Unbeständig

Gedicht

von  unangepasste

Wie viele Winter
trägt der Baum in seinen Ringen.
Einen Schatten lang
halten wir uns
in der dritten Stunde der Nacht,
nennst du mich Herbst
und Treibholz
hier am Rand der Stadt.

Heute gleicht mein Schwanken
den Linien in aufgeschnittenem Holz.


Anmerkung von unangepasste:

2017

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Kommentare zu diesem Text


 GastIltis (07.12.20)
Das Unanständige (nicht -be-) an deinen Zeilen, liebe unangepasste, sind die sichtbaren Jahresringe.
Jeder Ring bedeutet ein Jahr, die hellen stehen für die Zeit Frühling/Sommer, die dunklen für Herbst/Winter. Jede Sicht heißt, dass der Baum, dessen Flächen wir betrachten, sterben musste. Für eine Autobahn, für das neue Werk von Tesla, für den Profit des Waldbesitzers oder für wen auch immer. Das heißt nicht, dass ich Holz nicht liebe, ich bearbeite Holz sehr gern. Holz ist etwas Wunderbares. Ich bin Miteigentümer von 80.000 m² Wald, Erlen und Birken, die kein Mensch haben will, außer für Feuerholz. Holz ist ein Wirtschaftsfaktor, noch! Bald nicht mehr, Leute wie Bolsonaro werden es richten. Und Brasilien ist Deutschlands viertgrößter Handelspartner, wenn ich mich richtig erinnere. Wir sind nur Treibholz. Leider.
Herzlich Gil.

 unangepasste meinte dazu am 09.12.20:
Danke, genau so ist es. Eigentlich schade, dass wir diese schöne Maserung erst sehen können, wenn der Baum tot ist.

 AchterZwerg (08.12.20)
Beständig wirkt das Wachsen der Jahresringe - und es ist der Herbst, der die Ernte bringt.

Die Schwankende kann diese nicht einbringen, will sich nicht entscheiden / bekennen (Treibholz). Und erfährt so die (erwartete?) Resonanz.

Ein sehr schön und passend bebildertes Gedicht.
Aus meiner Sicht ist allerdings der letzte Vers gut verzichtbar.

Herzliche Grüße
der8.

Kommentar geändert am 08.12.2020 um 08:08 Uhr

 unangepasste antwortete darauf am 09.12.20:
Vielen Dank! Ich überleg noch mal, was die letzten zwei Verse betrifft.

 monalisa (08.12.20)
Dein Gedicht berührt mich mit melancholischer Eindringlichkeit, die weniger über den Kopf, als im ganzen Körper zu spüren ist. Die Verlorenheit des Treibholzes, die aus herbstlicher (Nach-)Lese erwächst, lassen auch die eigenen Worte unter Spänen "verfallen". "Unbeständig" ist ein sehr passender Titel!
Liebe Grüße
mona

 unangepasste schrieb daraufhin am 09.12.20:
Danke! Wenn Worte auch im Körper zu spüren sind, haben sie zumindest ihr Ziel erreicht.
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