Rabe

Gedicht zum Thema Mystik

von  DerHerrSchädel


Der Rabe hält den Kopf leicht schief

Im letzten Sonnenschein

Dringt er mit schwarzen Blicken tief

In deine Seele ein.


Es ist, als öffne sich die Nacht

In diesem Augenlicht,

Als ob ein Sturmwind sich entfacht,

Der jede Mauer bricht.


Vom Außen und Alltäglichkeit

Hat er dich abgetrennt,

Im Zwielicht schwinden Raum und Zeit,

Verblassen im Moment.


Was ewig rastlos rauschen will,

Der ungebremste Strom,

Steht nun ganz plötzlich stumm und still,

Erstarrt bis zum Atom.


So rätselhaft ist dieses Tier,

Das dich im Banne hält.

Ganz einfach öffnet es die Tür

In eine Anderswelt.


Sekunden waren es, nicht mehr,

Schon fliegt der Rabe weg,

Du schaust ihm nach, der Atem schwer,

Und rührst dich nicht vom Fleck.


(Juni 2023)



Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Teichhüpfer (63)
(31.03.24, 14:50)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 DerHerrSchädel meinte dazu am 31.03.24 um 22:43:
Prosaische Geschöpfe, aber Wellen sind ja auch schön.

Antwort geändert am 01.04.2024 um 00:19 Uhr
Teichhüpfer (63) antwortete darauf am 01.04.24 um 20:08:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 DerHerrSchädel schrieb daraufhin am 01.04.24 um 20:41:
Ich gestehe, dass ich mit Hesse nicht viel anfangen kann. Einzige echte Ausnahme: Das Gedicht "Im Nebel".
Teichhüpfer (63) äußerte darauf am 02.04.24 um 16:31:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Olove (53) ergänzte dazu am 06.07.24 um 16:12:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 DerHerrSchädel meinte dazu am 06.07.24 um 17:47:
Er hat natürlich auch andere gelungene Gedichte geschrieben, aber "Im Nebel" sticht m. E. heraus. Ich habe nichts gegen Romantik bzw. Naturromantik, aber Hesse klingt häufig fürchterlich altklug und belehrend.

 AchterZwerg (01.04.24, 09:39)
Raben sind meine erklärten Lieblingsvögel.
Schön, klug und singen können sie ebenfalls nicht (siehe auch Foto links). 8-)

 Quoth meinte dazu am 01.04.24 um 21:16:
Raben gehören zu den Sinvögeln (passeriformes).
Vielleicht müssen wir uns das Vorurteil abschminken, dass Gesang immer lieblich, schön und zwitschernd zu sein habe! :(

Von Rabenvögeln kann man sich wirklich durchschaut fühlen!

 DerHerrSchädel meinte dazu am 06.07.24 um 17:51:
Das sehe ich auch so, ich mag den Gesang der Aaskrähen, die in meiner Heimat häufig vorkommen, sehr gerne.
Olove (53)
(06.07.24, 16:05)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 DerHerrSchädel meinte dazu am 06.07.24 um 17:49:
Ja, das sind sie. Das Gedicht ist von einer spannenden Begegnung mit einer Aaskrähe inspiriert.

 GastIltis (22.07.24, 17:28)
Hallo Philipp,
für mich sind die Zeilen in ihrer Tiefe nicht weit von Rilkes „Panther“ entfernt. Bei Rilke ist es das Herz, in das des Panthers Blick tief eindringt, dort am Ende des Gedichtes, im „Raben“ ist es die Seele, die mit schwarzen Blicken tief getroffen wird. Wobei du dich nicht mit gekonnter psychologischer Deutung zurück hältst, was ich sehr gelungen finde. Mehr als bemerkenswert!
Viele Grüße von Gil.
Zur Zeit online: