Auszug: Das Tagebuch der Margarethe Baldauf 1600 - 1680

Text zum Thema Vergangenheit

von  Borek

Das Tagebuch:  Der Magarethe  Baldauf 1600 - 1680
Auszug
Caspar, war sehr hungrig und nimmt am Leben mit einem regen Appetit  teil. Er entwickelte sich zu einem aufgeschlossenen kleinen Jungen und sein Lachen steckte alle an. Seine blonden Locken gleichen denen eines Engels, und er ist im ganzen Dorf zum Liebling auserkoren.
Mein Gott behüte die Unbeschwertheit meines Kindes so lange es geht. Es ist alles so schwer geworden. Hunger, Elend, Not und Krieg ist über uns hereingefallen. Es gibt keine normale Entwicklung, keine Wirtschaft, die noch funktioniert. Die Weber können nicht mehr weben, weil die Garnhändler und Stoffhändler in Chemnitz ansässig sind, und dazwischen steht ein Heer von Kaiserlichen mit
100 000 Mann. Alle Transporte sind unmöglich geworden, irgendeiner Schar von Plünderern fällt man immer in die Hände. Das Leben gilt  nichts, nur die Ware, die es zu rauben gibt. Die Leute in den Bergwerken sind nur noch damit beschäftigt, die Stollen nicht absaufen zu lassen. Das Silber würde sowieso in die Hände der Offiziere fallen; also ruht der Bergbau. Die Ställe sind leer. Die Tiere sind bei den kaiserlichen in die Kochtöpfe gewandert. Nur einige, die die Soldaten nicht fanden, konnte man in manchen Bergstollen retten. Es war eine Notgemeinschaft entstanden, die es schwer hatte, bei der Menge an Militär zu überleben. Dem Mut und der Voraussicht unseres Bürgermeisters und Bergmeisters ist es zu verdanken, dass wir einen großen Teil unser Hab und Gut retten konnten. Zur Taufe von dir mein Sohn, ergab sich eine erbitterte Diskussion, über das, was war, und das, was sein wird und daraus werden könnte. So wurde am Taufabend in diesem kleinen Kreis ein Notprogramm beschlossen und durchgeführt. Es bewahrte uns vor vielem Schaden. Die Ereignisse, die man an dem Abend an die Wand malte, traten schneller  ein, als wir alle gedacht hatten.
Ein riesiges Heer zog von Böhmen gegen Sachsen und dem stand eine gewaltige Streitmacht von Sachsen gegenüber. Es wechselte fast täglich die Fronten. Kanonendonner, Pulverdampf und die Schreie der Verletzten fegten über die Bergkämme und Gipfel des Erzgebirges hinweg.

Und es gab Radewelsch. Ein Räuberhauptmann, der Schrecken verbreitete, Soldaten überfiel, ausplünderte und mit seiner Bande auch in die Dörfer einfiel. Es kam zu einer eigenartigen persönlichen Begegnung mit ihm, die ich nicht erklären konnte. Sie soll in deinem Tagebuch stehen, weil es in deine Zeit fiel, und wenn du, mein Sohn, nachliest, gehört auch diese Geschichte dazu.
Schüsse fielen in unserem Ort. Alle schlossen verängstigt die Türen und Fenster. Pferdegetrappel erklang in der Straße, und verstummte vor unserem Haus. Lautes Klopfen: „Aufmachen, aufmachen sonst schlagen wir die Türe ein,“ erklang es.
Vater ging zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Vor ihm standen zehn Männer auf Pferden.  Ein Mann mit Maske und mit einer gezogenen Pistole stand neben dem Pferd. Er schob Vater zur Seite und betrat ohne seine Begleiter unser Haus. Er durchschritt die unteren Räume der Küche, inspizierte die Speisekammern, ohne etwas anzurühren. Cora, unser treuer Hausgeist, stand verängstigt in der Küchenecke.
„Cora hast du Angst vor mir?“  Ein Lächeln zeichnete sich unter seiner Maske ab.
„Wo ist die Herrin des Hauses?“
„Oben in der Etage“,
kam es verängstigt und erschrocken von Cora. Sie wollte dies nicht sagen, aber unter dem Schock und der geladenen Pistole, rutschte es ihr ungewollt über die Lippen. Radewelsch stürmte in die obere Etage, und rief:
„Wo bist du? Wo ist dein Sohn?“ Er riss die Tür auf und stand plötzlich in dem Zimmer, in das ich geflüchtet war. Wie versteinert stand er vor mir, er schaute mich nur an und sagte:
„Du warst schon immer schön aber du bist noch schöner geworden.“
Er beugte sich über dein Bett und sprach:
„Mein Leben wäre anders verlaufen, wärest du mein Sohn geworden.“
Vater stand, wie vom Blitz getroffen, in der Tür. Radewelsch griff in seinen Umhang und holte einige Silberlinge aus der Tasche und legte sie in dein Bett.
„Merke dir, mein Sohn, nicht das Böse wird aus dem Bösen geboren, sondern aus dem Versagen des Guten. Versagt das Gute im Leben nicht, würde es keine Boshaftigkeit, Schmerz und Leid geben. Nur das Versagen des Guten, gebärt das Böse, denn es ist einzige Chance des Überlebens.“

Radewelsch drehte sich auf dem Absatz um, schaute mich lange an und ging.
Das Pferdegetrappel entfernte sich durch die Gassen und die Neugier füllte mich mit vielen Fragen. Er musste mich kennen, er kannte den Vornamen unserer langjährigen Vertrauten, Cora. Ich versuchte all, meine Gedanken auf sein Aussehen zu konzentrieren, um eine Ähnlichkeit mit Menschen aus meinem Bekanntenkreis herzustellen. Nur dort konnte der Schlüssel liegen, er musste mich kennen, aber von woher?
Erst viel später nahm eine Vermutung konkrete Formen an. Es war Eberhard, er war der Nachbarsohn meiner Eltern. Wir spielten zusammen, wie es so bei Nachbarskindern üblich ist. Er war mein Beschützer, mein Verteidiger, mein Held, und wir beschlossen, wenn wir erwachsen werden, zu heiraten.  Sein Vater starb bei einem Grubenunglück. Seine Mutter heiratete wieder und zog mit Eberhard weg. „Wirst du mich heiraten, wenn wir groß sind?“ War seine Frage, als er sich verabschiedete, und damit verschwand er aus meinem Leben. Ich glaube, an diesem Tag war Eberhard auf eine eigenartige Weise wieder in mein Leben getreten.

Die Verhältnisse waren kaum noch zu ertragen. Die Schlachten tobten hin und her. Die einen gewannen, waren Sieger und raubten alles. Die anderen waren die Verlierer und plünderten ebenso alles, um ihr Überleben zu ermöglichen.
Der Donner der Kanonen, das Hurra der Reiter und der Söldner, die zum Sturmangriff antraten, war nicht zu überhören. Bis zum Zeitpunkt der Stille, und dann hörte man es: das Stöhnen, das Wimmern, das Schreien der Verletzten. Es war grausam, was der Wind uns in die Dörfer trug. Als die Stille eintrat, verstummte alles im Wind der Traurigkeit. Es war  geschehen,  der Tod hatte wieder einen erfolgreichen Tag.


Anmerkung von Borek:

Warum kann man aus der geschichtlichen Vergangenheit
keine Lehren ziehen, und sucht immer wieder neue
Schauplätze für neue Kriege

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Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (20.03.19)
Wieder ein guter Text!
"Warum kann man aus der geschichtlichen Vergangenheit
keine Lehren ziehen, und sucht immer wieder neue
Schauplätze für neue Kriege"
Das ist ja nichts neues. Es ist das Verdrängte, das weiter vererbt wird und innerhalb einer entsprechenden Zeit-Raum-Koordinate wieder neu aufflammt . Denn nur so wird Erlösung davon überhaupt möglich. Die meisten wollen von solchen Gedanken nichts wissen und nennen es "esoterisch", nur, um sich mit dem Erbe nicht auseinander setzen zu müssen.

 Borek meinte dazu am 20.03.19:
J, Lothar das ist ein dummes Spiel anders kann man nicht bezeichnen.
Berthold Brecht schrieb über die punischen Kriege:
Nach dem ersten Krieg war Karthago noch mächtig
nach dem zweiten noch bewohnbar
nach dem dritten nicht mehr auffindbar.
Zwei Weltkriege haben nicht viel Umdenken ergeben
Wann wird man schreiben
der 1 pflügte die Erde und das Meer um bis wieder langsam wieder etwas entstehen konnte.
Der 2.pflügte die Gesellschaft um bis wieder Wachstum
gedeihen konnte.
Der 3. vernichtet und verseucht die Erde und wird sie nicht mehr bewohnbar werden lassen, denn:
Jeder der Blöcke(Ost und West) braucht nicht Salz wie die Römer um die Erde von Karthago zu verderben, sondern es reichen einige Atome.
Der einzige Kampf der gerecht ist::
Der Kampf gegen Armut
Der Kampf gegen Unterdrückung
Der Kampf um Hunger
Der Kampf um Frieden
Es gibt so viel Arbeit in Afrika und Südamerika,so
dass wir keine Panzer schmieden müssen...es sind keine Spielzeugpanzer
Mit friedlichen Grüßen Borek und Danke für Deine Aufmerksamkeit

 LotharAtzert antwortete darauf am 20.03.19:
Ich danke ebenso. Am Ende wird das große Mitgefühl siegen!
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