Vexierbild

Gedicht

von  Tula

Frontalansicht – der tägliche Blick auf dich selbst:
ein routinierter Kämpfer, dressierte Miene, ginge durchaus
als Büste durch, warum nicht? auch du beherrschst die Kunst
der Befehle, im modernen Sprachgebrauch: Motivieren ...

einblendend – die gelegentliche Reflexion:
du gehörst zur alten Garde des Kaisers; der sendet dir
hin und wieder ein neues Pferd, dem du beflissen folgst
wärst du nur Feldherr, du würdest tapfer
Grenzflüsse überqueren, Städte errichten
lassen und dich auf den roten Drachen stürzen, denn
der gallische Markt allein ist viel zu klein für dich

abschweifend – die befindliche Durchsicht:
stattdessen würfelst du im Hinterland; sieht nur so aus wie
ein langweiliges Spiel, du trägst Verantwortung und
schnelle Antworten mit dir herum; du bist sogar dabei, wenn sie
einmal pro Woche in Delphi am Tisch sitzen

die Vogelperspektive – Stillleben:
die verlassene Front, Schauplatz irgendeiner Vorgeschichte,
jede Falte ein Strich in einer drögen Landschaft ohne
nennenswerte Erhebungen, ein halb-verdorrtes Stoppelfeld und
an seinen Flanken ein paar Büschel graues Heiligenkraut

aber
die Sonne spiegelt sich
noch immer in den zwei blauen Seen
aber
unter der Kruste!


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Kommentare zu diesem Text


 Aron Manfeld (26.05.24, 00:45)
Du bist und bleibst ein Quotenkämpfer, lieber Tula.

 Tula meinte dazu am 26.05.24 um 14:14:
Moin Großer
Lieber Kämpfer als Dämpfer!

LG Tula

 AchterZwerg (26.05.24, 06:50)
Ja,
was du alles sein könntest, wenn ...
Oder schon bist ...
Jedenfalls: Unter der Kruste lauert der gare Braten!

Schöne Grüße

 Tula antwortete darauf am 26.05.24 um 14:18:
Moin lieber 8er
Ja, was da alles in der Tiefe schlummert .... Aber am Ende geht es auch beim geheimnisvollsten Orakel in Delphi wieder nur um irgendeine Münzensammlung
8-)

LG Tula

 harzgebirgler (26.05.24, 10:25)
hallo Tula,

ein bild macht sich der mensch von sich und welt
das lange währt oft ehe es zerfällt:

"Ich trete vor einem zurück, der noch nicht da ist, und beuge mich, ein Jahrtausend i(h)m voraus, vor seinem Geiste." (Kleist)

lg vom harzer

 Tula schrieb daraufhin am 26.05.24 um 14:23:
Moin harzgebirgler
Träumt der Herr von sich als Büste,
ist's im Geiste meist 'ne Wüste.
Labern sie am Tisch in Delphi,
reicht's bei manchem nur zum Selfie.
Reimt er abends ein Gedicht,
weiß der Geist: es hat Gewicht!

LG Tula

 harzgebirgler äußerte darauf am 26.05.24 um 15:41:
hallo Tula,

das meiste ist eh kein gedicht
weil es dem heil'gen nicht entspricht:

"Jetzt aber tagts! Ich harrt und sah es kommen,
Und was ich sah, das Heilige sei mein Wort.
Denn sie, sie selbst, die älter denn die Zeiten
Und über die Götter des Abends und Orients ist,
Die Natur ist jetzt mit Waffenklang erwacht,

Und hoch vom Aether bis zum Abgrund nieder
Nach festem Gesetze, wie einst, aus heiligem Chaos gezeugt,
Fühlt neu die Begeisterung sich,
Die Allerschaffende, wieder."

(Hölderlin, Wie wenn am Feiertage...)

lg
harzgebirgler

 plotzn (26.05.24, 12:10)
Servus Tula,

Gegenperspektive: die beiden blauen Seen mag man unter der Kruste nicht sehen, aber man liest sie.

Liebe Grüße
Stefan

 Tula ergänzte dazu am 26.05.24 um 14:27:
Servus Stefan
Genau genommen waren die Augen gemeint, im Sinne der Verbildlichung von Stoppelfeld und ein paar Büschel Heiligenkraut in der dritten Strophe.
Auf jeden Fall eine unergründliche Tiefe  ;)

LG Tula

 plotzn meinte dazu am 26.05.24 um 15:47:
Mensch, da hätte ich auch drauf kommen können, ist ja ein klassisches Bild... :blush:

 Agnetia (26.05.24, 13:21)
nicht selten gibt es auch drei Seen,,,

 Tula meinte dazu am 26.05.24 um 14:28:
Moin Agnete
Das dritte Auge ist das eigentlich wichtige! 

LG Tula

 Teo (26.05.24, 18:58)
Meine Güte, Tula!
Das ist ja eine wissenschaftliche Abhandlung. Tja...kaum sind deine Eisernen gerettet, schon läufst du wieder zur Hochform auf. In meinem Umfeld treffe ich nur weinende Menschen.
Die armen VfLer. Ich kenne diese Heulerei sonst nur vom BVB.
Ja, mal wieder ein tiefsinniges Tulagedicht.
Gruß vom Aufsteiger
Teo

 Tula meinte dazu am 26.05.24 um 22:02:
Hallo Teo
Das wäre fraglich, was jetzt der Trainer von Vfl im Spiegel sieht, sicher nicht denselben Helden nach dem Sieg gegen Union. Der Schuldige ist jedenfalls in Dortmund zu suchen. Sich von Mainz einsacken zu lassen, war etwas unfein.

Ansonsten ist in mir selbst jeder berufliche Wunsch erloschen, mich auf irgendwelche fremdländischen Reptilchen zu stürzen. Und die Gallier mit ihrem Akzent ... ach!

LG
Tula

Antwort geändert am 26.05.2024 um 22:03 Uhr
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