Fahrplanlos

Text

von  MagunSimurgh

Wer sich an die Haltestelle stellt,

hat noch Hoffnung,

denkt:

Busfahrer:in

halt dein Versprechen

und hol mich ab.


Hängt kein Fahrplan aus,

studiert man die Wolken

auf Anzeichen 

des erhofften Glücks.


Ab und zu stellt sich einer daneben,

nur ganz kurz - und dann kommt

schon sein Bus.

Wann bin ich endlich dran, 

denkt er erste,

warum bin ich es,

der 1 Jahr warten muss?


Wer lange warten will,

setzt sich hin.

Mit Glück setzt sich einer daneben,

und man wartet gemeinsam 

und stumm.


Wer wartet, der hofft,

kann enttäuscht werden,

versetzt, verletzt –

passiert oft.

Doch so lange er wartet,

kann er hoffen,

da sich Hoffnung

nur langsam zersetzt.



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Kommentare zu diesem Text


 monalisa (02.02.22, 14:57)
Hallo MagunSimurgh,
unwillkürlich musste ich bei deinem Text an Becket und sein „Warten auf Godot“ denken 😉 .
Hier ist es der Bus, ein ganz bestimmter Bus, der nicht einfach nur kommen, sondern an ein gewähltes Ziel, vermutlich das persönliche Glück, bringen soll. Dieses Warten an der Bushaltestelle, wo sich ab und zu einer danebenstellt, danebensetzt, wenn es länger dauert, dieses Warten, da eine/r, der/die später kam, früher abgeholt wird (wie ungerecht!), das nebeneinander Schweigen, die Hoffnung, die Ängste, enttäuscht, versetzt, verletzt zu werden … ein Spiegel einzelner Stationen auf der Lebensreise. Aber die Hoffnung zersetzt sich nur langsam und nährt denn langen Atem des Wartens! Hoffentlich kommt dr richtige Bus bald und hoffentlich gibt er sich auch als der richtige zu erkennen.
Auffällig für mich ist die konkrete Nennung der Zeitdauer von 1 Jahr, das lässt mich überlegen, was sich dahinter verbirgt. Auffällig auch die Häufung von „setzt“, „versetzt“, „verletzt“, „zersetzt“ vor allem im letzten Abschnitt. Der Spielraum der Hoffnung, die sich zwar langsam, aber doch zersetzt, scheint also nicht allzu groß.
Man möchte der/dem Wartenden gern einen leichten Schubs geben, sich aufzuraffen und endlich einzusteigen, ehe er/sie das ganze Leben verwartet.
 
Liebe Grüße
mona

 MagunSimurgh meinte dazu am 02.02.22 um 22:40:
Vielen vielen Dank für den ausführlichen Kommentar!

Ich kannte das Stück noch nicht, aber es ist sehr nah daran, wie ich mir die Haltestelle vorgestellt habe. 

Ich finde deine Deutung des Wartens auf einer persönlichen Ebene überaus passend – ich finde, man kann aber auch auf andere Dinge warten müssen, ohne Einfluss darauf zu haben, und trotzdem muss man den Punkt finden, an dem das Warten abgebrochen werden sollte.

Ich find's wirklich schön, wie viel von dem Text bei dir angekommen ist. 

Danke für die ausführliche Auseinandersetzung.

Liebe Grüße
M.
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