Das Sklavenzimmer

Tagebuch zum Thema Stadt

von  Gabyi

In meiner Wohnung in Berlin gibt es ein Sklavenzimmer.
Nein, nicht so wie in “Fifty shades of grey”. Das finde ich langweilig.

Mädchenkammer sagt man auch dazu. Sie stammt aus der Zeit Ende des 19. – Anfang des 20.Jahrhunderts. Dort besaßen die Unterkünfte der gehobeneren Schichten einen speziellen Raum, der für die Dienstmädchen vorgesehen war. Er war kleiner, enger und schmaler als die anderen Zimmer, besaß eine niedrigere Tür mit einem schlichteren Türgriff und ein schmaleres Fenster.
Ein enges Bett, gekalkte Wände, Tisch, Stuhl, Kleiderstange. Eine kleine Kommode mit Waschkrug und Waschschüssel. Eine Kofferablage. Die Mädchenkammer war zweckmäßigerweise links neben der Küche angeordnet. In älteren Häusern war sie durch eine Treppe erreichbar und lag über den Baderäumen.

Die Dienstmädchen - gut beschrieben bei Fontane - mussten den Herrschaften das Essen bereiten, auf den Markt gehen, putzen, waschen und die Kinder hüten. Manchmal wurden sie auch von ihrem Dienstherren geschwängert und mussten dann ihre Herrschaften verlassen.
Es gab Fälle von Misshandlungen und der Lohn war geringfügig. Aber auch harmonische Dienstverhältnisse wurden beschrieben. Effi Briest ist ein gutes Beispiel. Johanna und Roswitha hießen ihre Dienstmädchen. Roswitha folgte ihrer Herrin treu ins Exil in eine ärmeren Gegend Berlins.
Ob Effis kleine Wohnung eine Mädchenkammer besaß, entzieht sich meiner Kenntnis.
Aber ich weiß ganz sicher, dass Sklaverei vor rund hundert Jahren noch an der Tagesordnung war. Und dass Frauen Menschen zweiter Klasse waren.
In Deutschland. Und jetzt?

aus “Berliner StattPläne” 2015



Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Hobbes (19.10.23, 17:01)
---

super gut beschrieben! Wow!!
Geschichte als Hochgenuss.


Beste Grüße 

Peter

 Gabyi meinte dazu am 20.10.23 um 09:14:
Danke Peter für deine Meinung dazu :). Text ist schon etwas älter (wegen vor hundert Jahren). Danke auch fürs Empfehlen :).
Danke auch an franky, Taina, Dieter Wal und Achter Zwerg für die Empfehlungen :).

LG, Gabyi

 Hobbes antwortete darauf am 20.10.23 um 09:42:
Hallo Gabyi,

ja, hab ich von dir kaum erwartet, so einen Sprung nach vorne! Ich würde den Text sogar noch ein bisschen länger  feiern!

Beste Grüße 

Peter

 Gabyi schrieb daraufhin am 20.10.23 um 14:30:
Feiern?
Danke für den Lieblingstext :)
LG Gabyi

Antwort geändert am 20.10.2023 um 14:36 Uhr

 Hobbes äußerte darauf am 20.10.23 um 15:16:
Hallo Gabyi,

hast du dir verdient!!

Beste Grüße 

Peter

 Gabyi ergänzte dazu am 20.10.23 um 15:19:
:)  
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram