Hurra, wir glauben noch

Text zum Thema Medien

von  Oggy

19.12.2018
Wie das Flaggschiff des deutschen Qualitätsjournalismus Der Spiegel gerade feierlich bekannt gibt, seien darin über Jahre hinweg mehr oder weniger frei erfundene "Reportagen" eines "journalistischen Idols seiner Generation" (so der Spiegel - ehemals - über seinen eigenen Helden) publiziert worden.
Der äußerst fantasiereiche (und inzwischen ehemalige) Mitarbeiter und Spiegel-Redakteur ist seines Zeichens stolzer Träger des Peter Scholl-Latour-, des Konrad-Duden-, des Kindernothilfe-, des Katholischen und gar des Coburger Medienpreises sowie wiederholt des Deutschen Reporterpreises. Oder war es der Retortenpreis? International erhielt er jedenfalls u.a. den Reemtsma Liberty Award, den European Press Prize und wurde darüber hinaus von den Nachrichtenmachern von CNN zum "Journalist of the Year" gekürt. Forbes-Liste (er)sparen wir uns.
Während die Juroren des bereits genannten Deutschen Reporterpreises bei der Würdigung der "Reportage des Jahres" sich blenden ließen von einem (inzwischen als dubios verdächtigten) Text "von beispielloser Leichtigkeit, Dichte und Relevanz, der nie offenlässt, auf welchen Quellen er basiert", griff der Laudator des Peter-Scholl-Latour-Preises für eine Story, die der Spiegel mittlerweile völlig unpathetisch als ein "besonders abstoßendes" Beispiel für journalistische Fälschungen bezeichnet, mit "besser als in dieser Reportage kann Journalismus nicht sein", komplett ins Klo. [1]

Die "Qualitätssicherung" des renommiertesten deutschen Presseerzeugnisses muß wohl jahrelang zufällig gerade in dem Moment auf besagtem Scheißhaus gesessen haben, wenn die gefakten Artikel völlig unbeanstandet in den Druck gingen. Und anderswo? Zahlreiche Medien ("die besten der Republik", wie der Tagesspiegel nicht ohne das notwendige Maß an Selbstbewußtsein über sich selbst schreibt, neben Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, taz, Die Welt u.v.m.) wurden mit dieser süchtig machenden Wahrheitsdroge geradezu gemästet. [2]
"DER SPIEGEL bittet jeden und jede, der oder die mit falschen Zitaten, erfundenen Details ihres Lebens, in erdachten Szenen, an fiktiven Orten oder sonst in falschen Zusammenhängen in Artikeln von xxxxx xxxxxxxx im SPIEGEL aufgetaucht sein mögen, um Entschuldigung. Das Haus entschuldigt sich auch bei seinen Leserinnen und Lesern, bei allen geschätzten Kolleginnen und Kollegen in der Branche, bei den Preiskomitees und -jurys, den Journalistenschulen, bei der Familie Rudolf Augsteins, bei Geschäftspartnern und Kunden." [1]

Baron von Münchhausen oder Hauptmann von Köpenick? Der Preisgekrönte hat den deutschen wie den internationalen Qualitätslesern jedenfalls über Jahre hinweg genau das erzählt, was sie lesen und hören wollen. Handwerklich absolut hervorragende Arbeit und Unterhaltung. Keine Zeichensetzungs-, Grammatik-, Rechtschreib-, Stil-, Metrik-, Rhythmus- und Reimfehler wie hier, bei den verzweifelt nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit ringenden blutigen Amateuren (jedenfalls mit wenigen Ausnahmen...) auf kv. Garantiert null Abweichung von der Political Correctness. Endlich mal null N*ziverdacht. Ein publizistischer Orgasmus folgt dem nächsten.
Im Grunde müßte man/frau dem Mann einen Orden verleihen, der die Bezeichnung auch verdient, statt ihn nun wie einen aus dem siebenten Druckerpressehimmel hinauskatapultierten Mephisto zu verteufeln und in die publizistische Wüste zu schicken. Wider die so tierisch ernste Wahrheit! Absolutes Ausnahmetalent. Einzelfall. Die treudoofen, rachelüsternen Nestbeschmutzungen der nachrangigen publizistischen Konkurrenz, so etwas dürfe sich "nicht wiederholen", wenn es auch "Übelschreiber[!] ... im Qualitätsjournalismus immer wieder gegeben [hat]" [2], wische man getrost beiseite.

"In einer früheren Fassung dieses Textes wurde der unangemessene Ausdruck "getürkt" verwendet. Wir haben das korrigiert." (Zitat aus dem erwähnten Bekennerbrief des Augstein-Blatts.)
Es schreibt? Ihr Spiegelbild.

