Video (Senna)

Gedicht

von  JohannPeter

 

Neunzehnmal in die Kurve:

elfmal Speed, sechsmal Slow Motion.

Die Fahrzeugsplitter haben immer

die gleiche Flugbahn,  der Kopf

des Mannes kippt immer 

in gleicher Weise, die Kommentare

suppen Betroffenheit, die Opponenten

eifern mit gleicher Härte

wie die im Rennen verbliebenen

Fahrer, Visiere geschlossen -

der Fahrtwind triebe den Schweiß

in die Augen, die Tränen -.

In den Straßen von Sao Paolo

das letzte Rennen: der Tod

hatt´ es eilig, der Tote nicht mehr

während das Feld bereits viermal

sein heulendes Defilee entboten

ehe der Hubschrauber absurrt...

 

Zweimal das Video rückwärts:

der Wagen federt behutsam zurück in die Kurve

während die Wrackteile tödlich sicher

ihre bestimmten Plätze einnehmen.



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Kommentare zu diesem Text


 AlmaMarieSchneider (25.05.23, 00:36)
Er war ein klasse Formel 1 Fahrer, Ayrton Senna. Meines Wissens ist er in Bologna gestorben und in Säo Paulo geboren. Verunglückt ist er auf dem Kurs von Imola (San Marino). Bei dem heutigen Umwelt-Kampf darf ich es gar nicht sagen. Ich war und bin noch Rennsportfan. Ein Schuss Benzin ist immer noch im Blut.

Kommentar geändert am 25.05.2023 um 00:40 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 25.05.23 um 09:36:
Ayrton Senna: 21. März 1960 , São Paulo, Brasilien, Verstorben: 1. Mai 1994,  Bologna, Italien

Senna war nicht nur Formel 1 Fahrer, er passte auch wunderbar ins Tierkreis Widder-Klischee: rotes schnelles Auto, immer vorne dran und früh zu Tode gerast.

Gruß
Lothar

 JohannPeter antwortete darauf am 25.05.23 um 10:14:
Ich danke für die Belehrung, aber das ist der Sinn des Textes nicht.
Gruß - JohannP.

 AlmaMarieSchneider schrieb daraufhin am 25.05.23 um 14:16:
Tja, lieber JohannPeter,

auch der Leser hat seine eigenen Gedanken dazu. Für mich war' s Ayrton Senna, sein Leben und ich fand das Gedicht dazu passend.

Herzlichst
Alma Marie

 JohannPeter äußerte darauf am 25.05.23 um 14:57:
Tja, liebe AlmaMarie, 

und ich war doch tatsächlich der Annahme, einen literarischen Text verfaßt zu haben, der mehr zu sagen hat, als nur launige Erinnerung an einen verunglückten Rennfahrer zu sein. 

Und ich war davon ausgegangen, daß Leute, die hier mit dem Anspruch agieren, Literatur zu schreiben und zu diskutieren, auch imstande sind, Literatur als solche zu lesen. Ansonsten müßten sie mit schlichten Sachberichten zufrieden sein.

Ayrton Sennas letztes Rennen fand nicht in Imola statt, wo  ein Lenkungsteil seinen Helm nebst Kopf durchschlagen hatte. In Bologna wurde nur noch sein Tod festgestellt und beurkundet, der längst eingetreten war. 

Sein letztes Rennen fuhr er in Sao Paulo inmitten seiner hunderttausenden Fans - nach seinem schnellen Tod hatte er, der Tote, es nun nicht mehr eilig. Als er seinen Fans nahe sein konnte wie beim keinem Rennen, konnte er sie nicht mehr wahrnehmen - das ist die wirkliche Tragik seines Lebens. Das Video und dessen (fast perverse) Präsentation dokumentieren lediglich die Vermarktung noch des Todes dieses großartigen Menschen. Darüber spricht der Text.

Ein Gedicht zu verstehen, ist nur mit eigenen Gedanken nicht möglich. Man muß auch bereit sein, den Bildern des Schreibers soweit als möglich an ihren Ursprung zu folgen, um ihre Bedeutung erfassen zu können.

Die Spannung zwischen dem eigenen Verstehen und dem insoweit also gefundenen Sinn ergibt letztlich ein ästhetisches Maß, das den Wert für den Leser erst ausmacht. 
Ansonsten - wie gesagt - würde eine Zeitungsnotiz genügen.

Herzlichst - JohannPeter

Antwort geändert am 25.05.2023 um 15:02 Uhr

Antwort geändert am 25.05.2023 um 15:02 Uhr

Antwort geändert am 25.05.2023 um 15:03 Uhr

 AlmaMarieSchneider ergänzte dazu am 25.05.23 um 17:40:
Ich glaube da verlangst Du zu viel von mir.
Das Wort zu verstehen ist eines der schwierigsten Dinge überhaupt. Menschen sind verschieden, haben verschiedene Erfahrungen, unterschiedliches Verstehen, sonst gäbe es keine Missverständnisse, die Welt wäre vielleicht glücklicher.

Zum Tod von Senna: 
Er starb an seiner schweren Verletzung in San Marino in Bologna.
Du kannst natürlich seine Heimkehr als Toter sein letztes Rennen bezeichnen. 
Habe in Wiki nachgeschaut ob mein Gedächtnis noch OK ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fer_Preis_von_San_Marino_1994

Herzlichst, wie immer

Alma Marie

 JohannPeter meinte dazu am 25.05.23 um 19:51:
Liebe AlmaMarie,
es geht in dem Text überhaupt nicht um Senna. Da hätte auch gut der Name von Roland Ratzenberger stehen können, der im Qualifying zum selben Grand Prix einen Tag vor Senna zu Tode kam.
Der Text ist VIDEO getitelt, darum geht es: was gezeigt, wie es gesehen wird, mit welcher Konsequenz - es steht alles da, Klartext zu Bild, die Poesie in Grenzbereichen des Lebens.
Das ist für meine Begriffe Aufgabe von Poesie, von Lyrik.
Diese Aufgabe habe ich nicht nur als Schreiber zu erfüllen.
Wer immer sich selbst in Lyrik wiederfinden will, wird sich auf den Schreiber und sein Wort einlassen müssen.
Daß das immer einfach sei, steht nicht dabei...

Und immer noch herzlich... - JohannPeter.

 AchterZwerg (25.05.23, 07:34)
Das Leben: Ein Zustand zwischen zwei Dunkelheiten. Vorwärts wie rückwärts.

 JohannPeter meinte dazu am 25.05.23 um 10:15:
Eine interessante Lesart, aber sie stimmt. Also wäre zu fragen, was wir von dem Dazwischen tatsächlich wahrnehmen, wie, auf welchen Wegen und mit welcher Konsequenz. Sennas Leben und Tod war dafür ein hoechst aussagefähiges Beispiel, und das Video seines Crashs eine fatale Demonstration. 
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