Winterattentat (1958)

Kurzgeschichte zum Thema Erinnerung

von  Hartmut

Die  Berührung ( vor 62 Jahren)  hat 2, höchstens 3 Sekunden gedauert. 

Ende Februar 1958, Volksschule 8. Schuljahr.  Ich kann die Zeit bis zum Unterrichtsende kaum erwarten. Den ganzen Vormittag schneit es. Endlich nach Hause, Mittagessen, und dann auf die  Rodelwiese. Die Schlitten werden aneinander gebunden, und eine bunte Mannschaft macht sich bereit für die Abfahrt.
Kurz bevor die Reise losgeht kommt ein Mädchen und möchte mitfahren. Ohne auf meine Antwort zu warten sitzt sie auch schon vor mir. Eine Schülerin meiner Schule. Noch nie haben wir ein Wort miteinander gesprochen. Ich bin nicht überrascht, fährt sie doch mit jedem mit. Schön und wild ist sie, rote Backen, gehäkelte Mütze, Schal, grauer Mantel, Hose, an den Fußknöcheln ein Gummiband.
Mit Geschrei geht es los  das lauter wird, je schneller die Fahrt wird. Kurz bevor alle umkippen und in den Schnee geworfen werden passiert es: Ich berühre ihren kleinen Busen, halte ihn für kurze Zeit fest. Ein Zittern, eher  ein Zusammenzucken geht durch ihren Körper, plötzlich ist sie still und dann fallen wir auch schon in den Schnee.
Sie fährt an diesem Tage nicht mehr mit mir und in den paar Wochen bis zur Entlassung im Frühjahr sehen wir uns nur auf dem Schulhof. Und wenn, schaut man weg.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (29.02.20)
Dann kam Mustafa und hat sie einfach auf dem Klo gefickt. Das Leben ist so grausam, Bruda! Aber diese drei Sekunden kann dir keiner mehr nehmen!

 Hartmut meinte dazu am 29.02.20:
Schäääääm Dich!!

 princess (29.02.20)
Manches, das im Äußeren flüchtig scheint, überlebt im Inneren eben doch. Ich mag deine Geschichte.

LG p.

 AchterZwerg (29.02.20)
Wenn du mir jetzt noch erklärst, wie man einen kleinen, kindlichen Busen festhält, bin ich mit der Geschichte einverstanden. ;-9

 Dieter_Rotmund (29.02.20)
Der erste Satz ist nicht gut, klingt sehr nach vorneweg gemachter Rechtfertigung/Entschuldigung. Würde ich einfach weglassen. Ansonsten gerne gelesen.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram