treppenhäuser

Gedicht

von  Redux

treppenhäuser

niemandsräume

die worte an den wänden

und die zeitungen

zerfleddert

auf dem staubboden

die worte darin

für den niemandsleser

das kreischen der kinder

ein verhallen im nirgends

das butterblumengelbe sonnenlicht

kurz nach achtzehn uhr

der nachhall von der sehnsucht nach einer anderen welt

eine flasche fällt zu boden

eine türklingel schrillt

ein omnibus tuckert vorm hauseingang

und es ist als tröpfelte das gefühl

durch die lüftungsschächte hinweg ins immer

und als gäbe es nur diese eine welt

in diesem raum

den irgendein gott vergessen hat

weil feierabend war




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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (16.05.24, 06:48)
Dann scheint es mit der Gründung der AZUR-Gewerkschaft endlich geklappt zu haben!

Erfreute Grüße
die8.IG-Metall-Vorstandsberaterin

 Quoth (16.05.24, 07:15)
Du verweilst an einem Ort
der nicht zum Verweilen einlädt
es sei denn es erwischt einen
ausgerechnet dort
ein Liebesabenteuer

 Naja (16.05.24, 09:05)
Gefällt mir sehr! 
Mir ist während des Lesens, als stünde ich in jenem Treppenhaus. Bruchteile des Tageslichts, gedämpfte Geräusche, das Leben hinter den Türen und auch vor der Tür erahnend und man selbst im Abseits…
Und den letzten Absatz finde ich genial.
Eine gelungene, eindrückliche Momentaufname!

 Teo (16.05.24, 19:23)
Hallöchen,
mini, Beba und du, ihr seid Meister in der fast lapidaren Beschreibung von Alltagssituationen. Ich habe Zeit meines Lebens in Verhältnissen gewohnt, die maximal aus vier Mitmietern bestanden.
Ich sehe manchmal Klingelbretter an Hochhäusern, die 40, 50 oder mehr Namen vereinten. Irgendwie beängstigend...
Sportliche Grüße
Teo

Kommentar geändert am 16.05.2024 um 21:13 Uhr

 BeBa meinte dazu am 02.06.24 um 00:20:
Moin Teo,

war gerade kurzfristig bei meiner Mutter zu Besuch in Marl. Auch sie wohnt heute noch in ihrem Hochhaus. Früher war das Wohnen dort ok, heute ist das Umfeld eindeutig asozial, aber meine Mutter ist Jahrgang 1938 und möchte nicht mehr umziehen.
Ja, da sind auch Klingelbretter mit ca. 40 Klingeln (Namen weniger, weil viele sich nicht darum kümmern). Ganz traurig und sehr, sehr beängstigend, dort hineinzugehen und dann bis in den achten Stock zu fahren.

Ja, auch daran erinnert mich dieser Text von redux.

p.s. Hätte ich das hier früher gelesen, ich hätte ein Foto von dem Klingelbrett gemacht. Das wäre mir schon wieder Inspiration für einen Text gewesen.

Antwort geändert am 02.06.2024 um 00:22 Uhr

 BeBa (02.06.24, 00:14)
Wieder ein Text, der mir richtig gut gefällt. Hier verarbeitest du wieder einmal das Lapidare, den Alltag, den du erlebst und in dem andere zwar auch leben, aber ohne Blick dafür. Und zwischen diesen lapidaren Alltagsbildern dann Gedanken, Traumbilder, eine andere "Geisteswelt" (sorry, habe gerade kein anderes Wort dafür). Beispiel:


kurz nach achtzehn uhr
der nachhall von der sehnsucht nach einer anderen welt
eine flasche fällt zu boden
eine türklingel schrillt
Klasse.
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