Nowhereman

Gedicht zum Thema Krieg/Krieger

von  hermann8332

NOWHERE MAN

Douamont    Kriegswinter  1916/17
Abschnitt B / 6 ,  Niemandsland

( aus den postmortalen Memoiren
  eines  gefallenen Kriegshelden )
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Niemandsland :

Wem gehört das Land 
zwischen den beiden
Stellungsgräben ?

Niemand !

Oder den angefrorenen  Leichen,
die dort im fauligen Schlamm
aufweichen ... ?

Und die leben,

weil die  Würmer,
und die Maden
hier ihr Stelldichein
sich geben.

Somit regt sich in den Körpern
wiederum ein neues Leben ...

mitten im Verwesungsland,
das neue Eigentümer fand,

und das ein Luftraum überspannt,
der den Aaskrähen gehört,

die niemand bei der Arbeit stört,
wenn sie die Leichen fleddern,

sich dann und wann verheddern
im Stacheldrahtverhau

oder hoch oben kreisen
im preußischen Himmelsblau


Als Nowhere Man
im Nowhere Land
bist du niemandem mehr verpflichtet,

hast du auf alles nun verzichtet,

wonach man strebt,
wonach man hastet,

was einen hemmt
und  nur belastet.

Du brauchst,
du hast,
nichts mehr zu tun.

Du bist gefeit und bist immun :

gegen Propaganda und Politik
und deines Volkes Mißgeschick

gegen  Aufträge und Befehle,

Versklavung der geschundenen
Seele

gegen  Pädagogik und Ideologie.

Sie überzeugten dich noch nie ...

Ehre, Vaterland und Ruhm,

damit hast du nichts mehr zu tun

...gegen Sitte, Brauchtum, Tradition
gegen Moral und Religion

Was besagen diese "Werte" ?

Was bedeuten  sie  denn schon ?

Wenn doch alles untergeht,
wenn die Welt in Flammen steht .


Alles nur ein "Überbau",
der nun zusammenbricht.

Jetzt hast du endlich freie Sicht.

Schaust aus leeren Augenhöhlen
in einen leeren Nemohimmel
in dem die Niemandsvögel kreisen

Was stört es dich,

wenn sie dich zerhacken
wenn sie dich zerreißen,

wenn N-emogeier dich verspeisen,

wenn  ekelhafte N-aden
sich von deinem Gehirnbrei laben

wenn N -ameisen
deine Augäpfel zerfressen.

Das bedeutet n-ichts
Es läßt dich buchstäblich kalt.

Das alles kannst du ruhig vergessen !

Denn du bist ungeboren jung
und du bist ewig nun steinalt

und du bist zeitlos
und du bist frei

und du bist nackt
und du bist blos

und dir ist alles einerlei.


Wem gehört inzwischen das Land ?

Hat der Feind es überrannt  ?

Die eigene Streitmacht überquert ?

Wurde das freie Niemandsland
inzwischen bereits umbenannt ?

" Kampflinie, Front,
Stellung, Hinterland " ?

Dann büßt du deine Freiheit ein :

wirst ein Kriegsgefallener sein
und noch dazu ein Held,
der beim Anriff auf das Fort
sich aufopfert und dann fällt ...

Die Erkennungsmarke
reißt man dir  ab

zwingt dich vom Nobody
in eine Identität,

die dann zu den Akten geht,

schaufelt dir dein Soldatengrab,

bestattet dich mit allen Ehren.

Ehre, Vaterland und Ruhm,
damit hast du wieder zu tun.

Du kannst dich nicht dagegen wehren :

gegen das religiöse Tamtam,
gegen den dümmlichen Singsang,
den blechernen Fanfarenklang,
die krachenden Gewehrsalven
und den schlurfenden Trauermarsch

Bist nicht mehr kalt und nicht mehr cool :

die Contenance kommt dir abhand
und du schreist lautlos wutentbrannt :

" Leckt mich kreuzweis,
leckt mich am Arsch ! "

bist nun kein Nowhere  Man  mehr
irgendwo im Nowhere  Land,

bist ein Held,
nicht irgendwer 
dort hinten in deinem Heimatland,

wirst ins Propaganda-Joch
als Helden-Ochs neu eingespannt, 

liegst  nicht mehr frei,

bist bedeckt mit einer Flagge,
trägst eine neue Uniform
als dein letztes Hemd

Bist überall als Held bekannt

Selbst ein Schulkind dich erkennt
in deinem armen und geschundenen
und  begeisterten Vaterland 

man publiziert dein 
Konterfei,

denn du warst ganz vorn dabei
beim Sturm auf Douamont,

diesem riesigen Fort

nicht weit von Verdun,
jenem grauenvollen Ort

Nun wirst du
instrumentalisiert,
rücksichtslos,
gnadenlos,

wirst  posthum dekoriert
aufgeschminkt,
ausstaffiert .....

mit dem Eisernen Kreuz
erster Klasse
gar mit Schwertern
und Eichenlaub
und all diesem Lametta,

Eine Ehre !
die man keinem Held verwehre,

Wozu sind schließlich Orden da ? 

Bist nun  nicht mehr 
nackt und blos,

wie dort im Niemandsland.

Da warst du unbekannt

Ruhest nun nicht mehr " in Frieden "

Sehnst dich nach dem Nowhere Land:

Dort war Ruhe dir beschieden !


...he was a real nowhere man
  lying in his nowhere land ...

...before :
  when he was alive
  he was  as blind as he can be ....

... now there :
    he is dead and he begins to see ...

... when he came out from  nowhere land
    he  was no more a nowhere man ...
 
...  he was a hero than ....

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