_____
Quellen
[1] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/fall-claas-relotius-spiegel-legt-betrug-im-eigenen-haus-offen-a-1244579.html
[2] https://www.tagesspiegel.de/medien/betrugsaffaere-um-spiegel-reporter-ein-fall-relotius-darf-sich-nicht-wiederholen/23780530.html

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Manni (38)
(20.12.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Oggy meinte dazu am 20.12.18:
Der Effekt der schleichenden Erodierung des Menschenverstandes in gewissen Medien hält ja schon sehr lange an. So wie hier geschildert empfinde ich es auch. Als ich z.B. die (Spiegel-)Quelle aus den 1960er Jahren zu meinem Text "Hephocapalytirosises" studiert habe (ohne die er so nicht möglich gewesen wäre - wie viele andere auch), war mein erster Gedanke in etwa "zwischen der journalistischen Qualität von damals und der von heute liegt ja eine unbekannte Anzahl von Dimensionen". Ehemals waren etliche Berichte mit Kompetenz, Detailtreue und Witz geschrieben, heute scheint an vielen Stellen ein Mindestmaß an Objektivität weitestgehend von einem fabulierten und völlig deplatzierten Erziehungsauftrag verdrängt worden zu sein. Man kann das übrigens auch sehr gut an den Titelbildern des neueren "Nachrichten"magazins erkennen.

Zum Glück gibt es auch genügend rühmliche Gegenbeispiele, die es aber an Popularität mit den "Big Boys" freilich nicht aufnehmen können.

LG,
Oggy
fdöobsah (54)
(20.12.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Oggy antwortete darauf am 20.12.18:
Sein Werk wurde von renommierten Fachleuten vielfach an der Grenze von bestem Journalismus und Literatur gesehen. Lassen wir einfach mal welche davon zu Wort kommen:
"xxxxx xxxxxxxx' Reportagen sind unglaublich detailliert ausrecherchiert und eindringlich geschildert und fast schon als Literatur zu bezeichnen. Auch wenn man dachte, schon alles gehört und gelesen zu haben, so gelingt es xxxxxxxx mit seinen herausragenden Stücken, eine weitere Tür mit neuen Erkenntnissen aufzumachen." (Jury des Reemtsma Liberty Award 2017, zitiert nach presseportal.de)
Und weiter im (Lach)Text: "Nach Meinung der Jury verleihen insbesondere die Details, die xxxxxxxx mit viel Aufwand recherchiert hat, beiden Reportagen ihre einzigartige Wucht" (presseportal.de). Diese Wucht schlägt jetzt voll auf die irgendwie dekadent gewordene Zunft zurück.

Ich hingegen (als völliger Laie, aber notorischer Skeptiker) hätte diese einfach zu perfekte Schreibe bestenfalls als Literatur mit einem gewissen Quantum (unbekannte Höhe!) Journalismus betrachtet. Einfach von der anderen Seite her. Das reicht bei mir schon (allgemein betrachtet) sehr weit zurück. Und in der Literatur liegen ja auch die überlegenen Stärken dieses Autors.
Neben dieser Deiner und meiner Meinung gibt es aber durchaus noch andere Ansichtsweisen dazu:
Pointiert formuliert, xxxxx xxxxxxxx [Name austauschbar] "wird binnen kurzer Zeit rehabilitiert sein, er wird die Schuld für seine Fake News irgendwie auf „die Rechten“ schieben und innerhalb weniger Jahre wird er irgendwo Karriere machen. Sein „Verbrechen“ aus Sicht der Leitmedien war nicht mangelnde Linientreue, sondern ... dass er sich erwischen ließ, und ein solches Vergehen ist ungeschickt und lästig, aber zeihlich. Es wird ihm ungefähr genauso schlimm ergehen wie den Bankern, welche die Weltfinanzkrise von 2008 einleiteten …" (Dushan Wegner, 20.12.2018).
Ein Horrorszenario.
fdöobsah (54) schrieb daraufhin am 20.12.18:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Piroschka (55)
(20.12.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Oggy äußerte darauf am 20.12.18:
Hallo Petra,

viele Jahre lang "von nichts gewußt" ist ja hierzulande nichts wirklich Neues. Klopapier unterliegt zweifellos einer höhergestellten Qualitätssicherung.
Im Gegenteil, dem aufrichtigen Spiegel-Journalisten, der die Sache überfallartig ans Licht brachte, wurde erst nicht geglaubt (in beinahe perfekter Ergänzung mit den längst verrohten Branchengepflogenheiten: "riskierte seinen Job" /Spiegel). Seine diesbezüglichen Recherchen mußten sogar auf eigene Kosten erfolgen. Er sei viele Wochen buchstäblich "durch die Hölle" gegangen, zumal der inzwischen Überführte und Geständige die Vorwürfe lange Zeit nachhaltig von sich wies.

