All along the watchtower ( Bob Dylan 1967)

Kurzgeschichte

von  Hartmut

Damals waren es die Fittings, Passstücke, heute sind es Teile für die Autoindustrie, die weltweit verkauft werden. Das Unternehmen gehört einer Familie. Er ist ihr langjähriger Geschäftsführer und sitzt noch zu später Stunde an seinem Schreibtisch, um das abzuarbeiten, was tagsüber durch Gespräche zu kurz gekommen ist. Eine Kündigung und eine Abmahnung liegen zur Unterschrift auf seinem Schreibtisch. Im ersten Fall geht es um die Kündigung einer jungen Frau und Mutter. Die neue Personalsoftware hat den Namen der Frau ausgespuckt, da sie eine programmierte Fehlquote überschritten hat. Im zweiten Fall ist ein Mitarbeiter, Automateneinrichter, mit Alkohol erwischt worden. Stundenlang sitzt er an der Präzisionspresse, um bei Störungen einzugreifen. Natürlich könnte man das auch automatisch regeln, aber diese Einrichtung wäre weitaus anfälliger und kostenintensiver. 

Das erste Mal trifft er sie in der Toilette. Sofort hört sie mit der Reinigung auf. Ein zweites Mal treffen sie sich im obersten Stockwerk. Sie reinigt die Fensterbänke, schaut manchmal nach draußen. Tief unten erhellen Scheinwerfer die menschenleere Straße. Er geht zu ihr hin und überreicht ihr eine Tasse Kaffee.
„Es muss doch einen Weg geben, um hier rauszukommen“, sagt er. „Hier, da unten.“ „Kein Grund, sich aufzuregen“, antwortet sie und lächelt. „Sie und ich wissen, dass das nicht das wahre Leben ist und nicht zu unserem Schicksal werden darf.“
„Wie können wir die Invasion der Barbaren aufhalten?“, bricht es aus ihm heraus. „Zu spät“, sagt sie ernst. „Sie sind schon hier, da unten, überall. Die Menschheit wir sich selbst auslöschen, das Arsenal der Atomwaffen ist groß genug. Morgen, übermorgen, überübermorgen. Irgendwann kommt sie wieder zurück, ein neuer Anfang, Evolution und wieder Untergang.“

Ein drittes Mal treffen sie sich im Fahrstuhl nach unten. In den Produktionshallen beginnt die Nachtschicht. Arbeiter in grauen Anzügen kommen und gehen. Es regnet. Sie spannt ihren Schirm auf und gemeinsam verlassen sie das Gelände, verschwinden in der Dunkelheit des Parkplatzes. Eine Sirene ertönt.
Two riders are approaching, the wind begins to howl.

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Kommentare zu diesem Text

PowR.TocH. (58)
(18.09.20)
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 Hartmut meinte dazu am 29.09.20:
Ich werde in 14 Tagen 77 , und habe Angst ,dass meine Enkelkinder Schreckliches erleben......

 Graeculus antwortete darauf am 29.09.20:
Da man gleich an Jimi Hendrix denkt (wie bei "Mr. Tambourine Man" an die Byrds), ist der Hinweis vielleicht angebracht, daß beide Stücke von Bob Dylan stammen.
Die Verbindung von Szenen mit Musik, die zunächst nichts damit zu tun zu haben scheint, kann ich gut nachvollziehen.

 Dieter_Rotmund (19.09.20)
Die Musikbezüge (er)kenne ich nicht und der Schluss ist mir ein wenig zu pathetisch, dennoch gerne gelesen.

 Hartmut schrieb daraufhin am 30.09.20:
Text : All along the watchtower: von Bob Dylan
Es muss hier einen Ausweg geben, sagt der Joker zu dem Dieb,
hier läuft so vieles Durcheinander, jeder führt den eignen Krieg.
Geschäftemacher trinken meinen Wein, Totengräber pflügen meinen Grund
Und niemand weiß, was wirklich wichtig ist, in dem weiten Erdenrund.

Kein Grund, sich drüber aufzuregen, meint der Dieb ganz ohne Hass,
die meisten Menschen glauben sowieso, das ganze Leben sei ein Spaß.
Doch du und ich wir stehen nebendran, und wissen was der Zeiger schlägt.
Lass uns nicht lang darüber reden, es ist schon lange viel zu spät.

Oben auf dem Wachtturm, stehen die Weisen und sie sehn,
auf all die Menschen unter ihnen, die kommen und dann wieder gehn.
Doch draußen in der Kälte, erklingt ein Knurren und man sieht,
zwei Reiter, die sich langsam nähern, der Wind nimmt zu, alles flieht
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 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 30.09.20:
Achgott, war/ist das so ein Protestsinger? Ich habe je keine Ahnung von Popmusik und höre selbst am liebsten welche ohne Text.
Nun, ja.
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