Die unsterblichen Menschen

Text zum Thema Mensch (-sein, -heit)

von  BerndtB

Es begab sich, dass die Wissenschaft den Tod besiegte. Gegen alle Krankheiten gab es Impfungen. Niemand wurde mehr krank. Nach der Identifizierung des „Alterungsgens“ konnten sich alle menschlichen Zellen immer wieder erneuern. Der ersehnte Jungbrunnen war gefunden. Außer bei Unfällen oder Missetaten musste kein Mensch mehr sterben. Es hätte das Paradies sein können.
Aber Gott sah das mit Missfallen. Nicht nur, weil die Menschen keinen Glauben mehr hatten, außer dem an die Wissenschaft. Sie hatten sich auch über ihn erhoben; denn nach dem Sündenfall hatte er sie ja zur Sterblichkeit verdammt. Die Menschen waren jetzt selbst fast wie Gott geworden.
Gott handelte konsequent. Da die Sterblichkeit der Menschheit beseitigt war, holte er alle Menschen, die jemals gelebt hatten, auf den Erdball zurück. Sie kamen aus den Gräbern, den Höhlen, dem Reich der Toten. Asche setzte sich  zusammen, formierte sich, und es entstanden wieder menschliche Körper. Die meisten Älteren kamen in der Gestalt ihrer jugendlichen Blüte, die Kinder in ihrer jugendlichen Form.
Insgesamt kamen 112 Milliarden Menschen gleichzeitig auf die Erde. Das konnte der Planet nicht verkraften. In den bewohnbaren Teilen der Kontinente traten sich die Leute buchstäblich auf die Füße. Es gab keine Nahrungsmittel für alle und viel zu wenig Trinkwasser. Viele fingen an, sich zu bewaffnen und um die wenigen vorhandenen Ressourcen zu kämpfen. Aber das dauerte nur wenige Tage.
Die Leichenberge häuften sich. Gestank überzog die Erde. Eine riesige Seuche befiel die Menschheit, vor der es kein Entrinnen gab. Aus dem Paradies war die Hölle geworden. Die wenigen Wissenschaftler und Ärzte konnten ihr Handwerk nicht mehr angemessen ausüben. Nach wenigen Wochen gab es keine Menschen mehr.
Sie waren ein interessanter, aber misslungener Versuch gewesen. Gott widmete sich nun schöneren Aufgaben.

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Kommentare zu diesem Text


 Regina (22.08.21)
Nagel auf den Kopf getroffen.

 BerndtB meinte dazu am 22.08.21:
Danke. So sehe ich das auch.
Danke für die Empfehlung.

 Dieter_Rotmund (22.08.21)
Deine Rechnung stimmt nicht. Soviel ich weiss, leben seit den später 1980er aktuell mehr Menschen auf der Erde als überhaupt insgesamt jemals gelebt haben. Also müssten es in deinem Szenario ca. 16-20 Mill. Menschen sein.
Inhaltlich ist mir das zu moralinsauer und zu sehr "deus ex machina".

 BerndtB antwortete darauf am 22.08.21:
Es gibt zahlreiche Quellen zu meiner - natürlich geschätzten - Zahl. Genau weiß es selbstverständlich niemand. Aber ganz so falsch dürfte ich nicht liegen.

Hier eine der Quellen:

https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/kultur/wie-viele-menschen-haben-jemals-auf-der-erde-gelebt-100.html

Ich empfehle: "Vor dem Kritisieren informieren".

Im Übrigen ist alles eine Frage der persönlichen Einstellung. Mir gefällt der Text.

Antwort geändert am 22.08.2021 um 18:56 Uhr

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 22.08.21:
Schön, dass Dir dein eigener Text gefällt. Welchen Zweck verfolgst Du damit?

P.S: Mit den Zahlen dürfest Du recht haben, Eigentor von mir!

 BerndtB äußerte darauf am 22.08.21:
Ich stelle Fragen. Andere haben vielleicht ähnliche Gedanken.
Es sind u.a. Fragen nach den Werten und dem Sinn des Lebens.