LG und ganz herzlichen Dank,
Oggy

 harzgebirgler (20.12.18)
der mann hat reichlich fantasie
doch fehl am platz scheint mir da die
obwohl sie wunderbar entlarvt
daß kontrolleure unbedarft.

herzliche grüße
henning

 Oggy ergänzte dazu am 20.12.18:
Man kann bei dieser Sach' nur hoffen,
daß die Controller nicht besoffen...
;)

LG und danke,
Oggy

 Dieter_Rotmund (20.12.18)
Gerne gelesen. Auch wenn der Vergleich mit kV nicht nur hinkt, sondern bewegungsunfähig ist.

P.S.: Was hat Dich veranlasst, den Namen des Betrügers auszuixgen?

 Oggy meinte dazu am 20.12.18:
Hm, immer wieder für Überraschungen gut...

Den Vergleich mit kv hätte ich freilich weglassen können (wäre auch kein Problem, ihn zu tilgen), aber ich wollte den Text für das Forum hier etwas aufpeppen.

Den Namen habe ich unkenntlich gemacht (ist zugegebenermaßen unansehnlich), weil es mir sonst halt so anprangernd vorkäme, was ich nicht mag.

Manche Stellen in den Quellen habe ich weit über zehnmal gelesen, weil ich es immer noch nicht richtig glauben konnte.
Geht mir oft so.

 GastIltis (20.12.18)
Hallo Oggy, ich versuche dies mal mit den Fälschungen des Malers Wolfgang Beltracchi zu vergleichen. In beiden Fällen geht es, wie immer in den Ligen, in denen sich dies abspielt, um viel Geld und bedeutende Marktanteile. Den Maler könnte man „fast“ noch bewundern, weil er z.T. Bilder gemalt hatte, die nicht nur an die Originale heranreichten, sondern sogar solche ersetzten, die es gar nicht gab.
Hier handelt es sich nicht um Literatur, da könnte auch das wahre Leben durch ein erdachtes ersetzt werden, was ja Claas Relotius auch getan hat, sondern um Journalismus, um seriöse Berichterstattung von den Brennpunkten des Weltgeschehens. Nicht immer den wichtigsten, aber einigen schon. Seriös heißt heute immer wahrheitsgemäß. Journalismus bedeutet seit längerer Zeit nicht mehr Propaganda.
Natürlich muss man, dass trifft übrigens für Beltracchi wie für Relotius zu, ihnen zugute halten, dass sie in eine Art Sog hinein geraten, sich in einen Rausch versetzen, abhängig werden. Vom eigenen Erfolgsdruck, aber auch von der psychischen Situation, in der sie sich befinden bzw. in die sie sich ohne Zwang von außen hinein manövriert haben. Das ist bedauerlich. Und zum Teil schädlich.
Beltracchi hat sich da fein wieder gelöst, vor allem, da man nicht genau weiß, was noch irgendwo von ihm als echt herum hängt bzw. was er noch für „Werte“ gebunkert haben könnte. Bei Relotius könnte ich mir vorstellen, dass sich bald ein Verleger die Rechte für ein Buch sichern wird und es würde mich nicht wündern, wenn sich die Sache, der Mann ist jung, nicht mit ihm in der Hauptrolle verfilmen ließe. Natürlich für gutes Geld. Die Frage ist natürlich, inwieweit der Spiegel Schadenersatzansprüche geltend machen wird, und wie er sich dagegen zur Wehr setzen soll. Aber das ist eine andere Sache. Jedenfalls hat der Spiegel nach dem Stern nun auch einen Riesenskandal. Ob das gut ist, sei dahin gestellt. KV hat jedenfalls bei allem Übermut damit nichts zu tun! Und das ist auch gut so, hätte jetzt Wowereit gesagt. LG von Gil.

 Oggy meinte dazu am 21.12.18:
Hallo Gil,

so weit muß man gar nicht gehen. Ich dachte (wie auch viele Journalisten) gleich an die Fälschungen von Konrad Kujau, denen das Unterhaltungsmagazin Stern "aufgesessen" war. Auf diesem Niveau ist der Spiegel damit endgültig angekommen. Ich (und weitere in meinem Bekanntenkreis) habe damals kein Wort geglaubt.

Wenn solche Geschichten von A bis Z erfunden sind, dann halte ich das sehr wohl für Literatur. Und bin mit dieser Ansicht beileibe ja kein Einzelfall, denn gerade in der Branche haben sich ja Juroren (vorher und sehr sachte) und kritische Kollegen (allerdings erst nachher(?) und weniger diplomatisch) dahingehend geäußert. Man mag dafür an der ein oder anderen Stelle durchaus auch andere Begriffe, wie z.B. "Inszenierung" verwenden...

Es resümiert z.B. der Wirtschaftsjournalist Bernd Ziesemer:
"Seit vielen Jahren beobachte ich in vielen Medien eine Verschiebung weg von der harten Recherche und hin zur Inszenierung. (...) Viele deutsche Reportagen, die gleich sackweise Journalistenpreise kassieren, lesen sich irgendwie wie eine Novelle: Viel zu schön, um wahr zu sein."
Und weiter:
"Viele Ressortleiter sehen es als ihre Hauptaufgabe, schöne Texte noch schöner zu schnitzen, statt zusätzliche Recherchen einzufordern, die einen Text noch besser machen könnten. Eine kleine Gruppe von Qualitätsmedien schanzt sich gegenseitig die Journalistenpreise zu, die als Bestätigung ihres eigenen Tuns gelten. Unter vielen Top-Journalisten der Republik herrscht eine Art persönliche Kumpanei..."
Man möchte da nur noch hinzufügen: Warum soll es in der Medienbranche auch anders zugehen als in der Literaturbranche?

Ich wundere mich über die hervorragenden Kommentare journalistischer Kollegen über diesen Fall, die aber irgendwie zu spät kommen. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, daß kein Mensch (zumal absolute Profis!) irgendetwas gemerkt haben soll. Gerade nicht an der Quelle.

Ich sehe den Hauptverursacher dieser Affäre keinesfalls als Opfer, sondern als eiskalten, wohlüberlegt vorgehenden Täter. Er hätte diese Scheiße jederzeit beenden können; je früher, desto besser. Stattdessen hat er nicht nur die Redaktion und seine Leser, sondern gerade auch ehrliche, seriöse und täglich hart arbeitende (statt fabulierende) Journalisten durch immer dreister werdenden Betrug jahrelang um die wohlverdienten Preise für ihre Arbeit gebracht. Er trieb es immer doller, bis er letztendlich an seiner Gier scheiterte. Am meisten aber hat er sich selbst betrogen.

Daß die "Story" irgendwann vermarktet und verfilmt wird, daran habe ich eigentlich kaum Zweifel. Dafür ist sie ja auch ideal geeignet. Ob uns die Lacher nicht irgendwie im Halse stecken bleiben?

LG und danke für Deinen sehr interessanten Kommentar!
kv soll sauber bleiben, hihihi
Oggy

Antwort geändert am 21.12.2018 um 02:11 Uhr

Antwort geändert am 21.12.2018 um 02:12 Uhr

Antwort geändert am 21.12.2018 um 02:14 Uhr

Antwort geändert am 21.12.2018 um 02:16 Uhr

 Oggy meinte dazu am 21.12.18:
Aktueller Nachtrag

Die frei erfundenen Geschichten, Reportagen, Dialoge und Interviews wie z.B.

- ein gefälschtes Interview mit einer 99-jährigen Widerstandskämpferin der "Weißen Rose" (als besonders abstoßendes Beispiel)
- ein erfundenes Schild "Mexikaner haut ab!" und viele weitere erfundene fremdenfeindliche Protagonisten mit frei erfundenen Handlungen und Aussagen in einer Kleinstadt in der USA
- nicht weniger ekelhaft: Eine erfundene Geschichte über Hinrichtungstourismus in den USA
- zur Abwechslung mal was "Positives": Syrische Kriegskinder, die nachts fantasiereich von der Bundeskanzlerin träumen
und...und...und...und....

sind sehr wohl Propaganda. Rational gesteuerte Lügenpropaganda in einer ganz besonders perfiden Form.
Nun behauptet der Spiegel plötzlich, er sei einem psychisch Kranken (der wenige Tage vorher noch als Genie galt) aufgesessen. Dabei ist der Spiegel selbst krank. Schwer krank. Und er hat nicht wenige Teile der zumindest deutschen Medienlandschaft längst angesteckt. Oder war es umgekehrt?
Auf kv wird so etwas mit dem m.E. unzureichenden Kunstbegriff "Filterblasen" beschrieben. Ich nenne diese Effekte "Inzestprozeß" (auf den Begriff hat mich vor vielen Jahren ein Philosoph gebracht). Es werden nur noch Meinungen ausgetauscht, die dem engen und ideologisch völlig verzerrten eigenen Weltbild entsprechen. Alles Störende wird ausgeblendet. Fremde Meinungen werden ganz selbstverständlich diskriminiert. Irgendwann springt das dann mehr oder weniger offen in eine Fantasiewelt über, die immer verrückter ("psychisch krank") wird.
Es ist ja keineswegs "Zufall", daß in o.g. Geschichten immer die Amerikaner schlecht aussehen. Antiamerikanismus ist wirklich keine Erfindung der letzten Wochen.

