Wir sind in Shanghai oder einem vergleichbaren Ort, bei den neuen Millionären, bei den Gewinnern des chinesischen Durchmarschs an die Weltspitze. Sie haben ihren Benefit, ihre Boni und Privilegien in Glas und Beton angelegt, in Wohntürme, die in den bleiernen Himmel ragen. Unten sind sie von künstlich bewässerten Grünanlagen umgeben und grell türkisfarbenen Pools – leer.
Morgens sieht man die Business-Leute geschäftig aus diesen Designer-Käfigen von dannen hasten, gelackt und wohlduftend, erst per Aufzug in die Tiefgaragen, von da in die Premium-Limousinen und dann auf die dicht besetzten Asphaltbahnen, die zu anderen Designer-Käfigen führen.
Danach strömen ihre Kinder heraus aus den Blöcken und sammeln sich an den Schulbus-Stationen, sauber in ihren schmucken Uniformen, zu denen neuerdings auch edle Kopfhörer gehören.
Sind die Millionäre und deren Kinder entschwunden, wird man einer Gegenbewegung gewahr: Da fahren Pickups vor oder einfache Lastwagen, und ein Heer von dunkelhäutigen Arbeitern verteilt sich in den Grünanlagen. Sie haben Helme auf, tragen grell leuchtende Uniformen und diverse Gartengeräte, die jetzt zum Einsatz kommen. Ein Konzert unterschiedlichster Motoren erschallt, und die rituelle Reinigung des Areals geht los, beaufsichtigt vom Buildings-Management, Männern im Anzug, erkennbar an ihren Walkie -Talkies.
In den Wohnungen haben derweil die Aiis und Maids ihre Pflichten in Angriff genommen. Sie räumen die Frühstücksreste weg, wickeln die Kleinkinder, betätigen die Staubsauger und Waschmaschinen oder kochen fürs Lunch vor.
Sind dann auch die nicht berufstätigen Ehefrauen aufgestanden, in Schale geworfen und zum Shopping oder einem social event aufgebrochen, haben es die Hilfskräfte sehr gut, theoretisch: Sie könnten im Schatten der Grünanlagen pausieren, sie könnten die vollklimatisierten Luxus-Wohnungen für sich genießen, sich die riesigen Smart-TVs anstellen, könnten endlose Bollywood-Schmöker anschauen oder mit ihren befreundeten Mitstreitern im Nachbar-Block telefonieren. Sie könnten – während die Herrschaften zu busy, zu wichtig, zu unersetzbar in ihren Büros sind und die nächsten Deals, die nächsten Boni und nächsten Projekte ankurbeln mit neuen Gewinnen, neuen Möglichkeiten für neue Wohnanlagen ….- ja, in der Zeit könnten diese so miserabel Bezahlten, diese Underdogs... tatsächlich die üppige Habenseite jenes fadenscheinigen Millionärsbetriebs auskosten, all diesen Luxus wenigstens ein bisschen nutzen. Aber dürften sie das? Trauen sie sich das? Und wäre das tatsächlich schon eine Art höherer Gerechtigkeit ?
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"sich die riesigen die Smart-TVs anstellen"? Zwei Mal "die" und dann die etwas wiedersprüchliche Kombination "riesig" und "smart".
Und was ist ein "Aiis"?