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 23.08.21:
Hossa, "Sinn des Lebens"! Da machst Du aber gleich ein großes Fass auf!

 BerndtB meinte dazu am 23.08.21:
Hier ein Kurzgedicht aus 2020:

"Hat das Leben einen Sinn?“
fragt der Franz den Fridolin.
Fridolin, er lachte nur:
„Lieber Franze, keine Spur“.

Weißt du mehr?

Antwort geändert am 23.08.2021 um 19:37 Uhr

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 24.08.21:
Über den sog. "Sinn des Lebens"?

 BerndtB meinte dazu am 24.08.21:
Genau.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 24.08.21:
M.E. hat das Leben an sich keinen "Sinn", also ist das Leben an sich nichts wert. Warum auch, es gibt es milliardenfach. Das (eigene) Leben kann man aber aus eigener Initiative mit Bedeutung und Lebensfreude füllen. Das setzt voraus, dass man das Ziel hat, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Menschen, die ihren Leben Religion und/oder Familie als Mittelpunkt setzen, scheitern oft kolossal.
Das ist, wie du sicher bemerkt hast, so eine Art "Existenzialismus light", also an sich keine neue Idee.

 BerndtB meinte dazu am 26.08.21:
Ist es dann so, dass nur das Leben von einigen starken Menschen einen gewissen Sinn haben kann ?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 27.08.21:
Ich kann mit dem "Sinn"-Begriff nicht wirklich etwas anfangen, sorry.

 BerndtB meinte dazu am 27.08.21:
Ok. Hat das Leben auch für schwache Menschen eine Bedeutung?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 27.08.21:
Wenn sie es selbst nicht mit Bedeutung füllen, dann nicht, nein.
Sie erfüllen vlt. noch in Bezug auf andere Menschen eine Funktion, aber mehr kann ich nicht entdecken.

 BerndtB meinte dazu am 27.08.21:
Danke, das habe ich verstanden. Aber wie sollen die ca. 800 Millionen hungernden und ca. 2 Mrd. unter Mangelernährung leidenden Menschen (Quelle: Welthungerhilfe 2020) ihr Leben mit Bedeutung füllen?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 27.08.21:
"Erst kommt das Essen, dann die Moral" - willst Du das damit sagen?
Nun, Mangelernährung bedeutet ja an sich keinen Verlust von geistiger Freiheit, und um diese geht es, wenn man über den Bedeutungsverlust/gewinn im eigenen Leben sprechen will, oder?

 BerndtB meinte dazu am 27.08.21:
Danke. Brecht möchte ich eigentlich nicht zitieren.
Aber ich frage mich, wie die Hungerleidenden auf der täglichen Suche nach etwas Essbarem oder gar etwas Wasser zur geistigen Freiheit kommen könnten. Hättest du dafür ein Rezept?

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 28.08.21:
Geistige Freiheit hat im Prinzip nichts mit der Physis des Ausführenden zu tun. Ich gebe aber zu, es ist sicherlich schwieriger, sich geistige Freiheit zu verschaffen, wenn man ständig hungrig ist. Wieso interessiert dich das Thema nur in Bezug auf mangelernährte Menschen?

 BerndtB meinte dazu am 28.08.21:
Das war ja nur ein Beispiel für"schwache" Menschen.

 Quoth (22.08.21)
Hallo BerndtB, ein interessantes Gedankenspiel. Der Wiederbelebung der Toten hätte es freilich gar nicht bedurft; auch ohne sie würde eine unsterbliche Menschheit alsbald in der Katastrophe enden. Gott brauchte nur zuzuschauen ... Schon jetzt ächzen die Rentenkassen unter der zunehmenden Zahl an 100Jährigen! Gruß Quoth

 BerndtB meinte dazu am 22.08.21:
Vielen Dank für deinen Kommentar, der mir eine Ehre ist.
Gruß Berndt
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