Antwort geändert am 21.12.2018 um 09:10 Uhr
tileo (37)
(20.12.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Oggy meinte dazu am 21.12.18:
Lassen wir einfach mal die lieben Kollegen zu Wort kommen:
"Zur Wahrheit gehört auch, dass die Jurys und Redaktionen von Relotius nicht einfach betrogen wurden, sondern seine Storys hören wollten. Ein bisschen [lach!] betrogen werden wollten, wie im Hollywood-Kino." (Elsa Koester)

 TassoTuwas (22.12.18)
Hallo Oggy,
und was ist das Schlimmste an der Geschichte?
Das Schlimmst ist, dass mich diese Nachricht nicht erschreckt, dass sie mich nicht sprachlos macht, oder wütend oder ich in irres Lachen falle!
Die Welt ist moralisch am Ende und keine Änderung in Sicht!
LG TT

 Oggy meinte dazu am 22.12.18:
Hallo TT,

die Überraschung ist dem Spiegel wohl nicht wirklich gelungen. ;)
Und mancher Insider der Medienbranche spottete hinter vorgehaltener Hand (beim abendlichen Kollegentreffen an der Bar) schon sehr lange über die immer rührseliger und abenteuerlicher werdenden Spiegel-Geschichten.
Gerade wegen der Detail"treue" seien dem Urheber von gewisser Seite journalistische Lorbeeren vorenthalten worden, die ihm von anderer Seite genau deswegen förmlich hinterhergeworfen worden sind.

Während der Spiegel - wie fast zu erwarten - die Affäre sofort zu vermarkten beginnt, fordert US-Botschafter Richard Grenell (ja, der Mann, dessen sofortige Abberufung vor wenigen Monaten vom um demokratische Grundwerte so überaus besorgten Ex-Kanzlerkandidaten Martin Schulz ("benimmt sich ... wie ein rechtsextremer Kolonialoffizier") und der äußerst strammen Aufsteh-Domina Sahra Wagenknecht ("Wenn die Bundesregierung die demokratische Souveränität unseres Landes ernst nimmt, sollte sie Grenell ... umgehend ausweisen") unisono gefordert wurde) im Namen seiner Regierung eine unabhängige Untersuchung der Betrugsfälle, wie es jedweder Menschenverstand auch für dringend notwendig erachten würde. Denn eine Krähe hackt der anderen schließlich kein Auge aus, schon gar keine nach wie vor im selben Schmutznest schmierende. Insofern hinkt der Vergleich mit einem "Bauernopfer" (Alexander Wallasch) keineswegs.
Das Redaktionsklima beim Spiegel begünstige die antiamerikanische "Bericht"erstattung, so Grenell, die in letzter Zeit ins Uferlose angewachsen wäre. Die Leitung des Blatts habe diese Attitüde forciert und die Reporter hätten folglich das geliefert, was die Unternehmensleitung von ihnen verlangt habe. Der Botschafter stellt die Frage in den Raum, wieviel Schaden dem Ruf seines Landes wohl durch sieben Jahren ungeprüfte (ein wirklich sehr diplomatisches Wort für die Vorfälle) Spiegel-Berichte zugefügt worden sei.
Ein wirklich erbärmliches Bild wirft der Umstand auf das (Journalisten-Scherz: "ehemalige") Nachrichtenmagazin, daß dem Mitarbeiter, der den Betrug in mühseliger Kleinarbeit ans Licht brachte, zeitweise zumindest indirekt mit Rausschmiß gedroht wurde.
Zyniker könnten zu der ganzen Sache - die noch lange nicht ausgestanden, geschweige denn aufgeklärt ist - vielleicht noch hinzufügen, daß es wirklich schade ist, daß der sicherlich nicht unumstrittene, aber stets authentisch gebliebene F.J. Strauß das alles nicht mehr erleben kann...

LG und ganz herzlichen Dank,
Oggy

Antwort geändert am 22.12.2018 um 20:49 Uhr
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram