Trecento Incel-Lyrik: Francesco Petrarca und der süße Gesang der Nachtigall

Essay zum Thema Liebe & Schmerz

von  toltec-head

...e´l rosignuol
que dolcemente
all´ombra...


Canzoniere, X


Milton, der das Paradies wieder erfand und  in Kreisen ziemlich verkommener Wollüstlinge verkehrte, war noch mit Ende 20 stolz darauf, ja brüstete sich damit Jungfrau zu sein. Er war also ein Volcel (ein voluntary celebatory). Dann heiratete er mit Anfang 30 plötzlich. Die Ehe hielt jedoch nur wenige Tage. Ob er wie sein Landsmann John Ruskin in der Hochzeitsnacht fluchtartig aus dem Bett sprang und das Zimmer verließ, weil er feststellen musste, dass entgegen seiner felsenfesten Erwartung selbst noch ganz mädchenhafte Fotzen doch schon ziemlich behaart sind, ist nicht überliefert. Gut möglich ist es jedoch, denn seine junge Frau, die als nicht wenig lebenslustig beschrieben wird, zog wieder zurück in ihr Vaterhaus, wo sie sich anstatt mit dem großen Dichter mit der Dienerschaft verlustiert haben soll  (Vollzug der Ehe als Wirksamkeitserfordernis).

Ob Petrarca jemals gefickt hat, weiß man nicht. Wenn man den 366 Gesängen seines Canzoniere Glauben schenken darf, in denen er sich eigentlich ständig darüber beklagt, nicht nur unterfickt sondern sogar völlig ficklos Wiesen und Hügel und Bäche und Täler - und das jahrzehntelang - entlang geirrt zu sein, so hat er es jedenfalls nicht getan. Was die Fotze seiner blonden, sündhaft jungen Laura angeht, durfte er sich also bis zum Schluss allen Illusionen dieser Welt hingeben. Vielleicht auch deshalb war er vielleicht der allererste Dichter, der so komische Dinge wie "den süßen Gesang der Nachtigall" erfand. Oder ihn doch einfach nur nur von einem anderen, minderen Dichter des dolce stile nuovo übernahm. Denn Naturbetrachtung einfach so, tout brut, war damals lange noch nicht in Mode. Auf die Erfindung schöner, neuer Begriffe kam es an. Oder eben das gelehrte, glanzvolle Zitat.

Jahrhundertelang wurde der süße Gesang der Nachtigall dann immer weiter von kleinen wie großen Dichtern zu Tode zitiert, bis heutige Menstruationslyriker_innen in Internetforen, die wirklich dem Gesang der Nachtigall tout brut, in der freien Natur gelauscht haben wollen, felsenfest und dann auch noch gereimt behaupten, dieser sei süß. Es handelt sich für gewöhnlich um den selben Personenkreis, der den Messiaen´schen Transkriptionen des Vogelgesangs keine 3 Minuten zuhören könnte, weil er sie für zu dissonant empfände, sich schon seit Jahrzehnten unten rum nicht mehr rasiert, weder unterfickt, noch ficklos durch die Welt läuft, sondern einfach nur an der ganzen Chose seit langem schon, wenn nicht seit jeher eher desinteressiert ist und im übrigen auch Blumen sehr schön findet. Wer den Untergang des Abendlands beklagt, darf auch von derartigen Dingen, meine ich, nicht schweigen.

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Kommentare zu diesem Text

Jack (36)
(18.06.18)
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 toltec-head meinte dazu am 18.06.18:
Hast du wirklich noch nie, Jack?
Jack (36) antwortete darauf am 18.06.18:
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 toltec-head schrieb daraufhin am 18.06.18:
Kann dich bei Gelegenheit gern mal deflorieren.
Jack (36) äußerte darauf am 18.06.18:
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 toltec-head ergänzte dazu am 18.06.18:
Wie du bereits Platon entnehmen magst, mögen sogenannte richtige Männer Frauen so sehr, dass sie nichts dagegen haben selbst eine zu sein. Rasierst du dich?
Jack (36) meinte dazu am 18.06.18:
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 toltec-head meinte dazu am 18.06.18:
Wieso peinlich? Beim Spülen waren wir doch nich gar nicht angelangt.
Jack (36) meinte dazu am 18.06.18:
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 toltec-head meinte dazu am 18.06.18:
Die Stelle mit den nicht zu 100 % mannmännlichen Kugelwesen steht, meine ich, im Symposion. Spülen kannten die Griechen nicht (Schenkelverkehr). Wäre auch komisch, sich mitten in der Schlacht um Troja entspechende Apparaturen vorstellen zu müssen.
Graeculus (69)
(18.06.18)
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 LotharAtzert meinte dazu am 18.06.18:
- Frührenaissance - Zentralperspektive und Mythos, deren bekanntester Vertreter der Maler Sandro Botticelli war.

 toltec-head meinte dazu am 18.06.18:
Peinlich, peinlich:)

Obwohl Quatrocento natürlich besser klingt.
Graeculus (69) meinte dazu am 18.06.18:
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 toltec-head meinte dazu am 18.06.18:
thx.

 Dieter Wal (18.06.18)
" In Montpellier lernt Petrarca die Kunst der Troubadoure kennen."

http://www.zeno.org/Literatur/M/Petrarca,+Francesco/Biographie

Auch das wusste ich nicht. Der Kirchengeschichtler Berndt Hamm erzählte in einer seiner Vorlesungen von Petrarca. https://www.theologie.fau.de/lehrstuhl-kirchengeschichte-ii-neuere-kirchengeschichte/prof-dr-berndt-hamm-em/

Am Ende jeder Vorlesesung gab er mündliche Literaturempfehlungen. Immer mehrere Minuten. Mindestens 40 Bücher. Die wenigen, die ich darauf bestellte, leider nur höchstens 10, waren absolute Perlen, von denen ich mehr lernte, als durch manche Vorlesungsreihe. Auch menschlich war dieser Prof außergewöhnlich.

Danke dir, dass du an Petrarca (und andere) erinnerst. Die meisten Troubadoure hatten sehr speziellen Umgang mit Sexualität, den ich bei manchen ihrer literarischen Erzeugnisse berührend finde.

http://www.mediaevistenverband.de/2010/11/dichtung-und-musik-der-stauferzeit/ In dem Band des Symposions (Worms-Verlag 2011) auf S. 34f. entdeckte ich zwei bemerkenswert-schöne provencalische Lyrik-Zitate, in dessen einem die Vögel aus seiner Heimat der "douce Champaigne" singen (Der Troubadour hieß: Gace Brulé).

https://de.wikipedia.org/wiki/Gace_Brul%C3%A9

Fröhliches Vögeln!

Kommentar geändert am 18.06.2018 um 23:50 Uhr
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