und Du Deine und doch bin ich sicher, keiner von uns lügt...nur alle "Wahrheiten" gemeinsam ergeben DIE Wahrheit...


...und da die Lüge existiert, ist nicht auch sie wahr?

LG Ganna

 LotharAtzert meinte dazu am 28.07.14:
"...und da die Lüge existiert, ist nicht auch sie wahr?"
- da müssten wir erst mal Begriffsklärung betreiben, dh. das Wahre vom Richtigen trennen. Deshalb mein fast stur anmutendes "Das Wahre währt", während das Richtige richtig bezüglich einer Richtung ist. Also läßt sich vom Richtigen von relativ sprechen, während das Wahre - dem Raum analog - weder kommt, noch geht, keine Mitte und keinen Rand hat=absolut. Es gibt folglich keine "meine" Wahrheit und keine "deine" Wahrheit, auch wenn wir im Sprachgebrauch so reden mögen.
Das Wahre (der Raum) braucht keinen Menschen, aber der Mensch braucht das Wahre (den Raum).

Das für mich immer noch beste Beispiel: Das linke Auge ist für die räumliche Wahrnehmung, das rechte für die Schärfe (Richtung) Nur zusammen ergeben sie das unbeschwerte Sehen, wie wir es kennen, ohne je darüber nachzudenken.
Wollen wir aber wahr sehen, ist das eine Sache des dritten Auges, das ich nur erwähnt haben möchte, da es für den bloß richtig denkenden Bürger ja spekulativ ist.
Die Lüge ist zeitlich bedingt, also ist sie nicht wahr. Der Himmel ist zeitlos, daher wahr.
Die Erde spiegelt den Himmel - nicht umgekehrt.
OM MANI PEME HUNG
Lothar
(Ich danke Dir für die Möglichkeit der Klärung.)
(Antwort korrigiert am 28.07.2014)

 Ganna meinte dazu am 30.07.14:
...ich danke Dir auch, für Deine Ausführungen und Anregungen zum Denken,

LG Ganna

 Jorge (02.08.14)
Erstens: ohne 2. kann man zu zweitens schlecht etwas sagen.
Zweitens: erscheint mir deshalb besonders moralisch, um es höflich verdorben auszudrücken.
höfische gesindlige saludos
Jorge

 LotharAtzert meinte dazu am 02.08.14:
Es ist zweifelsfrei nicht dasselbe, ob man den Hof dichter macht, oder Hofdichter ist.
Saludos retouros
gracias
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