Der Berg war höher als er aussah, er merkte es als er auf seiner Spitze stand.
Natürlich strengte ihm das letzte Stück über Gebühr an.
Er war auch älter geworden bei der Besteigung, er hatte dafür viel Zeit benötigt.
So manche Steilstelle hatten seine ganzen Kräfte benötigt, um diese Steigung
zu überwinden. An mancher Berghütte hatte er stille Einkehr gehalten, um neue Kraft für den weiteren Aufstieg zu sammeln.
Es war eine Wanderung, wo wer im unteren Teil noch viele Menschen begegnete. Eine fröhliche Begrüßung: "Hallo und guten Weg", waren die Worte, die man sich zurief.
Im oberen Teil wurden die Zurufe seltener, seine Wanderung wurde einsamer.
Und so mancher Blick führte von der Höhe in einen tiefen Abgrund menschlicher Unzulänglichkeiten, denen er auf seiner Wanderung begegnete.
Es war aber besser den Blick nach oben zu richten, denn dort lag sein Ziel,
sein Hoffen dieses zu erreichen.
Was liegt hinter der Spitze des Berges? der unendlich freie Blick auf andere
Berge? Oder ein freier Blick zum Himmel?
Was ist hinter diesem Himmel?
Die Sonne des Lebens?
Der Mond, der die Nacht erhellt?
Die ungezählten Sterne?
Und: sollte nicht auch Gott in diesem Himmel wohnen?
Wo ist Gott, warum ist der Gott nicht sichtbar?
Glaube an ihm, Glauben an Gott,
sagen viele Religionen, viele Schriften: Die Bibel, der Koran!
Jeder verkündet seinen wahren Gott, also gibt es zwei Götter?
Es gibt 10 Gebote die wir nicht einhalten, sind sie zu anstrengend?
sind sie zu banal für uns?
So dass wir es uns einfach leisten können sie zu vergessen?
Oder haben wir keine Zeit für sie. Wir müssen schnell unser Problem lösen.
Wir müssen schnell unser Nahziel erreichen.
Wir müssen so manchen Wegbegleiter am Wegrand stehen lassen, um unser
Ziel zu erreichen.
Nun stehe ich mit einem übernatürlichen Kraftaufwand auf der Spitze des Berges, und bevor ich den Blick in den Himmel richte, geht mein Blick
zurück auf meinen Weg aus dem Tal zur Spitze des Lebens.
So manches Lächeln liegt in der Erinnerung. So manche Träne der Traurigkeit
erinnert an die schweren Aufstiegsstellen, wo die Grenzen zwischen Leben und Tod nur einen Schritt voneinander entfernt lagen.
Und wenn ich so von oben herabblicke in die Tiefen der Täler, befällt mich ein
Erstaunen; welche Hand hat mich an der Steilwand gehalten?
Wer hat mir den Weg aufgezeichnet ohne Wanderkarte? Ein leichtes
Erschauern befällt mich, wenn ich von oben plötzlich der Gefährlichkeit des
Weges erkennen muss?
Es war eine geführte Wanderung durch die Täler der Zeit, ohne Wanderkarte.
Es war ein vorgegebener Weg, den ich gehen sollte.
Dass, was mir auf diesen Weg begegnete, trug ich mit zur Spitze des Berges,
um mich dort vor der Ewigkeit und der Weite zu verantworten.
Nein, es löst sich der Blick nach unten, denn er zieht nach unten in der Vergänglichkeit der Gedanken.
Ich habe die Spitze des Berges erreicht, der mir den Blick in die unendliche
Weite des Universums ermöglicht.
Kein wehmütiger Blick zurück, sondern ein hoffnungsvoller Blick in die Weite des großen göttlichen Wunders: Die Weite und die Freiheit des Seins!
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Kommentare zu diesem Text
Stelzie (55)
(08.04.16)
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Danke Karin,....es war aber so, und der Rückblick in die
Täler des Lebens wird immer mehr verhindert durch den Nebel der
immer mehr zunehmenden menschlichen Unzulänglichkeiten.
Danke fürs lesen